„Ich wundere mich auch hin und wieder über die Wahl, aber: Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, erklärte 1990 der damalige RTL-Chef Helmut Thoma. Und wenn Helmut Thoma zu dieser Zeit Dinge gesagt hat, dann haben Fernsehschaffende ganz genau hingehört, schließlich machte Thoma aus RTLplus, dem heutigen RTL, ab dem Beginn des dualen Rundfunks Anfang 1984 schnell zum erfolgreichsten und profitabelsten Anbieter im Privatfernsehen. Kritik aufgrund der häufig eigentümlichen Wahl der Formate sah er sich trotzdem ausgesetzt. Ihm konnte es egal sein, das Publikum biss. Noch heute handelt das Privatfernsehen nach dieser Maxime und das muss es auch, schließlich geht es bei den Privaten noch immer vorranging um Gewinnmaximierung, während die Profitabilität seit Jahren sinkt.So lautet die wohl einleuchtendste Erklärung dafür, dass die deutsche Fiction, insbesondere Serien, in den vergangenen Jahren einen Teufelskreis durchliefen: Neue Ideen, zarte Versuche, hauptsächlich Misserfolge, weitere zarte Versuche und wieder schmeckte es nur einem kleinen Publikum. Auch was vom Weg der großen Sender im Jahr 2017 bekannt ist, lässt zum aktuellen Zeitpunkt nicht darauf schließen, dass sich im Bereich der Fiction kollektiv ein Herz gefasst wird – zu groß ist die Angst vor dem nächsten Flop. Doch man will sich auch im neuen Jahr in diesem dennoch elementaren und über Sendergrenzen hinaus recht unbeackertem Feld wieder ausprobieren. Zarte Versuche eben.
Fiction-Vorstoß: RTL macht’s vor
Einen beeindruckenden Satz machte zum Start gleich «Mada macht das schon», das als Teil einer Serienoffensive RTLs Fiction-Jahr einläutete und im Fahrwasser von «Der Lehrer» am Donnerstagabend schon auf ausgezeichnete Werte kommt. Einige weitere Sitcoms warten ebenfalls schon auf ihre Chance und auch sechs Drama-Serien schickte RTL vergangenen Herbst in Pilotproduktion. Die positiven Erfahrungen veranlassten RTL nun sogar zu einer großen Serienausschreibung. Nicht nur der Donnerstag soll künftig Serien beheimaten, auch genretechnisch gibt man sich offener. Neben Comedy-Halbstündern dürfen es bald auch einstündige Dramen sein – «Deutschland 83» verhalf RTL damit zwar nicht zu tollen Quoten, allerdings zu höherem internationalen Rennommee. Mit eigenproduzierten Spielfilmen machte RTL zuletzt sowieso gute Erfahrungen: «Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und Puma» entwickelte sich zum absoluten Publikumshit, zusammen mit «Winnetou» heimste RTL einige Nominierungen für den Deutschen Fernsehpreis ein.
Nur eine deutsche Serie neben «Der Lehrer» darf sich sonst noch einen Erfolg nennen. VOX verzeichnet seit nun schon zwei Jahren großartige Zahlen mit «Club der roten Bänder», der Adaption einer in den USA gescheiterten Drama-Serie. Ein herausragender Erfolg für VOX, das mit der Bantry Bay-Produktion zeitweise die große Schwester RTL überflügelte. VOX‘ Ambitionen in Sachen deutscher Fiction hat es jedoch nicht in neue Höhen gehoben, 2017 soll Schluss sein mit «Club der roten Bänder». Zuträglich wird auch nicht die unterirdische Performance des Einkaufs «Weinberg» gewesen sein, die VOX von Pay-TV-Sender TNT Serie erwarb. VOX sieht seine Stärken weiterhin eher im Bereich Factual, Reality und Doku-Soap.
Mit RTL stellt die RTL-Gruppe ja ohnehin einen Sender, der sich nun stärker der deutschen Fiction verschreibt, wodurch andere Programmfarben auf den Schwestersendern mehr Sinn machen – schließlich will man sich nicht innerhalb einer Senderfamilie Konkurrenz machen. Komplementärpositionierung nennt sich das im Fachjargon. Daher geraten auch die Pläne von RTL II in diesem Bereich eher dünn bis speziell. Nach den Quoten-Flops «Gottlos» und «Neandertaler» ziehen sich die Grünwalder wieder zurück, eine Ausnahme wird «Es war einmal…auf Ibiza» darstellen – eine Märchen-Nacherzählung in zeitgemäßer Form. Mit Selfie-Soaps experimentierte RTL II außerdem bereits im Rahmen von RTL II You. Die Ergebnisse der Ausflüge ins Hauptprogramm sorgten jedoch bislang für gemischte Gefühle. Scripted Realities stehen weiterhin im Fokus.
Sat.1 will es wieder wissen, ProSieben hält sich weiter raus
Bei ProSiebenSat.1 steht man deutscher Fiction aufgrund einiger Fehlschläge weiter misstrauisch gegenüber. Eine kleine Serientradition hatte Sat.1 noch vor wenigen Jahren mit den beliebten Formaten «Der letzte Bulle» oder «Danni Lowinski». Nach Misserfolgen wie «Josephine Klick» oder «Frauenherzen» nahm Sat.1 ab 2015 Abstand von eigenproduzierten Serien. Daher beschränkte man sich im vergangenen Jahr auf Spielfilme. Während die meisten „FilmFilme“ am Dienstagabend blass blieben, durfte Sat.1 immerhin über das Abschneiden «Die Hebamme II» und «Jack the Ripper – Eine Frau jagt einen Mörder» jubeln. Der Dienstagabend ist traditionell für eine weibliche Zielgruppe gebucht, mit «Die Ketzerbraut» steht die nächste Iny Lorentz-Verfilmung kurz bevor.
Doch auch in Sachen Serien traut sich Sat.1 2017 wieder etwas. Den Grundstein legte das mehrfach angekündigte, immer wieder verschobene und letztlich doch erfolgreich gestartete «Einstein». Am Dienstagabend überzeugt die Serie mit Tom Beck nun schon seit zwei Wochen. Ein Fragezeichen steht derweil immer noch hinter der hochgehandelten Krimi-Serie «23 Cases», die zwar schon fertig produziert ist, von Sat.1 allerdings immer noch unter Verschluss gehalten wird.






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