Hingeschaut

«Promi Big Brother»: Gesundheitsgefährdendes Mittelmaß

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Schlechte Gags in einer langatmigen Live-Show, in der der große Knall ausgeblieben ist. Quotenmeter hat sich den Auftakt von «Promi Big Brother» angeschaut.

Ein beliebtes Sprichwort in der Medienwelt ist ja, dass man die Feste feiern soll, wie sie eben fallen. Im vergangenen Jahr lief die zehnte «Promi Big Brother»-Staffel und in diesem Jahr läuft die Container-Show im zehnten Jahr. Vermutlich 2024 dann das große Jochen-Schropp-Jubiläum gefeiert, da dies sein zehntes Jahr als Moderator sein wird. Seit fünf Jahren führt er gemeinsam mit der «Frühstücksfernsehen»-Moderatorin Marlene Lufen durch die Live-Shows in Sat.1.

Schon seit Wochen versucht der Sender ein Event der Superlative aufzubauen. Nicht nur „Back to the Roots“ ist angesagt, indem die Ausstatter versuchten mit Möbeln aus der ersten Staffel zu glänzen. Auch ein Spähen bei der Konkurrenz ist angesagt: Während im Dschungel das Lagerfeuer brennt, um Wildtiere fernzuhalten, müssen die «Big Brother»-Bewohner Nachtwache halten und einen Button alle zehn Minuten drücken. Sollte das nicht gelingen, werden die Kollegen durch wilde Musik geweckt. Da waren die Effekte bei «Lost» im Bunker dann doch etwas spektakulärer.

Auch in diesem Jahr übernimmt EndemolShine Germany wieder die Produktion von «Promi Big Brother». Die Kollegen aus Köln liefern ordentliches Fernsehen ab, der Schnitt ist akzeptabel, die Einspieler sind professionell, aber so wirklich Spannung und Spaß will nicht wirklich aufkommen. Immerhin zieht sich die vierstündige Auftaktshow, in der das Publikum die üblichen Reality-Show-Verdächtigen einziehen sieht. Yeliz Koc, die 2022 bei «Kampf der Realitystars» mitmachte ist dabei, Matthias Mangiapane («Promis unter Palmen»), der «Bachelor» aus dem Vorjahr, Dominik Stuckmann, die «Köln 50667»-Schauspielerin Paulina Ljubas, die immer häufiger bei Sendungen wie «Temptation Island» mitmacht, Patricia Blanco kehrt ebenfalls zurück und Jürgen Milski soll bei den Ur-Fans für Stimmung sorgen. Mit Ron Bielecki, Philo Kotnik, Dilara Kruse, Marco Strecker und Manuela Wisbeck könnte man auch eine Normalo-Staffel produzieren.

Die neue Staffel wird nicht in einem Fernsehstudio gedreht, sondern man hat mehr als 30 Baucontainer aufgebaut. Warum sollte man auch in einem Studio drehen, wenn Produktionen auch in diesen wunderbar schönen weißen und engen Baucontainern möglich sind? Wieso werden überhaupt in diesem Land noch richtige Häuser gebaut, wenn man doch Baucontainer hat? Weil diese rechteckigen Stahlklumpen hässlich sind! Selbst die Innenausstattung ist völlig durcheinandergewürfelt, als hätten sich drei Kleinkinder eine wilde Sofa- und Tischlandschaft zusammenstellen dürfen. Das Interior ist in einer solchen Unterhaltungsshow das Unwichtigste, aber wenn man keine spannenden Geschichten hat, sollte die Container-Landschaft eben etwas hermachen. Es gibt so viele Programme, die der Mensch konsumieren kann, wieso sollte man diesen traurigen Haufen wählen?

Die Auftaktshow war nicht besonders kreativ und teilweise auch inkonsequent. Das Vorstellen der Kandidaten erstreckte sich über Stunden, dann wurde das Münz-Spiel für den Penny-Markt auf fünf Minuten und 55 Sekunden ausgeweitet, nur damit Iris und Peter Klein dann für 120 Sekunden shoppen dürfen? Weil das Ergebnis auch noch zu gut ausfiel (die Gruppe hat 39,95 Euro erspielt), sollten alle "Luxus"-Artikel nach der Nacht wieder aus dem Haus fliegen. Ein zweites von Robby Hunke moderiertes Spiel ging allerdings verloren, sodass die Promis weitere 24 Stunden mit Haferschleim vorliebnehmen müssen. Das ist gesundheitsgefährdende Mangelernährung.

