Interview

«Hans Zimmer Live»: 'Wir wollten das Wesen einer einzelnen Konzertnacht einfangen'

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Exklusiv am 1. Oktober zeigen ausgewählte Kinos den Konzertfilm «Hans Zimmer Live» in Deutschland. Quotenmeter.de sprach mit Tim van Someren, dem Regisseur des Kinoevents, über die in Prag entstandene Ausnahmeproduktion.

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«Pirates of the Caribbean» hat eine unvergleichliche Energie und Dynamik – diesen Kompositionen wohnt einfach irgendetwas inne, das die Kamera und die Schnittarbeit mit sich zieht. Es war zu jedem einzelnen Augenblick klar, auf wen oder was wir gerade blicken sollten.
«Hans Zimmer Live»-Regisseur Tim van Someren
Welche Suite / welches Set / welcher Song war für Sie am schwierigsten, kinotauglich zu inszenieren?
Das war «Der schmale Grat». Er gehört zweifelsohne zu Hans' wunderschönsten Kompositionen und Marc Brickman, der Lichtgestalter der Tour, hat sich diesen unglaublichen Licht- und Projektionseffekt einfallen lassen: Ein schmaler, roter Grat wird auf die Rückenwand geworfen und ganz langsam wächst er, bis er die gesamte Bühne vereinnimmt. Jedoch ist deswegen während dieses Tracks ein Großteil der Bühne in völlige Dunkelheit getaucht. Für das Publikum live vor Ort ist das ein eindrucksvoller Moment – das für die Kamera genauso aufregend zu gestalten, war dagegen eine echte Herausforderung!

Und das Gegenteil davon? Welcher Teil des Konzertes war am einfachsten auf die Leinwand zu übersetzen?
«Pirates of the Caribbean» hat eine unvergleichliche Energie und Dynamik – diesen Kompositionen wohnt einfach irgendetwas inne, das die Kamera und die Schnittarbeit mit sich zieht. Es war zu jedem einzelnen Augenblick klar, auf wen oder was wir gerade blicken sollten, und der Rhythmus sowie die Dramaturgie dieses Stücks sorgten dafür, dass es uns einfach riesige Freude bereitet hat, es zu filmen und das Material zur Musik passend zu schneiden.

Hatte Hans Zimmer eigentlich ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Films oder hatten Sie freie Hand?
Hans ist einfach wundervoll. Er hat mir vollstes Vertrauen geschenkt und es jederzeit klar gemacht, dass ich meinen Film erschaffen soll. Allerdings ist er ein so charmanter, fähiger und einnehmender Mann, dass wir trotzdem während der gesamten Produktion über sehr eng zusammengearbeitet haben. Man darf nicht vergessen: Hans ist ein Filmemacher – das ist es, was er Tag ein und Tag aus tut. Ich habe den Film selbstständig in Großbritannien geschnitten, doch wir hatten uns ungefähr einmal die Woche für Skypekonferenzen verabredet. Dann habe ich immer von meinem Zuhause in London aus mit Hans in Los Angeles gesprochen und ihm meinen Schnitt gezeigt. Ich habe ihm jeden einzelnen Track vorgeführt, und Hans hat mir sein Feedback gegeben. Das Tolle war, dass ich ihm direkt darauf in Echtzeit meine Vorschläge zeigen konnte, wie sich etwas umsetzen ließe, wenn Hans eine Änderung vorgeschlagen hat.

Wann immer wir uns uneinig waren, betonte er stets, dass ich das letze Wort habe – aber, um ehrlich zu sein: Meistens musste ich einsehen, dass er den besseren Instinkt hat. Wir hatten während dieser Konferenzen stets viel Spaß und meistens lief es darauf hinaus, dass wir über andere Dinge gequatscht haben – das war sehr beeindruckend, denn parallel dazu arbeitete Hans an mehreren Filmen, darunter an «Dunkirk», und dennoch fand er immer Zeit, mir Rückmeldung für meine Schnittarbeit zu geben und sich locker mit mir zu unterhalten.

Ich bin ein großer Verfechter des Eventkinos! Wir haben uns so sehr daran gewohnt, dass Serien und Filme on Demand verfügbar sind, aber dadurch wird es immer seltener, dass wir mit unseren Freunden eine gemeinsame Erfahrung haben. [...] Durch Events, die exklusiv an einem einzigen Abend zu sehen sind, kehrt dieses Kollektiverlebnis zurück.
«Hans Zimmer Live»-Regisseur Tim van Someren
Ganz persönlich: Wie stehen Sie eigentlich dazu, dass «Hans Zimmer Live» als Eventfilm an nur einem einzigen Abend ins Kino kommt.
Ich bin ein großer Verfechter des Eventkinos! Wir haben uns so sehr daran gewohnt, dass Serien und Filme on Demand verfügbar sind, aber dadurch wird es immer seltener, dass wir mit unseren Freunden eine gemeinsame Erfahrung haben und uns vorher, nachher oder auch während des Guckens austauschen. Es wird immer schwerer, sich mit Freunden über die gestrige Serienfolge zu unterhalten, weil dauernd jemand sagt: "Psst! Ich habe die Folge noch nicht gestreamt!" Durch Events, die exklusiv an einem einzigen Abend zu sehen sind, kehrt dieses Kollektiverlebnis zurück und wir können alle unsere Erfahrung in Echtzeit im Saal sowie anschließend in den sozialen Netzwerken teilen.

Welcher Hans-Zimmer-Score ist Ihr persönlicher Favorit und weshalb?
Es fällt mir schwer, nur einen einzigen rauszusuchen! «Inception» kommt mir in den Sinn – damit hat Hans nachhaltig die Art und Weise verändert, wie Filmmusiken komponiert werden – wie oft hören wir seither dieses ominöse Brummen in Filmtrailern? Das liegt daran, wie fantastisch es in «Inception» eingesetzt wurde. «Interstellar» wiederum gelingt es, gleichzeitig zutiefst bewegend und unfassbar epochal zu sein – wie geht das überhaupt? Und auf der Bühne ist der Score auch ein echtes Highlight – allein schon, wie durch Lichtsetzung und Inszenierung das Orgelthema aus dem Film reflektiert wird ...

Aber wenn ich wirklich nur einen Score wählen darf, dann wäre das wohl «The Dark Knight». Er ist so intensiv, so dunkelmütig, und mit der umwerfenden Lichtshow auf der Tournee fühlt man sich zwischendurch fast so, als wäre man in einem Rammstein-Konzert gelandet. Das ist für mich der herausragendste Moment unter all den anderen, herausragenden Momenten ...

Vielen Dank für das Gespräch.
«Hans Zimmer Live» ist exklusiv am 1. Oktober 2017 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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