Die Kritiker

«Der letzte Bulle: Mord auf Distanz» (2x01)

von

Story


Der "letzte Bulle" trifft auf den "letzten Mohikaner" im wilden Westen. Im ländlichen Essen-Schuir wird ein gewisser Klaus Wollert in voller Westernmontur aus großer Distanz vom Pferd geschossen. Mick Brisgau und Andreas Kringge werden für die Ermittlungen angesetzt. Sie führen das Duo zur „Ruhr River Ranch“, einem Wildwestverein mitten im Ruhrpott. Ungewöhnliche Sitten und Lebensweisen der Menschen dort, die auf diese Art eine Abwechslung zu ihrem städtischen Alltag suchen, machen Kringge zu schaffen, doch Mick Brisgau fühlt sich gleich heimisch und freundet sich bald auch mit dem Vereinsgründer Tobias Henf an. Die neue Freundschaft bringt ihn auf die Spur des „Häuptlings“ Jürgen Tamm, der unter Verdacht gerät. Dessen „Squaw“ hatte nämlich ein Verhältnis mit dem Mordopfer. Doch auch Markus Wollert profitiert vom Tod seines Bruders Klaus. Ein nicht ganz durchsichtiger Fall für das Ermittlerduo Brisgau und Kringge.

Doch auch abseits des Mordfalls gibt es genügend Gesprächsbedarf. Zum Ende der ersten Staffel von «Der letzte Bulle» hatte Lisa, die Ex-Frau des nach 20 Jahren aus dem Koma erwachten „letzten Bullen“, den Mediziner Roland Meisner heiraten wollen, bis Mick Brisgau in die Kirche stürmt und ihr etwas ins Ohr flüstert. Danach geht alles ganz schnell und Lisa ist erst einmal lange verschwunden. Meisner gibt Mick Brisgau daran die Schuld. Da sie sich auch bei der Arbeit ständig in den Weg kommen, geraten sie immer häufiger aneinander, bis die beiden Streithähne schließlich die Fäuste schwingen lassen. Mick Brisgau ist derweil davon überzeugt, dass Lisa zu ihm zurück kommt.

Sein Chef Martin Ferchert, zudem ein Kumpel aus früheren Zeiten, ist derweil verzweifelt, weil Mick Brisgau keine Fortschritte im modernen Polizeileben macht. Er setzt auf ungewöhnliche Methoden: Entgegen dem Anraten der Psychologin Tanja Haffner stellt er Mick frei keine Fortbildungsmaßnahmen mehr machen zu müssen, was diesen zunächst freut. Kringge bekommt dafür einen Lehrgang nach dem anderen aufgebrummt, die er auch gerne annimmt. Mick Brisgau soll an ihm sehen, was Fortschritt bedeutet. Psychologin Tanja Haffner ist skeptisch und wettet mit Martin Ferchert, dass sein Plan nicht aufgehen wird.

Darsteller


Henning Baum («Mit Herz und Handschellen») ist Mick Brisgau
Maximilian Grill («Schloss Einstein») ist Andreas Kringge
Proschat Madani («R.I.S.») ist Tanja Haffner
Floriane Daniel («Winterschläfer») ist Lisa Brisgau
Robert Lohr («Stadt, Land, Mord») ist Roland Meisner
Luise Risch («Kind und Kegel») ist Isabelle Brisgau
Helmfried von Lüttichau («Die Akte Golgatha») ist Martin Ferchert

Kritik


Der Kniff an der Krimi-Serie, die auch mit einer gesunden Prise Humor aufwartet, liegt in der Konstellation begründet, dass die Hauptfigur Mick Brisgau 20 Jahre im Koma gelegen und nun wieder seinen Polizeidienst aufgenommen hat. Jeder technische Fortschritt ist an ihm vorbei gegangen, er steht auf die 80er Jahre und selbstredend auch die dortigen Gepflogenheiten. Dass sich auch das menschliche Miteinander in dem Wandel der Zeit und dem rasanten Fortschritt entwickelt hat, macht die Sat.1-Serie nur umso deutlicher, was ein sehr schöner Nebeneffekt ist. Dabei mutet es stellenweise komisch an, wie Mick Brisgau mit den modernen Alltäglichkeiten umgeht, die man vor 20 Jahren vielleicht noch nicht kannte – oder zumindest nicht in dieser Form. Und es soll auch komisch wirken, denn da man mit viel Witz an die Sache geht, kommt eine unterhaltsame Krimi-Serie dabei heraus, die nicht nur einen jeweils spannenden "Fall der Woche", sondern immer auch ein stückweit gesellschaftliche Kritik und etwas zum Schmunzeln bietet. In der ersten Staffel noch hat man sich voll und ganz darauf konzentriert dem Macho-Typ Mick Brisgau, den Schauspieler Henning Baum übrigens sehr überzeugend spielt, in der modernen Welt eine Orientierung zu geben. Damit ist er natürlich nicht sofort klar gekommen, angeeckt und auch mal vor Verzweiflung zurück geschreckt.