Warum es einen weiteren Moderator braucht, ist fraglich. Denn Marlene Lufen und Jochen Schropp sind sicherlich nicht überbeschäftig. Das langjährige Duo verpasste es zudem einige entscheidende Regeln konsequent und verständlich zu erklären. Was hat es genau mit der Nachtwache auf sich? Das musste sich der Zuschauer erst weit nach Mitternacht aus dem Kontext erschließen. Hunke hingegen führte durch die Spiele mit steifen Moderationen und hölzernen Sätzen wie „Es ist so still hier, man kann den Promis beim Denken zusehen“. Offenbar ist die Akustik in der Kulisse dann aber so schlecht, dass viele Promis Hunke teilweise nicht verstehen konnten. Auch die tiefe und furchteinflößende Stimme von Big Brother geht zuweilen in der großen Gruppe auf kleinem Raum unter, sodass einige halbgare Gags im Nichts versandeten.

Überhaupt stößt eine Sache sauer auf: Peter und Iris Klein. Erst zog sich eine kleine Schlammschlacht durch die Klatschseiten der Republik, Peter zog dann am Samstag in das Haus ein. Am Montagabend kurz vor Mitternacht folgte seine aktuelle Ehefrau, die beiden leben allerdings in Trennung und haben sich eigenen Angaben zufolge seit Monaten nicht gesprochen. Vermutlich haben die Macher geglaubt, es sei eine furchtbar tolle Idee, sie auf engstem Raum – und für Peter Klein überraschend – zusammenzupferchen, sodass die beiden sich hoffentlich anschreien werden. Es ist das eine, wenn man Medienprofis wie Mangiapane oder Blanco gemeinsam in ein Haus steckt, aber es ist moralisch das allerletzte, wenn man mit dem offensichtlich traumatischen Streit von zwei Ehepartnern Quote machen will. Schlussendlich ist aber auch «Promi Big Brother» noch nie die Sendung gewesen, die die moralische Instanz des Fernsehens war. In diesem Jahr startete die Staffel unmittelbar nach dem «Sommerhaus» und hat mit «Das große Promi-Büßen» und «Forsthaus Rampensau» sogar hauseigene Konkurrenz. Die Unter-30-Jahren-Version von «Promi Big Brother» heißt «Germany Shore» und lockt die jungen Menschen zu Paramount+.

Moderiert wird dieses ideenlose Trauerspiel mit Jochen Schropp und Marlene Lufen. Das sind keine Moderatoren, sondern lediglich Ansager und Kommentatoren der zuvor gezeigten Bilder. Hier bekommen die Zuschauer keinen Wortwitz wie im Dschungel serviert, stattdessen wird Iris Klein viel zu häufig vor den Container gezerrt angekündigt und dann doch nicht reingeschickt, ehe sie gegen Ende der Sendung dann doch Teil der Gruppe wird. Und überhaupt nervt Jochen Schropps Begeisterung, die Menschen interessieren sich für den elften Aufguss von «Promi Big Brother». Glaubt Schropp wirklich, dass „ganz Deutschland“ miträtselt, wer da als Wildcard-Gewinner ins Haus wechselt? Oder die Nation die Doku-Soap des Vorjahresgewinners Rainer Gottwald bei DMAX schauen?

Schade: «Promi Big Brother» ist mittelmäßiges Trash-TV über das nur eingefleischte Fans wirklich reden. Die meisten Fernsehzuschauer werden es konsumieren, wenn es kommt, aber nicht außerhalb des Konsums wirklich darüber sprechen. Dafür gibt es zu viel Reality-Fernsehen.

«Promi Big Brother» ist jeden Tag bei Sat.1 zu sehen. Die Sendezeiten variieren.

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