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«Game of Thrones»-Ende: Naht jetzt der Winter für HBO?

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Die populärste Fernsehserie tritt bald ab - genau zu dem Zeitpunkt, als HBOs neuer Besitzer AT&T die Erwartungen an neue Serien nach oben schraubt. Wie viele Zuschauer verliert HBO mit «Game of Thrones»?

"Ein bittersüßes Ende" haben die «Game of Thrones»-Macher den Fans zum Finale der Fantasyserie versprochen. Nicht nur inhaltlich wird die Abschiedstournee der derzeit populärsten Serie der Welt bittersüß - für die HBO-Verantwortlichen gilt das gleiche. Sie können sich in den nächsten Wochen einerseits neuer Zuschauerrekorde sicher sein, andererseits blicken sie voller Furcht und Ungewissheit in die Zukunft, ähnlich wie die Protagonisten von «Game of Thrones» in Erwartung der Weißen Wanderer. Der Premium-Sender muss sich die Frage stellen. Naht jetzt der Winter?

HBOs ungewisse Zukunft


Aus Unternehmenssicht kommt das Ende der Hit-Serie zur Unzeit. Gerade erst hat das neue Mutterunternehmen AT&T 85 Milliarden Dollar ausgegeben, um mit Time Warner zu verschmelzen und direkt so richtig von «Game of Thrones» zu profitieren. Nach dem kostspieligen Deal steigen jedoch die Erwartungen an HBO, das seinen wichtigsten Programm-Eckpfeiler verliert. Obendrein ist es unruhig innerhalb des Senders. Gerade erst haben HBO-CEO Richard Plepler und weitere hochrangige Senderverantwortliche HBO den Rücken gekehrt, um beim erfolgreichen Start von WarnerMedias neuer Streaming-Plattform zu helfen. Der Kabelsender muss also auch noch auf Personalsuche gehen.

Schon seit einiger Zeit ist klar, wie HBO dem Ende von «Game of Thrones» begegnen will: Mit noch mehr «Game of Thrones». Derzeit befinden sich mindestens vier Spin-Offs in verschiedenen Produktionsphasen. An einem arbeiten "Das Lied von Eis und Feuer"-Urheber George R. R. Martin und Jane Goldman («Kingsman: The Secret Service». Der Pilot dazu soll im Sommer gefilmt werden und die zweifach Oscar-nominierte Naomi Watts unter den Darstellern versammeln.

Weil HBO in den vergangenen Jahren wenig Erfolg damit hatte, weitere Formate aus dem Boden zu stampfen, die auch nur ansatzweise die Popularität erreichen wie das Fantasy-Epos, setzt der Sender mittelfristig so einiges auf die «Game of Thrones»-Karte. So mancher Analyst schätzt den Wert des Franchises derzeit auf eine Milliarde Dollar. Angesichts solcher Summen wirkt das damals astronomische Budget, das HBO für den «Game of Thrones»-Piloten ausgab, mittlerweile absolut vertretbar. Nur: Der Pilot befand sich damals vier Jahre in der Entwicklung. Diese Zeit hat HBO heute nicht mehr.

Wie erfolgreich werden die Spin-Offs?


Anbieter und ihre Franchises

  • AMC: 5 «The Walking Dead»-Projekte
  • HBO: 4 «Game of Thrones»-Spin-Offs
  • CBS All Access: 4 «Star Trek»-Serien
  • Disney+: 3 Marvelfilm-Spin-Offs
  • Disney+: 2 Live-Action «Star Wars»-Serien
  • Amazon: 1 «Herr der Ringe»-Serie
Gleichzeitig fordert der neue WarnerMedia-CEO John Stankey aber auch neben «Game of Thrones» noch mehr Content, um mit Netflix und Amazon mithalten zu können. Die Vorgabe sei derzeit "mindestens eine bedeutende Produktion pro Monat" herauszubringen. Wird sich das für HBO lohnen? Selbst «Game of Thrones»-Spin-Offs stellen keinen sicheren Erfolg dar, betrachtet man die Ableger, die «The Walking Dead» oder «Breaking Bad» hervorbrachte. Weder «Fear The Walking Dead» noch «Better Call Saul» verbuchten jemals auch nur die Hälfte der Zahlen, die ihre Mutterformate auf ihrem Zenit generierten. AMC scheint das dennoch zu reichen, zumindest bestellte der Sender zuletzt weitere «Walking Dead»-Nachfolger.

Vielleicht sieht die Zukunft doch nicht so düster für HBO aus. Denn die Wahrheit ist auch: Dem Sender ging es womöglich nie besser, weil der Streaming-Service des Senders immer weiter an Fahrt aufnimmt und die Nachfrage nach vielen HBO-Klassikern noch immer hoch ist. «Game of Thrones» wird selbst nach seinem Ende viele Fans beim OTT-Service des Senders halten können. HBO Now hat im Jahr 2018 die Marke von sieben Millionen Abos überschritten, obwohl in diesem Jahr keine neue Folge von «Game of Thrones» veröffentlicht wurde.

Die finale «Game of Thrones»-Staffel soll nun dazu genutzt werden, um weitere kommende Serien zu bewerben. Darunter befindet sich die zweite Staffel des hochgelobten «Big Little Lies», «Euphoria» von Schauspielerin und Sängerin Zendaya oder die Adaption der beliebten Graphic Novel «Watchmen». Besonders große Hoffnungen sollen auf Drama-Serien von Hollywood-Schwergewichten Joss Whedon und J.J. Abrams liegen, die jedoch noch etwas auf sich warten lassen.

Kann HBO die Rekordzahl an Abos halten?


Die große Furcht bei HBO besteht darin, Abonnenten zu verlieren. Networks wie CBS, die sich vorrangig durch Werbung finanzieren, brauchen ähnliche Sorgen nicht zu haben, wenn bald «The Big Bang Theory» abtritt. Vieles deutet aber darauf hin, dass etliche Abonnenten – sowohl des Kabelsenders als auch des Streaming-Services von HBO - ihre Mitgliedschaft vorrangig oder teilweise nur wegen «Game of Thrones» abgeschlossen haben. Seit dem Start von «Game of Thrones» im Jahr 2011 hat HBO weltweit fast 50 Millionen zahlende Abonnenten gewonnen und sich damit um knapp 50 Prozent vergrößert. Wie viele bleiben nach dem Ende der Serie?

HBO wird bei der Antwort auf diese Frage auch auf den „Rewatch-Faktor“ hoffen. Streaming-Anbieter bezahlen derzeit neunstellige Summen um TV-Klassiker wie «Friends», «Seinfeld» und «Die Simpsons» in ihrem Angebot zu behalten, obwohl die Formate teilweise längst abgedreht sind. Die Abrufzahlen scheinen dies zu rechtfertigen. HBO und Warner Media bleiben auch nach dem «Game of Thrones»-Finale 73 Episoden der Hit-Serie, die viele Fans bei den Angeboten halten werden.

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