Es war mitunter sehr unterhaltsam mit anzusehen, wie der Charakter Mick Brisgau sich mal schwer tat, aber dann auch wieder auf eine sympathische Art und Weise bodenständig blieb. Obwohl der nach außen cool wirkende „letzte Bulle“ immer auch mal aus der Haut fuhr, aggressiv und laut wurde, so hatte er doch immer alle Sympathien des Zuschauers auf seiner Seite. Für seine Kollegen ist Mick Brisgau nach wie vor der beinharte, unkonventionelle Ermittler, den man mit Samthandschuhen anfassen muss, wenn es um seine große Liebe Lisa geht. Die markanten Merkmale der Krimi-Serie «Der letzte Bulle» sind auch in der zweiten Staffel erhalten geblieben.

Doch in das Drehbuch von Robert Dannenberg und Stefan Scheich scheint sich auch gewissermaßen so etwas wie Fortschritt eingeschlichen zu haben. Denn zum einen wird dieser in der ersten Folge für Mick Brisgau zum Thema, zum anderen aber scheint es so, als finde sich Mick Brisgau in der modernen Welt allmählich immer besser zurecht. Ist er im modernen Zeitalter der DNA-Analyse und der digitalen Ermittlungsmethoden zwar noch nicht vollständig angekommen, doch ist er auf dem besten Wege dahin. Eine ganze Staffel hat es also nur gebraucht, um Sätze wie „Für mich ist früher gestern, für dich sind es 20 Jahre“ über die Lippen zu bringen, auch wenn die Emotionalität auch weiterhin nicht die große Stärke der Hauptfigur ist.

Eine gewisse Entwicklung ist auch bei der Serienfigur Mick Brisgau zu erkennen. Lebte er in den ersten Folgen noch vollkommen die 80er Jahre, so hat er nun auch einen Zugang zur Neuzeit gefunden. Das hat Regisseur Sebastian Vigg auch mit der filmischen Musik untermalen lassen. In Staffel eins waren grundsätzlich nur Oldie- und Neue Deutsche Welle-Titel bei markanten Szenen im Hintergrund zu hören gewesen, was die Krimi-Serie letztlich auch auszeichnete, denn auch die Titelmelodie kommt von Iggy Pops „Real wild child“. Doch mittlerweile mischen sich auch moderne Chart-Hits wie „I Need a Dollar“ von Aloe Blacc in die Serie, die sicherlich auch unterstreichen sollen, dass der „letzte Bulle“ eine gewisse Entwicklung nach 13 Folgen hinter sich hat.

Doch keine Sorge: Großartig verändert hat sich die Krimi-Serie nicht. Mick Brisgau ist weiterhin der Macho, der die Klischees (wenn auch nicht mehr so häufig) bedient, der raubeinige Typ, der mit Verdächtigen auch mal nicht gerade zimperlich umgeht und dem das Gesetz mal eben egal ist – bestes Beispiel ist hier die Szene mit dem „Häuptling“ auf der „Ruhr River Ranch“, dessen Zelt er einfach umwirft, weil kein Durchsuchungsbeschluss vorliegt, dieser aber nur in geschlossen Räumen notwendig ist. Typische Brisgau-Sprüche, sind auch in der zweiten Staffel zu vernehmen und so hat «Der letzte Bulle» seine gute Qualität aus der ersten Staffel halten können. Und dass eine Figur wie Mick Brisgau sogar Entwicklungspotenzial hat, wie unschwer zu erkennen ist, kann der Serie nur gut tun. Denn so ist die Geschichte des nach 20 Jahren aus dem Koma erwachten „letzten Bulle“ nicht so schnell zu Ende erzählt.

Ein Kompliment ist ferner dem Schauspieler-Ensemble zu machen, denn auch die Nebencharaktere harmonieren gut und tragen die Nebengeschichten, die nur indirekt mit der Hauptfigur Mick Brisgau zu tun haben. Auch sie sind sich alle treu geblieben: Kringge ist auch weiterhin der eher smarte Partner von Mick, der sich mit der digitalen Technik wunderbar auskennt und somit das krasse Gegenteil von dem den Methoden der 80er Jahre nachtrauernden Brisgau. Doch gerade deswegen ergänzt sich das Team perfekt, was auch in der Serie immer mehr gelingt. Auch hier ist eine Entwicklung zu beobachten: Aus den zunächst völlig unterschiedlichen Typen, die so gar nicht miteinander wollte, ist nun ein fast kongeniales Duo geworden.

Psychologin Tanja Haffner behält auch nach dem Kuss mit Brisgau am Ende der ersten Staffel ihre Attitüde als emanzipierte Frau, die dem Macho-Typ durchaus Paroli bietet. Und Tochter Isabelle ist der eigentliche Grund, warum sich Mick Brisgau der heutigen Zeit nicht verschließt und dazu lernt. Letztlich kann man an «Der letzte Bulle» nur kritisieren, dass die Beziehungen der Figuren zueinander vielleicht nicht ganz so viel hergeben, wie man sich das erhofft. Viel wichtiger aber ist, dass «Der letzte Bulle» auch seinen Witz nicht verloren hat. Zu der guten Krimi-Unterhaltung kommt also auch weiterhin die erfrischende Portion Humor.

Sat.1 zeigt die zweite Staffel von «Der letzte Bulle» mit 13 neuen Episoden ab Montag, 14. März 2011 um 20.15 Uhr.

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