Die Kino-Kritiker

«The Signal»

von

William Eubanks zweites Werk «The Signal» ist ein zweischneidiges Schwert. Kommt der Streifen erst so gar nicht in Fahrt, steuert der Film, der mit einem Budget von gerade einmal zwei Millionen US-Dollar auskommen musste, nach und nach auf einen genialen Schlussakkord hin.

Filmfacts «The Signal

  • Kinostart: 10.07.14
  • Genre: Science-Fiction
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 95 Min.
  • Kamera: David Lanzenberg
  • Musik: Nima Fakhrara
  • Autor: Carlyle Eubank, William Eubank, David Frigerio
  • Regie: William Eubank
  • Darsteller: Brenton Thwaites, Olivia Cooke, Beau Knapp, Laurence Fishburne, Robert Longstreet
  • OT: The Signal (USA 2014)
Der "High-Concept-Film": Ursprünglich von Hollywoodregisseuren erdacht, beschreibt dieses Wort ein filmisches Ausgangsszenario, bei dem sämtliche Herangehensweisen nicht zwingend realistisch sein müssen, sondern vor allem aufgrund einer starken Ausgangssituation funktionieren sollen. Im Grunde läuft fast jeder Hollywoodfilm nach solch einem Schema ab. Es zwingt den Zuschauer dazu, sich der ihm gebotenen Prämisse anzunehmen, ohne die Hintergründe genauer zu hinterfragen. So offenbart sich dem Filmemacher ein viel breiteres Spektrum an Thematiken, dessen er sich bedienen kann. Vor allem Science-Fiction-Filme bilden dafür das perfekte Beispiel. Zumeist ohne Rücksichtnahme auf physische Grundgesetze kann sich das Publikum dennoch auf das ihm vorgesetzte Szenario einlassen. Logiklöcher im Rahmen dieser sich selbst aufgestellten Regeln sollten dennoch vermieden werden. Dass dies nicht immer gelingt, bewies innerhalb des Genres zuletzt Wally Pfister mit seinem Regiedebüt «Transcendence», aber auch «Love»-Inszenator William Eubank dehnt in seinem zweiten Projekt «The Signal» seine sich selbst auferlegten Grundsätze munter aus. Dies beraubt seinem interessanten Werk jedoch keineswegs an Spannung; in seinem zunächst lethargisch anmutenden, zum Ende hin jedoch immer kraftvoller werdenden Science-Fiction-Filmchen untermauert Eubank seinen Status als hoffnungsvoller Newcomer und lässt das Publikum ordentlich miträtseln, was es mit der Ausgangslage auf sich hat.

Die Collegestudenten und Computerfreaks Nic (Brenton Thwaites) und Jonah (Beau Knapp) sind gemeinsam mit Nics Freundin Haley (Olivia Cooke) auf einem Trip durch den Südwesten der USA, als sie ein Signal ihres geheimnisvollen Hacker-Rivalen Nomad aufspüren. Ihre Suche führt sie in eine abgelegene, einsame Gegend Nevadas. In einem verfallenen Haus mitten im Nirgendwo glauben sie, Nomad gefunden zu haben, doch plötzlich wird Haley entführt und Jonah und Nic verlieren das Bewusstsein. Als Nic erwacht, befindet er sich offenbar in einem von der Außenwelt isolierten Forschungslabor. Er weiß nicht, was mit seinen Freunden passiert ist, und muss sich den unangenehmen Fragen eines mysteriösen Mannes (Laurence Fishburne) stellen. Was zuerst wie eine Verwechslung aussieht, wird für die drei Freunde schnell zu einem ausgewachsenen Albtraum.

Dass der Regieneuling bei seiner zweiten Arbeit lediglich ein Budget von zwei Millionen US-Dollar zur Verfügung hatte, bekommt man vor allem in den ersten zwanzig Filmminuten zu spüren. Erzählerisch unausgeglichen manövriert er seinen zum Großteil aus Youngstern bestehenden Cast durch allerhand Stimmungssequenzen, bedient sich am modernen Found-Footage-Stil und lässt visuell keine Zweifel aufkommen, dass er vor allem an der technischen Ausstattung sparen musste. Kein Hochglanz-Schnickschnack, kein CGI: Nahezu minimalistisch fängt Kameramann David Lanzenberg («Celeste & Jesse») die Szenerie ein. Der atmosphärischen Dichte tut dies keinen Abbruch, obgleich die vielen Zeitlupen, von denen «The Signal» im Laufe seiner rund 90 Minuten verdammt viele zu bieten hat, nicht zwingend hätten sein müssen. Imposant sind sie dennoch. Als viel ärgerlicher entpuppt sich in der Eröffnungsphase das behäbige Erzähltempo. Das Autorenteam, bestehend aus William und Caryle Eubank sowie David Frigerio («Wreckage») bemüht sich sichtlich darum, seinen Charakteren ein Profil zu geben. Dies gelingt aufgrund der weitestgehend seichten Dialoge jedoch nicht vollständig. Auch die Inszenierung lässt den guten Grundgedanken anfangs fast im Keim ersticken. Etwa dann, wenn sich der Filmemacher vereinzelt an totgelaufenen Horrorfilmklischees bedient und diese nicht einmal mit einem Augenzwinkern präsentiert. Aufgrund der Jugend-affinen und äußerst modernen Ausrichtung hätte der Film dies durchaus vertragen können.

