Hingeschaut

Nackt, unaufgeregt und ein klein wenig forciert

von

«Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» oder: Wenn eine Datingshow mit nackten Kandidaten niveauvoller ist als die restliche Kuppelkonkurrenz.

Weitere Produktionen von eyeworks (Auswahl)

  • «Traumfrau gesucht»
  • «Der Große IQ Test»
  • «Mitternachtsspitzen»
  • «Schwiegertochter gesucht»
  • «Die 10»
  • «Goodbye Deutschland - Die Auswanderer»
  • «switch reloaded»
Um direkt zur Sache zu kommen: Nein, die Promos für «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» haben nicht gelogen. In der neuen RTL-Kuppeldoku gibt es nackte Tatsachen zu sehen. Und in der Debütausgabe bedeutete dies, dass sich dem Publikum der blanke Busen einer adretten 23-Jährigen ebenso präsentierte wie ihr Hintern. Und die wenig behaarte Mannespracht eines feschen 27-Jährigen – sowie seines Nebenbuhlers. In einer anderen TV-Ära hatte das Konzept dieser Sendung gewiss für einen Skandal ausgereicht. Mittlerweile ist das Fernsehpublikum allerdings abgehärtet. Wobei die höhere Hemmschwelle allein nicht der Grund ist, weshalb «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» im besten Sinne als harmlos zu bezeichnen ist.

Denn die Produktion aus der TV-Schmiede Eyeworks verweigert sich bewusst dem menschenverachtenden Trend, den es seit einigen Jahren in Kuppeldokusoaps zu betrachten gilt. Klammert man einmal die blasse Reality-Seifenoper «Der Bachelor» und ihren Ableger «Bachelorette» aus, so geht es in solchen Amor-Formaten mit erschreckender Schlagzahl darum, die Kandidaten vorzuführen. In «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» werden die Teilnehmer dagegen lediglich insofern bloßgestellt, als dass sie halt blankziehen. Schließlich lautet das Konzept: Junge Singles verbringen vier Tage auf einer Insel im Pazifik – und spielen in diesem Paradies Adam und Eva.

Immerhin wissen die Kandidaten aber, was sie erwartet. Sie haben sich dazu entschieden, an diesem Liebesexperiment teilzunehmen und leben damit, dass ihre Körper Fernsehdeutschland gezeigt werden. Keine Selbstverständlichkeit im modernen Realityfernsehen. Und im Gegensatz zu so vielen anderen Kuppelshows scheint «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» eine fähige Castingredaktion zu haben. In der Premiere gab es mit Medizinstudentin Ricarda und Berufscoach Thomas zwei zwar selbstbewusste junge Menschen zu sehen, aber keine anstrengenden Rampensäue. Und offenbar haben sich die Showmacher auch wirklich vorgenommen, Singles zueinander zu führen, statt nur RTL-Sendezeit zu füllen: Die Interessen der beiden Kandidaten decken sich zu großen Teilen, beide wohnen in Köln und sie behaupten von sich, abenteuerlustig und sportlich zu sein. Das passt durchaus.

Daher sprühen schon wenige Minuten nach dem Aufeinandertreffen von Ricarda und Thomas die Funken – und lange Zeit lässt das Format die Interaktion zwischen ihnen für sich stehen. Die musikalische Untermalung bleibt – an Genremaßstäben gemessen – unaufdringlich und auch die Einzelinterviews werden dezent dosiert. Kommentare der zurückhaltenden Moderatorin (eine erblondete Nela Lee) sind ebenfalls spärlich gesät und dienen meistens der Erklärung der redaktionellen Einflüsse, ansonsten gibt es noch kleine Interviewschnipsel, die Nela einen Tag vor Beginn des Nackideiwochenendes im Gespräch mit den Kandidaten zeigen.

Angesichts der hohen Produktionswerte der ansehnlich gefilmten Show müssen sich interessierte Zuschauer lediglich die Frage stellen, ob sie an einer Kuppeldoku mit nackten Kandidaten abseits des vermeintlichen Skandalfaktors Interesse haben. Da «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» zumindest bemüht ist, nicht unbedeutende Liebesfragen zu klären („Wie oberflächlich, wie schüchtern, wie offen ist mein Gegenüber?“) hat die Show den Kandidaten neben einigen Tagen Drehzeit im Paradies tatsächlich so etwas wie einen Mehrwert zu bieten. Und somit auch dem Zuschauer, der für televisionäre Kuppeleien empfänglich ist.

Einen großen Wermutstropfen gibt es jedoch: Die erste Hälfte von «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» verkauft sich zwar sehr natürlich. Nicht allein, weil die Protagonisten so auftreten, wie Gott sie schuf, sondern auch weil im Fokus steht, wie sie sich durch Gespräche, verschüchterte Blicke und romantische Gesten annähern. Das allein würde genügen, ein Gimmick ist ja bereits durch das Entkleiden gegeben. Dann aber dreht sich die zweite Hälfte darum, was auf der Insel passiert, sobald ein Nebenbuhler (entweder eine zweite Frau oder ein zweiter Mann) auftaucht. Diese forcierte Eifersuchtskomponente und die von der Redaktion aufgezwungenen Entscheidungsspiele („Wer dich besser malt, darf den Abend mit dir allein verbringen“) hätte es nicht gebraucht, da sie die „Adam und Eva“-Dynamik nicht bereichern – sondern eher auf gewöhnliche Flirtshows wie «Dismissed» runterzieht.

Dessen ungeachtet ist «Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies» taktvoller als man im Hinblick auf andere Kuppeldokus denken mag. Die Eyeworks-Produktion wird kaum verbitterte Genregegner erweichen und für die prüdesten unter den prüden TV-Konsumenten ist das Format ebenfalls nicht geeignet. Genrefreunde bekommen mit der RTL-Sendung dagegen eine menschelnde Grazie unter den Romantik-Realityshows geboten, die nur noch eins lernen muss: Sich von gekünstelten Accessoires genau so zu befreien, wie die Kandidaten auch ihre Kleidung ablegen.

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