Das war für mich auch eine Überraschung – aber eine von den guten! Die Verantwortlichen vom ZDF haben mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, einen neuen Podcast fürs «heute journal» zu hosten. Zu dem Zeitpunkt hatte ich zwar schon ein paar Jahre Erfahrung im Nachrichten- und Politikjournalismus gesammelt und auch politische Talkformate moderiert. Aber «heute journal»? Das war nochmal eine andere Nummer! Für mich war sofort klar: Erstens: Das musst du machen – auch wenn es Respekt einflößt. Zweitens: Das wird kein Nebenbei-Projekt. Da musst du mit voller Energie rein. Genau das habe ich getan. Und bisher keine Sekunde bereut.
Der Podcast will „hinter die Schlagzeilen“ schauen. Wie wählen Sie und Ihr Team die Themen aus, die dann vertieft werden?
Zunächst geht es darum: Was ist das große Thema der Woche? Optionen gibt es genug – sogar in der sogenannten Sommerpause. Siehe Alaska, Trump-Gipfel, Haushaltsdebatte ... Wir diskutieren darüber in unserer Themenkonferenz, wobei sich das zentrale Thema oft von selbst aufdrängt. Dann wird es spannend: Welche Gäste laden wir ein? Was ist unser Dreh? Was können wir bieten, das nicht schon überall lief? Wie können wir unsere Hörerinnen und Hörer einbinden? Und am Ende der Folge gibt es noch ein zweites, kleineres Thema. Da sind wir in der Auswahl etwas freier: Das kann ein Thema sein, das sonst untergeht. Oder einfach mal eine gute Nachricht. Auch die soll es ja geben ...
Sie arbeiten dabei eng mit bekannten Moderatorinnen und Moderatoren wie Marietta Slomka, Christian Sievers oder Dunja Hayali zusammen. Wie läuft diese Zusammenarbeit konkret ab?
Wir sind als Podcast-Team fest mit der «heute journal»-Redaktion verzahnt und daher immer im engen Austausch. Die Moderatorinnen und Moderatoren sind auch bei der Themenwahl dabei – jede und jeder bringt da nochmal seine eigene Perspektive und Expertise ein, was eine große Bereicherung für den Podcast ist. Beeindruckend finde ich, dass es nach der Podcast-Aufzeichnung für die drei meist erst richtig losgeht – zum Beispiel, wenn ein Interview mit dem Kanzler ansteht, live im Fernsehen vor einem Millionenpublikum.
Was unterscheidet die Arbeit an einem Podcast für Sie von klassischem Nachrichtenjournalismus im Fernsehen?
Bei einem Nachrichtenbeitrag, der im Fernsehen läuft, bleiben einem oft nur zwei oder drei Minuten, um ein wirklich komplexes Thema abzubilden. Beim Podcast geben wir uns da mehr Zeit. Es läuft keine Stoppuhr nebenher, wir arbeiten nach der Devise “solange es trägt”. Das gibt uns auch die Möglichkeit, Dinge einfach auszuprobieren. Zum Beispiel nicht wie üblich mit “der News”, also dem Neuen anzufangen, sondern die Hörerinnen und Hörer erstmal mit auf eine kleine Zeitreise zu nehmen. Den Kontext also vor der eigentlichen Nachricht zu erklären. Auch persönliche Anekdoten finden ihren Platz im Podcast. Wir führen ein lockeres Gespräch – und dafür muss es den Raum geben.
In jeder Folge werden auch Korrespondentinnen und Korrespondenten des ZDF zugeschaltet. Welche Einblicke entstehen dadurch, die im TV vielleicht gar nicht möglich wären?
Das sind vor allem Einblicke in deren Arbeitsalltag. Ich glaube, dass vielen Menschen gar nicht bewusst ist, wie Korrespondentinnen und Korrespondenten eigentlich arbeiten. Wie recherchieren sie? Welche Quellen nutzen sie? Wie kommen sie an ihr Bild- und Videomaterial – insbesondere aus Krisen- oder Kriegsgebieten. Gerade diese persönlichen Geschichten und Details machen die Arbeit greifbarer und irgendwie auch “menschlicher”. Und wenn eine Korrespondentin den Außenminister auf zwei Gipfeltreffen innerhalb von drei Tagen begleitet, darf sie auch mal sagen, dass sie müde ist.
