Die Kritiker

«Freunde»

von

Ulrich Matthes und Justus von Dohnanyi spielen zwei alte Freunde, die sich 30 Jahre nicht gesehen haben. Was sie sich zu sagen haben, ist äußerst sehenswert.

Männerfreundschaften halten bekanntermaßen viel aus: Zum Beispiel, dass man sich über 30 Jahre nicht gesehen hat, aber gleich beim ersten Zusammentreffen wieder so miteinander spricht, als komme man gerade aus dem Nebenzimmer. So ist das auch bei Patrick (Justus von Dohnanyi), der im Anwesen seiner Eltern am Tag der Beerdigung seiner Frau seinen Jugendfreund Malte (Ulrich Matthes) im leeren Innenpool sitzen sieht. Er hat sogar ein Präsent dabei: die Figur aus dem Kickertisch, mit dem die beiden früher um die Wette spielten.

Die beiden sind in die Jahre gekommen und tauschen sich aus an diesem besonderen Tag, bei schlechten Nudeln und edlem Wein, im strahlenden Sonnenschein im Garten, abends am Seeufer und schließlich mitten in der Nacht zu Jukebox-Musik, bevor draußen der Regen niederprasselt. Sie haben sich vieles zu erzählen, denn ihre Leben sind eigentlich genauso verlaufen, wie sie es gedacht hatten, und doch anders: Malte zog nach dem Abitur hinaus in die Welt, weil die große Liebe (und Patricks spätere Frau) ihm einen Korb gegeben hatte, und betreibt heute einen Buch- und Landkartenhandel in Stuttgart. Patrick blieb im Ort, zog sogar in das alte Haus seiner Eltern auf dem parkähnlichen Grundstück, wo die beiden schon viele Tage ihrer Jugend verbracht hatten, und übernahm den elterlichen Betrieb, dessen Reste er gerade abwickelt.

Für beide scheint Endstation zu sein. Das Leben hat viel verhießen und nicht viel gehalten. Scheiß-Krebs. Scheiß-Insolvenz. Scheiß-Lebensträume. Scheiß-Betrug.

Aber obwohl Patrick sich am selben Morgen mit Unmengen Pillen und einem uralten Whiskey vergiften wollte, brennt in ihm doch noch das Leben. Diese Flamme anzufachen, ist die Aufgabe von Malte, dem das verschmitzte Lächeln nur bei den Enthüllungen der größten Lebenslügen vom Gesicht rutscht.

Denn natürlich wird viel in der Vergangenheit gewühlt an diesem Tage, und dabei einiges ans Tageslicht befördert, was bisher unausgesprochen oder dem anderen völlig unbekannt gewesen war. Dabei beschränkt sich der Film ausschließlich auf diesen einen Tag und diesen einen Ort: ein altes Haus am Stadtrand. Andere Figuren außer Malte und Patrick treten nicht auf. Das heißt in Konsequenz: Spannung kann nur durch äußerste Dichte entstehen, jede Szene muss erzählerisch sitzen, und Justus von Dohnanyi und Ulrich Matthes müssen als die einzigen auftretenden Schauspieler den ganzen Film tragen können.

Das gelingt ihnen auch – und zwar mit Bravour. Gleichzeitig schafft es das ausgefeilte Drehbuch von David Ungureit, in den Dialogen der beiden alten Freunde nicht nur beständig Lebensweisheiten aneinanderzureihen, sondern sich wirklich bis in die letzte Ecke dieser Figuren hineinzufühlen. Zusammen mit der unaufdringlichen, gemachen Regiearbeit von Rick Ostermann entstand so ein rundum gelungener Film.

Das Erste strahlt «Freunde» am Mittwoch, den 20. Oktober um 20.15 Uhr aus.

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