Serientäter

«Der Scheich» ist gekommen, «der Scheich» ist gegangen, «der Scheich» hat gewonnen

von

Der Streamingdienst Paramount+ zeigt seit das überragende Werk von Dani Levy.

Ein perfektes Katz-und-Maus-Spiel, das ähnlich gut funktioniert wie Steven Spielbergs «Catch Me If You Can», schrieb und inszenierte Dani Levy mit «The Sheik». Im Zentrum steht der korpulente Ringo, der nach Feierabend von zwei aus dem Knast entlassenen Junkies in eine Falle gelockt wird. Angeblich wurde ihm vor Jahren eine Tasche mit verschwitzten Sportsachen übergeben, doch der Maler im Niedriglohnsektor ist ratlos. Es soll viel Geld darin gewesen sein.

Nach einer sich anbahnenden Schlägerei landet der von Björn Meyer (Münster-«Tatort») gespielte Ringo in einer Klinik, seine Frau Carla (Petra Schmidt-Schaller, «Die Toten von Marnow») eilt ihm zu Hilfe. Der Zuschauer lernt Ringo also als tollpatschigen Mann kennen, der seine Patchwork-Familie vor dem Schlimmsten bewahren muss. Da trifft es sich gut, dass die Familie aus dem Landkreis Waldshut in der Nähe des Bodensees einen Kurztrip ins schweizerische Zürich unternimmt.

Auf dem Weg zur Toilette, Ringo muss sich eine Insulinspritze setzen, trifft er zufällig auf den Immobilienmakler Urs (Philippe Graber, «Sturm: Bis wir tot sind oder frei»), der in einer unglücklichen Ehe lebt, seine Ersparnisse in ein kleines Einfamilienhaus am Stadtrand gesteckt hat und von seinem Chef ständig schlecht gemacht wird. Urs ist kein erfolgreicher Verkäufer. Mehr Schein als Sein. Das gilt auch für Ringo, der beim Mittagessen auf der Terrasse auf Urs trifft und ihm in seiner unbeholfenen Art gleich Wein aufs Hemd schüttet.

Er behauptet, der Sohn eines katarischen Scheichs zu sein, der mehrere Frauen hat. Da seine Mutter aber aus Hamburg stammt, hat die königliche Familie ihn und seine Mutter verstoßen. Trotzdem bekam er ein Startkapital in astronomischer Höhe, um eine Investmentfirma zu gründen. Da Urs endlich einen großen Coup landen will, glaubt er an den vermeintlichen Betrug. Die Protagonisten können ihr Glück kaum fassen, weshalb Gesetze und Abmachungen zwar nicht gebrochen, aber doch extrem gelockert werden.

Das erinnert inzwischen an Netflix-Doku-Serien wie «Der Tinder-Betrüger», der sich mit dem Geld anderer ein tolles Leben aufbaute, aber selbst nie große Summen besaß - oder an «Inventing Anna»: Die Geschichte von Anna Sorokin bescherte Netflix im vergangenen Jahr gute Publicity, und bis heute wird darüber gestritten, ob die Deutsch-Russin wirklich betrogen hat oder nur leichtgläubige Menschen zum Investieren überredete.

Bei «Der Scheich» kommt glücklicherweise hinzu, dass der Streaming-Abonnent nicht weiß, wie die Geschichte ausgeht. Gedreht wurde das bisher achtteilige Epos nämlich in der Nähe des Bodensees und in Zürich, so dass die Bilder auch einen tollen Look haben. Dabei ist es ähnlich spannend wie bei «Catch Me If You Can», wann und vor allem wie Ringo scheitern wird. Das System wird im Laufe der Serie immer größer, immer mehr Menschen investieren ihr Erspartes oder das ihrer Firma in die Wünsche der katarischen Familie. Im Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar passt das auch thematisch wunderbar. Von Menschenrechten spricht keiner der Reichen, warum auch? Schließlich wollen die Scheichs Geld verdienen und nicht die Welt verbessern.

Doch die Szenerie wird im Laufe der Staffel immer bizarrer. Immobilienmakler Urs wechselt in die neu gegründete Firma des Scheichs, darf sich mit Millionenwerten herumschlagen und lädt Ringo schließlich auf seine Familienbaustelle ein. Dort scheitert der große Grillmeister an der Zubereitung, seine Frau ist entsetzt und peinlich berührt. Doch ihr kommen Ringos Geschichten immer merkwürdiger vor.



Um die Staffel abzurunden, ist auch der aus dem «Usedom-Krimi» bekannte Max Hopp mit von der Partie, der den erfahrenen Dorfpolizisten Victor Hopp verkörpert und natürlich eine Hintergrundgeschichte bekommt. Er ist nach außen hin ein liebevoller Ehemann, hat aber auch seine Schattenseiten: Er schlägt seine Frau, die sich im Laufe der Geschichte von ihm lösen kann. Trotzdem bleibt er der Bösewicht in der Geschichte.

Die «Sörensen hat Angst»-Schauspielerin Bettina Stucky greift als Beatrice von Greifen in die Handlung ein. Sie ist Politikerin der Schweizer Volkspartei und will den Scheich für ein viel zu großes Projekt in die Schweiz locken. Natürlich bekommt auch von Greifen eine private Geschichte untergejubelt, die allerdings eher wie ein Pausenfüller wirkt.

Am Ende hätte Dani Levy allerdings deutlich nachbessern müssen. So gut «Der Scheich» anfängt, so schwach endet die Serie nach acht Folgen. Man hat das Gefühl, dass man den großen Knall hinausgezögert hat, um eventuell irgendwann eine zweite Staffel nachschieben zu können. Alles, was in der Serie passiert, ist einfach nicht stimmig. Trotzdem: Sieben Folgen lang hat man Spaß.

«Der Scheich» ist bei Paramount+ zu sehen.

Dieser Artikel ist bereits in ähnlicher Form schon erschienen.

Kurz-URL: qmde.de/147479
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelNina Parker übernimmt «Friday Night Vibes»nächster ArtikelIst «The Last of Us» die ideale Videospiel-Adaption?
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung