Die Kritiker

«Dead Man Working»

von

Im Rahmen der ARD-Themenwoche 'Zukunft der Arbeit' zeigt Das Erste ein pessimistisches Satiredrama, das jedoch nicht über ausreichend Biss für seine 90 Minuten Laufzeit verfügt.

Filmfacts «Dead Man Working»

  • Regie: Marc Bauder
  • Darsteller: Benjamin Lillie, Wolfram Koch, Jördis Triebel, Manfred Zapatka, Bernhard Schütz, Jenny Schily, Alma Leiberg, Michael Rotschopf, Julia Brand
  • Drehbuch: Dörte Frank, Khyana el Bitar
  • Kamera: Börres Weiffenbach
  • Szenenbild: Manfred Döring
  • Schnitt: Stefan Blau
Erinnerungen an die Bankenkrise der späten 2000er-Jahre werden wach: Inmitten der ARD-Themenwoche 'Zukunft der Arbeit' skizziert Regisseur Marc Bauder ein tiefschwarzes Bild der Finanzbranche. Menschen, die sich mit diebischem Lebensmotto für eine Stelle bewerben. Bankenbosse mit sinisterem Lächeln. Und alles, wirklich alles glänzt in einem gelackten glasig-stählernen-schwarz-blauen Look. Inneneinrichtung der Designschule Apple, nachdem sie auf die (noch) dunkle(re) Seite der Macht abgewandert ist. Das macht trotz (oder gerade wegen) Bauders durchweg staubtrocken-dramatischer Akzentsetzung zwischendurch perfiden Spaß. Predigt er doch mit triefender Abscheu das, was viele Menschen von Bankgeschäften denken. Um eineinhalb Stunden Laufzeit zu tragen, reicht die bloße Freude an der streng durchgezogenen, satirischen Attacke auf mangelnde Moral im Finanzwesen allerdings nicht aus.

Investmentbanker Jochen Walther (Wolfram Koch) befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere bei der „Bank der Deutschen“: Gerade erst hat er gemeinsam mit seinem persönlichen Assistenten Tom Slezak (Benjamin Lillie) den Deal seines Lebens eingefädelt. Dann kommt der Schock: Ohne jede Vorwarnung springt Walther in der Nacht der Siegesfeier vom Dach der Bankzentrale in Frankfurt. Sein Umfeld rätselt: Weshalb sollte er in genau diesem Moment Selbstmord begehen? War es möglicherweise gar kein Suizid, sondern Mord? Wer aber hatte ein Motiv?

Die Börse reagiert auf die Ereignisse im wichtigen Geldinstitut nervös, der Aktienkurs gerät ins Trudeln. Während der Vorstand mit kalter Miene alle Schuld von sich weist, erhebt Walthers Witwe in einem Fernsehinterview schwere Vorwürfe: Sie schwört Stein auf Bein, dass die Bank ihren Mann in den Tod getrieben hat. Es beginnt ein erbitterter, nicht nur medial ausgetragener Kampf zwischen der Bank und der Witwe – und Assistent Tom befindet sich zwischen den beiden Stühlen …

Bauder, der mit dem Dokumentarfilm «Master of the Universe» die Taten der Investmentbanken ausführlich beleuchtete und dafür den Europäischen Filmpreis gewann, geht hinsichtlich der Ästhetik dieses Fernsehfilms in die Vollen: Von Kameramann Börres Weiffenbach grandios ausgeleuchtet, schimmern die Bilder dieses satirisch überspitzen Dramas in der Thematik angemessenen, kalten Farben und die Bankengebäude und Innenräume glänzen, als hätte eine Heerschar von Reinigungsfachkräften den Auftrag bekommen, die fehlende Ethik in dieser Branche durch dreifache Strahlkraft zu kompensieren.

Die Kälte und klinische Reinheit an der Oberfläche findet sich gewissermaßen in der Handlung wieder. Anders als bei Oliver Stone oder Martin Scorsese sind diese Finanzhaie keine ausgelassenen, manischen Partyhengste, sondern strenge Arbeitssüchtige: Emotionen sind nicht willkommen, selbst Genuss an der eigenen Raffiniertheit findet sich in den Figuren nur so sporadisch wie Staubkörner und Fettfinger auf den Oberflächen ihrer Schreibtische. Einzig hohe Arbeitsleistung und noch höherer Gewinn zählen – wenngleich sie so sehr zählen, dass mit fast mechanischer Selbstverständlichkeit moralische Grenzen überschritten werden.

Das Drehbuch von Dörte Frank und Khyana el Bitar lässt angesichts dieser Regungslosigkeit der Figuren lange offen, was tatsächlich zu Walthers Tod geführt hat – nennenswerte Spannung bleibt dennoch aus: Die Figuren und ihr Arbeitsmilieu sind zu überzeichnet, als dass sich greifbare Anspannung aufbauen würde, zugleich variiert diese schnippische Überspitzung der Bankenwelt nicht genügend, dass der fies-trockene Witz die vollen 90 Filmminuten über Zündkraft hätte. Irgendwann verliert das bedeutungsleere Deutsch-Englisch-Mischmasch-Fachvokabular, das die Figuren inflationär verwenden, nicht nur seine Bedeutung innerhalb der Filmwelt, sondern auch in dieser Klage gegen die es benutzenden Banker. In Anbetracht dessen, dass die zwar durchaus plausible Auflösung letztlich durch viele Zufälle erklärt wird, ist es dann nur die konsequente Schlusspointe, die nach dem zähen Mittelteil eine kleine Entschädigung darstellt.

Fazit: Gute Optik, trockener Witz. Aber nach dem gelungenen Einstieg sinken die Aktien.

«Dead Man Working» ist am 2. November 2016 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

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