Die Kritiker

«Ein starkes Team – Stirb einsam!»

von

Mit der Einsamkeit der Großstadt beschäftigt sich die neue Episode von «Ein starkes Team». Das fällt nicht so schwer wie es klingt und ist dabei durchaus ansehnlich.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Maja Maranow («Rivalen der Rennbahn») als Verena Berthold, Florian Martens («Die Affäre Semmeling») als Otto Garber, Arnfried Lerche («Lindenstraße») als Reddemann, Kai Lentrodt («Ladykracher») als Ben Kolberg, Jaecki Schwarz («Polizeiruf 110») als Sputnik, Robert Seethaler als Dr. Kneissler, Martin Lindow («Die Straßen von Berlin») als Georg Nader und Carolina Vera Squella («Das Leben ist nichts für Feiglinge») als Sonja Nader


Hinter den Kulissen:
Regie: Thorsten Schmidt, Buch: Axel Hildebrand, Musik: Andreas Koslik, Kamera: René Richter, Schnitt: Simone Klier, Produktion: Ufa Fiction

In einem Plattenbau mitten in Berlin wird eine Dame im besten Alter tot aufgefunden – mehrere Wochen nach ihrem Ableben. Offensichtlich wurde Heidi Kuttner erschlagen. Doch die Ermittler im neuesten Fall von «Ein starkes Team» stochern im Dunkeln: Niemand scheint das Opfer zu kennen, ihre Nachbarn geben vor, nichts zu wissen. Die meisten schlagen der Polizei so schnell als möglich die Tür vor der Nase zu. Nicht wirklich ersichtlicher wird die Lösung des Falles, als ein weiterer Nachbar erstochen aufgefunden wird – und kaum weniger eigenartig: Die vielen Wohnungen des Hochhauses scheinen eine Art Keimzelle des Seltsamen zu sein. Eigenbrötler und schräge Typen geben sich hier die Klinke in die Hand.

Es ist ein schmaler Grat, den die Verantwortlichen mit dem neuesten Fall betreten. Zwischen Plattenbau-Klischees und einer Studie sozialer Brennpunkte liegt oft nicht viel, gerade, wenn man diesen Versuch in einer fiktionalen Filmproduktion angehen will. Auf den Namen «Stirb einsam!» hört diese Episode, wenngleich der Titel weniger als Aufforderung, sondern mehr als Ansporn zum Gegensteuern zu verstehen ist. Doch der Film wandert auf diesem Weg recht souverän, denn tatsächlich driftet er nur gelegentlich auf die Klischeeschiene ab, nimmt sich dabei nicht zu ernst und hält dennoch eine gewisse Relevanz aufrecht. Denn trotz des Kuriositätenkabinetts an Figuren hat man das Gefühl, dass die Situation authentisch sein könnte. Die Handlung schwingt sich auf zu einer Parabel um Einsamkeit in der Großstadt. So regt der Film in einem gewissen Maße zum Nachdenken an, ohne dabei oberlehrerhaft zu wirken.

Vor allem auch wegen der Ermittler fesselnd


Einen großen Anteil daran, dass das Team, wie vom Titel der Reihe versprochen, auch dieses Mal wirklich stark ist, haben selbstredend die Ermittler. Sie harmonieren auch in ihrem 61. Fall äußerst stark. Gerade Kai Lentrodt, der in dieser Folge einige Screen Time bekommt, spielt stark auf. Aber auch die anderen Ermittler machen ihre Sache in gewohnt souveräner Manier, wirklich abgenutzt erscheinen die Figuren auch nach Jahrzehnten nicht – nicht einmal der Running Gag um Jaecki Schwarz, der auch dieses Mal wieder unterhaltsam aufgebaut ist. Auf einem Jahrmarkt arbeitet der ehemalige Volkspolizist in diesem Fall, das finanzielle Chaos zum Ende bleibt nicht aus. Will man den Ermittlern etwas vorwerfen, dann ist es der Moment, in dem sie sich entscheiden, die Wohnung eines Verdächtigen trotz fehlender Genehmigung zu stürmen. „Scheiß auf den Beschluss“, heißt es da und als Zuschauer bekommt man den Eindruck, dass man damit doch einfach nur cool sein wollte. Ist man nicht.

Was die Stimmung anbelangt, wollte die Produktion ebenfalls düster und cool wirken, das gelingt manches Mal sehr ordentlich, gelegentlich auch nur einigermaßen leidlich. Oft hat man vielleicht einen Filter zu viel über das Bild gelegt. Das tut nicht weiter weh, hätte aber auch nicht zwingend sein müssen. Störender ist da schon ein dramaturgisch-inhaltlicher Aspekt: Aus irgendeinem (nicht vollends ersichtlichen) Grund hat man ein parallel zu den Ermittlungen stattfindendes Fußballturnier eingepflegt. Drumherum gibt es aber weder besonders unterhaltsame Momente, noch folgen gute Sprüche daraus. Und auch für die Arbeit der Kommissare ergibt sich keine wirkliche Relevanz – letztlich ist dieser Part der Handlung also genauso störend wie unnötig.

Die Rahmenhandlung insgesamt ist allerdings deutlich gelungener, die Konfliktlinien funktionieren exzellent, die vorgenannten skurrilen Figuren tun ihr Übriges dazu. Jedenfalls bis zum Ende hin, hier sind Musik und Story doch eventuell ein wenig drüber, vor allem auch weil sich die Handlung ein wenig zieht, je mehr sich die Geschichte ihrem Ende annähert. Auch der Abschlussgag ist eher mäßig pointiert.

Manchmal doch zu konfus


Aufgrund des großen Ganzen – der gut funktionierenden Handlung – übersieht der Zuschauer gelegentlich, dass vielleicht doch alles ein wenig konfus ist. Das gilt sowohl für wenige Aspekte der Story, wie auch für kurze Sequenzen der Darsteller. Besonders die Figur Simone Nader (Carolina Vera Squella) wirkt in einer Szene deutlich überinszeniert. Nicht nur, dass die Schauspielerin overacted, auch die Kameraführung und die Musik sorgen dafür, dass diese Momente den Zuschauer so dermaßen irritiert zurücklassen, dass er sich fragt was eigentlich gerade passiert ist.

Glücklicherweise ist eine solche Szene eher Ausnahme als Regel, denn alles in allem gelingt die neue Episode doch recht gut. Trotz einiger Schwächen ist die Handlung sehr akzeptabel, die Akteure spielen professionell und harmonieren gut miteinander und optisch sieht das Ganze auch nicht so schlecht aus. Must See TV bekommt der Zuschauer freilich nicht serviert, aber nach stolzen 61 Fällen noch immer ohne größere Alterserscheinungen zu funktionieren, ist aller Ehren wert, zumal im Gegensatz zu den letzten Fällen wieder etwas mehr Humor auf die Schirme kommt und zeitgleich auch der Anspruch nicht links liegen gelassen wird.

«Ein starkes Team – Stirb einsam!» ist am Samstag, 21. Februar um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

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