
Die Redaktion folgt einem klassischen Dokumentarfilm-Muster: Es werden Stationen in Berlin und Bremen gezeigt, darunter Raucherkneipen, die sich mit allerlei Tricks und juristischen Schlupflöchern dem Nichtraucherschutz entziehen. Ein Blick auf Schweden soll zeigen, wie es besser geht – doch gerade hier beginnt die Dokumentation zu schwächeln. Anstatt mit harten Fakten zu überzeugen, verlässt sich der Film auf vage Aussagen zur angeblich erfolgreichen Nichtraucherpolitik des skandinavischen Landes. Dass Snus, Vapes und Nikotinbeutel dort ein fester Bestandteil der Jugendkultur sind, wird zwar erwähnt, aber nicht analysiert. Es gibt weder eine fundierte Einordnung durch Experten noch belastbare Statistiken. Damit verschenkt der Beitrag wertvolle Möglichkeiten, das komplexe Thema differenziert zu beleuchten. Dabei spricht die Reporterin sogar mit der Suchtforscherin Louise Ådermark.

Ein weiteres Problem ist die dramaturgische Struktur. Der persönliche Fall von Frank Denecke, der durch das Rauchen schwer erkrankte, ist zwar emotional, aber erzählerisch weitgehend vorhersehbar. Geschichten wie diese gehören mittlerweile zum Standardrepertoire solcher Dokumentationen. Was fehlt, ist eine tiefere journalistische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Trends und psychologischen Mechanismen. Warum greifen Jugendliche wieder häufiger zur Zigarette? Ist es Rebellion, Gruppenzwang, Coolness oder einfach Langeweile? Gerade die Beobachtung, dass viele Jugendliche beim Warten auf den Bus oder in ihrer Freizeit rauchen, hätte eine spannende Grundlage für soziologische Einordnungen bieten können. Leider bleibt auch dieser Aspekt unkommentiert.
Die Stärke der Dokumentation liegt tatsächlich in den historischen Zusammenschnitten: Sie zeigen, wie lange über Rauchverbote debattiert wurde und wie groß der Einfluss der Tabaklobby einst war. Doch auch hier bleibt die Darstellung eher deskriptiv. Zwar gibt es Interviews mit politischen Entscheidungsträgern oder Lobby-Vertretern, doch diese spulen lediglich ihre grundlegenden Argumente ab. Der Verband meint, der Staat solle endlich Snus einführen. Die Politikerin sagt, der Staat nehme die Steuermilliarden gerne mit. Erkenntnisse gibt es keine.
Stilistisch ist die Produktion solide. Die Kameraarbeit ist ruhig, der Schnitt zurückhaltend und die Stimme aus dem Off ist sachlich. Doch es fehlt das Besondere – die Dokumentation zieht sich, obwohl sie mit rund 30 Minuten vergleichsweise kurz ist. Zu oft entsteht der Eindruck, dass bestimmte Punkte „abgehakt“ werden müssen, anstatt sie wirklich zu durchdringen. «Warum kein Rauchverbot?» ist eine Doku mit einem relevanten Thema, die aber hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Anstatt einer fundierten Analyse werden bekannte Argumente nur oberflächlich abgehandelt. Wer sich bereits mit der Thematik beschäftigt hat, wird hier kaum Neues erfahren. Die Reportage bleibt ein lauer Zug an einem heißen Thema – leider ohne nachhaltige Wirkung.
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