Nach dem eingangs stark an «Chronicle» erinnernden Opening lässt sich «The Signal» fortan in mehrere Teile splitten. Sind die drei Hauptfiguren erst einmal in der laborartigen Einrichtung gefangen, erinnert das Setting nicht mehr an die verwackelten Szenen der ersten zwanzig Minuten, sondern präsentiert sich hochstilisiert und perfekt durchdesignt. Die kahlen Räume, die Anzüge der unheimlichen Männer: Ab sofort dominieren die Farbe Weiß, klare Linien und abstrakte Formen das Geschehen. Joseph Kosinski lässt grüßen! Dies führt nicht nur dazu, dass den Figuren in dieser kargen Umgebung jeglicher Bezug zur Realität abhanden kommt, sondern auch, dass sich keinerlei Anhaltspunkte über den Sinn und Zweck dieser Einrichtung ergeben. Laurence Fishburne («Contagion») tut in seiner unnahbaren, fast mechanischen Rolle sein Übriges, um dem Zuschauer sämtliches Wohlgefühl zu rauben und seinen jugendlichen Schützlingen das Fürchten zu lehren. Zu diesen gehören Brenton Thwaites, der zuletzt in einer kleinen Rolle in «Maleficent» zu sehen war, Serienstar Olivia Cooke («Bates Motel») als dessen Freundin Haley sowie Beau Knapp, der in «Super 8» bereits in ähnlich gelagertem Stoff zu sehen war. Thwaites kommt dabei die wichtigste Rolle zu. Als gehbehinderter, stets auf Krücken angewiesener Hacker Nick, dessen Computerkenntnisse in einer tollen Eröffnungsszene eingeführt werden, kommen ihm nicht nur die meisten Sympathien zu, sondern lassen ihn auch auf Basis des Skripts den ausgefeiltesten Charakter mimen. Was völlig misslingt ist dagegen der Versuch, seine Abhängigkeit von ebenjenen Gehhilfen aufzuzeigen: Eine Szene, in welcher Thwaites mit Kaffeebechern in der Hand das Gleichgewicht verliert, sorgt schon früh für unfreiwillige Lacher. Aber immerhin auch für die einzigen des gesamten Films. Olivia Cooke hat derweil nicht viel zu tun und spielt die zerbrechliche Freundin Nics in zurückhaltender Manier. Auch von Beau Knapp bekommt das Publikum nur wenig zu sehen, was er mit einer mitreißenden Schlussperformance jedoch auszugleichen weiß.

Während sich vor allem die ersten zwei Drittel des nur eineinhalb Stunden umfassenden Science-Fiction-Films aufgrund des Drehbuchs äußerst zäh anfühlen, kommt mit dem Beginn eines Fluchtversuchs Nics und Haleys endlich Leben in die Story - der Auftakt zu Part drei. Von nun an steigert sich das Tempo der Erzählung von «The Signal» nahezu im Minutentakt und steuert auf ein Bombastfinale hin, das Fans des Genres endgültig auf seine Seite ziehen wird. Dabei bremst William Eubank das Geschehen immer wieder bewusst aus und lässt das Publikum sich an beachtlichen Slow-Motion-Sequenzen ergötzen. Dass derartige Spielereien auch unter den minimalistischsten Bedingungen funktionieren können, beweist einmal mehr David Lanzenberg. Der Kameramann versteht sein Handwerk so perfekt, dass er den nicht allzu hochwertig wirkenden Kameraaufnahmen durch geschickte Perspektiven und Lichtwechsel einen beachtlichen Pomp verleiht. Eines der besten Schlussbilder des laufenden Kinojahres macht «The Signal» letztlich zu einem zwar schwer in die Gänge kommenden, aber fulminant endenden Stück Sci-Fi-Geschichte. Trotz einiger, das Handeln der Jugendlichen betreffender Logiklöcher, die leider nicht mit dem eingangs erläuterten "High-Concept"-Konzept erklärt werden können, lassen sich die Ereignisse mit dem buchstäblich letzten Take rückblickend erklären. Nur ein in sich geschlossenes Skript bekommt dieses schwierige Unterfangen hin.

Fazit: «The Signal» erzählt unter minimalistischen Bedingungen eine große Geschichte, für deren Gelingen der Cast vor und hinter der Kamera im Alleingang zuständig ist. Anfangs nicht zur Genüge ambitioniert verläuft der Auftakt schleppend, bis nach einiger Zeit ein Ruck durch den Film geht. Von nun an steuert der Streifen auf einen Schlussakkord hin, der für die nicht ganz gelungene Exposition vollends entschädigt. Mit der Schlusssequenz macht William Eubank gar Lust auf mehr, ohne bewusst die Vorlage für ein Sequel liefern zu wollen. Man mag sich gar nicht ausmalen, welche Möglichkeiten sich durch die Auflösung ergeben mögen...

«The Signal» ist ab dem 10. Juli bundesweit in den Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/71670
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