Sie selbst sind einem jungen Publikum bereits aus der «News WG» und von funk bekannt. Welche Erfahrungen aus dieser Social-Media-Arbeit bringen Sie nun in den Podcast ein?
Social Media lebt für mich durch den direkten Draht zur Community. Man ist ständig im Austausch, das ist ja das Tolle daran! Dieses Miteinander wollen wir auch in den Podcast tragen. Wenn uns Feedback oder Themenvorschläge erreichen, nehmen wir das ernst und versuchen, in der nächsten Folge direkt darauf einzugehen. Und die Ansprache spielt eine große Rolle. Auf Instagram zum Beispiel spreche ich einfach ganz “normal”. Ohne große Distanz, nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Genau so möchte ich auch im Podcast zu den Hörerinnen und Hörern sprechen. Zumindest hoffe ich, dass sie mich dort nicht komplett anders wahrnehmen als auf den anderen Plattformen.
Das Motto lautet „Die News, dein Durchblick“. Was bedeutet für Sie persönlich „Durchblick haben“ in einer so komplexen Nachrichtenlage wie heute?
Als Nachrichtenjournalistin muss man immer up to date sein. Sei es der Vorschlag zur Pflegereform, eine Ministerpräsidentenwahl im Ausland oder die Verlobung von Taylor Swift – man braucht ein Grundwissen über alles, was in der Welt passiert. Für mich bedeutet „Durchblick“ zu haben, dass das nicht zu einem Grundrauschen wird. Sondern dass zu einzelnen Themen wirklich etwas hängenbleibt, man die tiefere Bedeutung und den Kontext versteht. Und lebhaft darüber diskutieren kann! Deshalb finde ich es gut und wichtig, dass wir im Podcast ein Thema in seiner Tiefe behandeln können und nicht nur bei der Schlagzeile bleiben.
Podcasts ermöglichen mehr Zeit und Tiefe als ein Fernsehbeitrag. Gab es schon ein Thema oder eine Folge, die Sie selbst nachhaltig beeindruckt hat?
Ja, aber das ist mir schon bei vielen Folgen so gegangen. Oft sind es Eindrücke oder Sätze aus Gesprächen mit denjenigen, die direkt von der “Schlagzeile” betroffen sind. Zum Beispiel ein Student aus der Türkei, der gegen Erdogan demonstriert, ein Altenpfleger, der gemeinsam mit dem 90-jährigen Heimbewohner Albert ein realistischeres Bild vom Leben im Altenheimen zeigen möchte, oder eine Aktivistin, die sich dafür einsetzt, dass die humanitäre Katastrophe im Sudan überhaupt in den Schlagzeilen auftaucht. Das alles hat mich nachhaltig beeindruckt.
Seit Ende Februar läuft das Format. Welche Resonanz haben Sie bisher von Hörerinnen und Hörern bekommen?
Sehr schöne! Mit am meisten gefreut hat mich die Nachricht eines Lehrers, dem aufgefallen ist, wie viele Expertinnen – also Frauen – in unserem Podcast zu Wort kommen. Er hat den Podcast deshalb auch seinen Schülerinnen und Schülern ans Herz gelegt und findet es super, dass dadurch auch eine Vorbildfunktion entsteht.
Zum Schluss: Wie sehen Sie die Zukunft von Nachrichten-Podcasts – sind sie eher Ergänzung zum TV oder entwickeln sie sich zu einem eigenständigen Leitmedium?
Es gibt schon jetzt – vor allem unter jüngeren Menschen – viele, die Podcasts als ihre primäre Informationsquelle nutzen. Ich sehe sie also keineswegs nur als Ergänzung zu anderen Formaten auf anderen Ausspielwegen. Ersetzen werden sie klassische Medien aber nicht. Es ist doch schön, wenn beides parallel existieren kann und so für unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten und Präferenzen was dabei ist.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
«heute journal – der Podcast» erscheint wöchentlich auf allen gängigen Plattformen wie Spotify.
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