Hingeschaut

«Neues aus der Anstalt»: Ein Pessimist, wer nicht an den Weltuntergang glaubt

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Die Insassen der «Anstalt» blicken zurück auf das Jahr 2011 und seine kleinen und großen Fehltritte.

Es scheint, als würde ein Jahr für Fernsehmacher aus nur elf Monate bestehen, denn der gesamte Dezember zählt offenbar nicht mehr zum aktuellen Jahr, sondern ist die dunkle Materie der Zeitrechnung, reserviert für «Große Jahresrückblicke» (Sat.1), «Menschen, Bilder, Emotionen» (RTL) oder, etwas minimalistischer, nur «Menschen» (ZDF). Die meisten dieser Jahresrückblicke bieten dabei aber nur eine Phalanx des schlechten Geschmacks an, sind boulevardesk selektiv und in wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen so kritisch wie die VOX-Nachrichten. Das ist nicht weiter schlimm, denn immerhin gibt es auf dem Fernsehmarkt eine Satiresendung, die nicht «heute show» oder «extra 3» heißt und als Kontrastprogramm ihren eigenen Rückblick auf das Jahr 2011 veranstaltet: «Neues aus der Anstalt» ist nach dem Ende des «Scheibenwischers» eine der letzten echten Kabarettsendungen im deutschen Fernsehen und die letzte Bastion politischer Unkorrektheit im ZDF – abseits der von Kalauern durchzogenen «heute show».

Und dieser Jahresrückblick fällt deutlich anders aus als das Gewäsch in den privaten und öffentlich-rechtlichen Sendungen: Niemand ist vor dem Urteil von Urban Priol und Frank-Markus Barwasser als Rentner Dombrowski und Erwin Pelzig sicher; mit Monika Gruber, Hausmeister Jochen Malmsheimer, Anstaltsjurist Max Uthoff und dem „Fliegenden Holländer“ Hans Liberg erfuhr der Jahresrückblick zudem prominente komödiantische Unterstützung. Man merkte der Sendung an, dass die Produzenten gar nicht wussten, wo sie anfangen sollten, denn das Leben und die Politik haben im Jahr 2011 die beste Satire geschrieben: Da wurde Karl-Theodor von und zu Guttenberg schnell zum „Bushido für Besserverdienende“ deklassiert, Kim Jong Rösler zum Tragen einer „amtlichen Gehirnburka mit sehr engen Denkschlitzen“ verdonnert, „Siggi aus Marzahn“ und Helmut Schmidt als „Hoffnungsträger Deutschlands“ durften natürlich ebenfalls nicht fehlen und Angela Merkel bekam zu Tim Toupets „Ich bin ein Döner“ ihr Fett weg.

All das war kabarettistisch einwandfrei aufgelegt und ließ den Zuschauer mehrmals das Lachen im Gesicht gefrieren – doch irgendwann wurde die Thematik redundant, denn von der Eurokrise über die Umwelt bis hin zu Alfons Schuhbecks Farce als Testimonial für McDonald‘s musste jedes Thema mehrmals breitgetreten werden, eingebettet in den Kontext einer großen Weihnachtsfeier in der Anstalt. Dabei sind es doch gerade die kleinen Zusammenhänge und Absonderlichkeiten des Lebens, die richtig Spaß machten: Jochen Malmsheimers Vortrag über seine Odyssee mit vorweihnachtlichen Dinkelplätzchen zum Beispiel, oder Hans Libergs Parteienmedley. Dennoch darf man einem Jahresrückblick von nur einer Stunde Länge nicht verübeln, vor allem die großen Probleme Deutschlands pointiert zu betrachten – und das ist der «Neues aus der Anstalt»-Besetzung wieder einmal hervorragend gelungen. So gut sogar, dass sich Erwin Pelzig dazu hinreißen ließ, die politische und gesellschaftliche Lage der Welt mit dem Satz „Wenn ich ein Optimist wäre, würde ich an den Weltuntergang glauben“ zu pointieren. Vielleicht steckt darin sogar ein wahrer Kern. Erfahren werden wir es 2012 – wenn sich die Welt dann noch dreht.

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