Hingeschaut

«Krömer»: Die Kackbratze ist zurück

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In Kurt Krömers neuer Late Night präsentierte sich vor allem Gregor Gysi als sehr unterhaltsamer Gast. Viel Neues gab es jedoch nicht.

Schon seit 2003 präsentiert der Komiker Kurt Krömer regelmäßig Shows, deren Grundprinzipien sich sehr stark ähneln. Die Hauptbestandteile waren sowohl bei der von 2003 bis 2005 gezeigten «Kurt-Krömer-Show» als auch bei seiner «Internationalen Show» stets Solo-Elemente wie ein kurzer Stand-Up zu Beginn, Einspielfilmchen und Interviews mit prominenten Gästen. An dieses - zumindest qualitativ - überzeugende Konzept rüttelt er auch bei «Krömer - Late Night Show» nicht, die ab sofort immer am späten Samstagabend im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird. Der heimliche Star der Auftaktfolge war allerdings Gregor Gysi.

Doch wer sich trotz allem auf ein paar Veränderungen eingestellt hatte, wurde überrascht: Nicht nur das Konzept bleibt hier quasi unangetastet, sondern auch optisch muss man genauer hinschauen, um überhaupt zu bemerken, dass keine weitere «Internationale Show» am Samstag ausgestrahlt wurde. Am deutlichsten bemerkte man dies noch am beinahe schon unangenehm großen Logo, das hin und wieder den linken unteren Bildrand verzierte und an Krömers neuem Outfit, das er gleich zu Beginn thematisiert. Er sei nun "viel seriöser geworden", da er eine erwachsenere Frisur habe, hätten die Medien kolportiert. Und da diese niemals irren, müsse er diesem Image nun auch gerecht werden, sagt er. Doch spätestens als in diesem Moment Dirk Bach in die Kamera springt, weiß der Zuschauer Bescheid: Krömer wird auch mit seiner zumindest dem Sendungstitel nach neuen Show ganz der Alte bleiben.

Nach einem kurzen und darüber hinaus auch eher durchschnittlichen Stand-Up kommt Krömer relativ schnell zu seinem ersten Gast. Mit Gregor Gysi von der Linkspartei hat er an diesem Tag tatsächlich einen in petto, der mit all seiner Erfahrung und Schlagfertigkeit locker in der Lage ist, dem wortgewandten Komiker die Stirn zu bieten - wenn auch nicht hinsichtlich der Körperlänge, worüber sich der Moderator zunächst lustig macht. Nachdem Gysi weitere eher unsinnige und durchaus provokante Fragen zur Beziehung von Oskar Lafontaine und Sarah Wagenknecht beantworten muss, dreht dieser spontan den Spieß um und fragt Krömer über Berufliches und Privates aus. Zwar bleibt dieses Interview ziemlich substanzarm, der Unterhaltungsfaktor ist jedoch vor allem aufgrund der verblüffend guten Interaktion zwischen Gast und Moderator in diesen Minuten sehr hoch. In einigen Momenten gelingt es Gysi sogar, sein Gegenüber kurzzeitig sprachlos zu machen.

Eine weitere Stärke der Sendung sind die Studioaktionen, in diesem Fall soll das Bett weggestellt werden, um ein Klavier für den später hinzustoßenden Helge Schneider dort positionieren zu können. Hierbei wirkt Gysi trotz aller Bekundungen, dass er in der ehemaligen DDR jahrelang körperlich belastende Arbeit verrichtet habe, etwas unbeholfen und unmotiviert, was aber aufgrund Krömers Reaktion nicht minder unterhaltsam ist. Nachdem die Bettgarnitur auf das halbe Studio verteilt und der Flügel endlich aufgestellt ist, stößt Schneider für eine knappe Viertelstunde noch hinzu. Einen wirklich guten Tag hat er allerdings nicht erwischt, nein es wirkt sogar eher so, als ob die Menschen vor und auf der Bühne von seinen Geschichten zunächst verwirrt und anschließend gelangweilt sind - ein Effekt, der sich bei jüngeren Auftritten des Komikers erstaunlich häufig einstellt. Als er jedoch ein "Lied" am Klavier vorstellen darf, ist er wieder voll in seinem Element. Zumindest für eine Minute.

Eine kleine Schwäche der ersten Ausgabe stellt auch der Einspieler da, bei dem Kurt Krömer ein Militärcamp in Kabul unsicher macht. So wirklich wollen hier seine recht sparsam eingesetzten Gags nicht zünden, eine solche Reise nach Afghanistan hätte sicher mehr Stoff hergeben können. Schlecht sind diese drei sehr kurzen Clips jedoch keineswegs, sie stören lediglich den Gesprächsfluss leicht. Für kleine Lacher sorgen auch zwei Personen aus dem Publikum, als einmal plötzlich mitten in der Sendung ein Handy zu klingeln beginnt und wenig später ein Mann auffällig schrill über einen Witz lacht. Krömer nutzt diese Gelegenheiten natürlich sofort, um dreist die Security zu bitten, Letzteren aus der Sendung zu entfernen. Die Zuschauerin, deren Mobiltelefon klingelt, bekommt selbiges aus der Hand gerissen - und amüsiert sich darüber leicht beschämt.

Alles in allem bekommt man bei «Krömer - Late Night Show» 45 Minuten sehr gute Unterhaltung geboten, die zwar nicht wirklich erkenntnisreich, aber dafür zu großen Teilen sehr witzig ist. Am besten ist der Moderator in seinen Interviews mit seinen Gästen, bei denen es zudem interessant zu beobachten ist, wie sie auf seine teilweise sehr dreisten Fragen reagieren. Veränderungen gegenüber vorherigen Formaten muss man jedoch mit der Lupe suchen, da diese quasi nicht existent sind. Somit wird Krömer wohl auch weiterhin seine Sendungen für ein relativ kleines Nischenpublikum machen, während die breite Masse am späten Samstagabend kaum ihren Weg ins Erste Deutsche Fernsehen finden wird. Problematisch dürften darüber hinaus auch die stark schwankenden Sendezeiten sein, denn in den kommenden Wochen wird das Format irgendwann zwischen 22:30 Uhr und 1:30 Uhr auf Sendung gehen - nicht besonders vorteilhaft beim Aufbau fester Sehgewohnheiten.

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