Die Kritiker

«Friesland – Unter der Oberfläche»

von

Der Tod einer Hotelbesitzerin rückt Yunus Özlügül, den Bruder der Polizistin Süher Özlügül, in den Fokus der Ermittlungen, denn er ist von ihrem Ehemann am Tatort gesehen worden. Yunus hat aber eine durchaus glaubhafte Erklärung für seine Anwesenheit am Fundort. Dennoch scheint Yunus in den Fall involviert zu sein.

Stab

REGIE: Marc Rensing
BUCH: Markus B. Altmeyer
KAMERA: Sebastian Bäumler
MUSIK: Thomas Mehlhorn
PRODUCERIN: Melissa Graj
TON: Bennet Switala
SZENENBILD: Ralf Mootz
SCHNITT: Florian Drechsler
DARSTELLER: Sophie Dal, Maxim Mehme, Holger Stockhaus, Felix Vörtler, Theresa Underberg, Yuns Cumartpay, Tina Pfurr, Valerie Niehaus, Eva Meckbach, Stefan Konarske, Aljoscha Stadelmann
Die «Friesland»-Krimis leben von ihrer eher spröden Atmosphäre und einer ruhigen Erzählweise. Dies gilt auch für den inzwischen vierzehnten Spielfilm der Reihe, der eine simple Geschichte erzählt, diese jedoch mit zwei, drei Überraschungen unterlegt, welche die Story sicher über seine 90 Minuten Spielzeit tragen. Was auch gelingt, da eine Schwäche der Serie in diesem Film zurückgefahren wird. Eine Schwäche der Serie ist die Figur des Kommissars Jan Brockhorst. Der ist für gewöhnlich großspurig, laut, ignorant und eher ein Hemmschuh bei der Aufklärung der Fälle denn eine echte Hilfe. An sich ist die von Felix Vörtler dargestellt Figur der stete Antagonist der aufrechten Gesetzeshüter Henk Cassens (Maxim Mehmet) und Süher Özlügül (Sophie Dal). Irgendwann im Verlauf der Reihe ist dieser Antagonismus zum Selbstzweck geworden, dramaturgisch macht er nicht immer Sinn. In diesem Film nun muss sich Brockhorst aus zwei Gründen zurücknehmen. Zum einen taucht eine BKA-Beamtin auf, die ihn spüren lässt, dass er nur ein kleiner Provinzkommissar ist. Zum anderen ist ihm nach einer Feier seine Dienstwaffe abhandengekommen, was ihm nicht nur peinlich ist: Er weiß um die Konsequenzen, die dies nach sich ziehen kann. Aus diesem Grund agiert er nach dem Prinzip, nur keine Aufmerksamkeit erregen zu wollen und siehe da: Plötzlich kann Brockhorst durchaus differenziert agieren, ja er zeigt sogar kriminalistischen Spürsinn und Teamgeist: Was der Geschichte Dynamik verleiht, denn die Hauptfiguren beginnen mit- und nicht gegeneinander zu agieren.

Diese Geschchte beginnt mit dem Auffinden einer Leiche in einem neuen Hotel. Die Besitzerin liegt tot vor dem Tresen der Bar und Yunus, Sühers Bruder, wurde am Tatort gesehen. Dabei stimmt der Begriff Tatort nur bedingt, denn die Frau ist vergiftet worden und das besagte Gift kann ihr bereits vor Stunden verabreicht worden sein. Dennoch ist Yunus' Verhalten nicht gerade dazu geeignet, ihn von der Verdächtigenliste zu streichen, obschon er durchaus einen Grund für einen Besuch der Hotelbesitzerin gehabt hat. Yunus hat ein kleines Dienstleistungsunternehmen unter dem Dach des Bestatters Wolfgang Habedank gegründet. Er bietet Kunden eine „Digitale Nachlassverwaltung“ an. Er bekommt deren Zugangsdaten zu allen Accounts (Facebook, E-Mails, etc.), um im Falle ihres Todes diese Accounts zu löschen. Manche Geheimnisse möchte man eben über den Tod hinaus geheim halten. Diesbezüglich gab es etwas mit der Toten zu klären und Yunus war nur am falschen Tag am falschen Ort.

Oder vielleicht auch nicht?

Schleßlich ist da das Auftauchen der BKA-Beamtin Muriel Danneberg, die ausgerechnet im Hotel der Toten abgestiegen ist und zu deren Reiseutensilien eine ganze Waffensammlung gehört. Was sie in Leer will? Das verrät sie nicht, obwohl sie von Brockhorst Amtshilfe einfordert. Während sie mit Wolfgang Habedank einen Flirt beginnt, will der Ehemann der Toten wissen, welche Daten seine Frau vor ihm versteckt hat. Yunus aber fühlt sich seiner Mandantin verpflichtet und verweigert die Herausgabe der Passwörter.

Die Inszenierung lässt die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren. Die agieren weitestgehend im Autopilotmodus, was nicht zu kritisieren ist. Maxim Mehmet und Sophie Dal kennen ihre Figuren seit Jahren und sie definieren sie nicht neu, auch wenn Sophie Dal etwas Raum erhält, um die sorgende Schwester zu geben, die hin- und hergerissen wird zwischen der Liebe zu ihrem Bruder und ihren Pflichten als Polizistin. Und, und dies sei an dieser Stelle ausdrücklich lobend erwähnt, ihre Handlungen bleiben stets nachvollziehbar. Deutsche Kriminalfilme neigen dazu, Figuren in ähnlichen Situationen einen emotionalen Amoklauf vollführen zu lassen. Nicht selten agieren solche Figuren dann vollkommen out of character, dumm, neben der Spur (weil das Drehbuch das so will, ohne dass es die Geschichte wirklich begründen würde). Sophie Dals Süher Özlügül bleibt jedoch in ihren Handlungen so objektiv wie möglich. Dazu gehört, dass sie als Polizistin davon ausgehen muss, dass ihr Bruder unter Umständen mit dem Mord zu tun hat – oder dass er sich zumindest in Schwierigkeiten gebracht hat, die mit diesem Mord in Verbindung stehen: denn da gibt es eine Werbekarte, die Yunus verteilt hat. Eine unglücklich formulierte Karte, die unter Umständen jemand missverstanden hat, nämlich als eine Drohung der Art: „Ich weiß, dass du ein Geheimnis hast.“

Das alles ist recht launig in Szene gesetzt; wie in den Filmen der Reihe üblich, gibt es immer wieder Situationen, die jenseits aller Dramatik zum Schmunzeln anregen. Der Kriminalfall als solcher schlägt zum Ende hin einige überraschende Haken, die jedoch durchaus vorbereitet werden, sodass sie keine Wendungen der Wendungn willen erzeugen, sondern sich aus dem Geschehen heraus ergeben.

Fazit: Für Fans der Reihe ein angenehmes Wiedersehen mit alten Bekannten, für Zwischendurchgucker ein unterhaltsamer Samstagskrimi.

Am Samstag, 22. Januar 2022, 20.15 Uhr im ZDF

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