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Vom MA-Frust zur MA-Freude

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Schwere Zeiten für Radio-Macher Florian Wittmann – sein alsterradio verlor im Sommer 2013 laut Ausweisung mehr als die Hälfte der Hörer. Was dann passierte und wie sich der Sender aus der Krise kämpfte.

Es ist gute alte Tradition in den deutschen Funkhäusern: Die Tage, an denen die Radio-Media-Analyse veröffentlicht wird, sind ganz Besondere. Weiterhin werden die Ergebnisse morgens um kurz nach neun per Kurier an die Geschäftsleitung und Programmdirekton herangetragen – und nicht, wie inzwischen ebenfalls möglich – online via Mail. Die MA-Tage, einer im März und einer im Juli, entscheiden über das Wohl eines Senders in den kommenden Monaten. Sind die Hörerzahlen laut repräsentativer Befragung gestiegen, können die Werbeblöcke teurer verkauft werden, sind sie gesunken, wird weniger Geld verdient. „Es ist eine Mischung aus: Ich kann eh nichts mehr daran ändern und Hoffnung, dass es gute Zahlen gibt. Man schläft in der Nacht vor jeder Media-Analyse natürlich immer sehr schlecht“, erzählt Florian Wittmann (Foto) dem Magazin Quotenmeter.de.

Der 51-Jährige trägt die Verantwortung beim Hamburger alsterradio 106,8 rock ´n pop. Als Programmdirektor traf ihn die Media Analyse II 2013 schwer: Im Sommer wurde dem Sender attestiert, mehr als die Hälfte seiner Hörer verloren zu haben. Von vormals 64.000 Zuhörern in der durchschnittlichen Stunde waren noch 31.000 übrig. „Ich dachte ganz fatalistisch: Schlechter kann es nicht mehr werden. Aber dann muss man schnell wieder für seine Hörer Gas geben und ein gutes Programm abliefern“, so Wittmann.

Schlechte MA-Zahlen haben aber nicht nur Auswirkungen auf die Chefetage. Binnen Minuten spricht sich das Ergebnis in der kompletten Redaktion herum. „Die Frustration ist extrem hoch. Viele denken, ihre Arbeit des vergangenen halben Jahres war umsonst“, erinnert sich der 51-Jährige. Die Aufbauarbeit beginne deshalb sofort. Es helfe viel zu reden und wieder nach vorne zu schauen.

Da kommt es dem Radiomacher entgegen, dass Radio ein sehr schnelles Medium ist. Es gäbe schlicht keinen Redaktionsschluss, so Wittmann. „Da hat man nicht viel Zeit, um in Selbstmitleid zu zerfließen. Das ist auch gut so. Der Alltag hält schnell wieder Einzug und nach der MA ist vor der MA“, so der Programmdirektor des alsterradio. Aber: Schlüsse gezogen werden aus einer versauten MA dennoch. Die Analyse solcher Ergebnisse aber dauert Wochen, wenn nicht gar Monate. Florian Wittmann: „Erst mal muss man ja analysieren, woher kommen die Verluste? Sind wir schlecht oder ist die Konkurrenz einfach (zu) gut oder besser geworden? Blinder Aktionismus hilft überhaupt nicht, alle Änderungen wollen wohl überlegt sein.“

Erst mal muss man ja analysieren, woher kommen die Verluste? Sind wir schlecht oder ist die Konkurrenz einfach (zu) gut oder besser geworden? Blinder Aktionismus hilft überhaupt nicht, alle Änderungen wollen wohl überlegt sein
alsterradio-Programmdirektor Florian Wittmann über die Zeit nach der verkorksten Radio MA 2013 II
Obendrein muss geklärt werden, in welchem Befragungszeitraum die große Schwäche auftrat. Und man muss sich dann bewusst sein, dass es verdammt schwer wird, ein schlechtes Ergebnis sofort umzudrehen. „Das liegt hauptsächlich an der Mechanik der MA. Jedes Jahr werden zwei Wellen, also zwei Befragungszeiträume, erhoben. Im Frühjahr werden die beiden Wellen addiert. Aus dem Durchschnitt errechnet sich das Ergebnis. Im Sommer sind es dann die zweite Welle des Vorjahres und die erste Welle des aktuellen Jahres. Auch hier wird der Durchschnitt gebildet und das Ergebnis errechnet. Das heißt also, Maßnahmen, die man direkt nach einer MA trifft, helfen immer nur zum Teil für die darauffolgende MA“, erklärt der alsterradio-Macher.

Nach der schlechten Sommer-MA veranlasste Wittmann die nach eigener Aussage größte Hörerbefragung in der Geschichte der Radio-Station. „Neben einem neuen On-Air-Design wie Jingles und Soundpaketen, wurde daraufhin vor allem das Musikprofil geschärft. So wurde ab Mitte vergangenen Jahres wieder konsequent auf Rock `n Pop gesetzt. Die Öffnung zum austauschbaren Mainstream-Pop in 2012 war ein Fehler“, so Wittmann zu Quotenmeter.de. Zudem wurde die beliebte Morgen-Sendung «Maren & AC» wieder zurückgeholt. Der Morgen gilt als Primetime im Radio, „daher ist es für jeden Sender wichtig, dort gut aufgestellt zu sein. Die aktuellen Hörerzahlen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und spornen uns zugleich an, unser Programm täglich noch besser zu machen“, so Wittmann. Denn: Die in der vergangenen Woche veröffentlichte Media Analyse bescheinigte dem Hamburger Sender ein Plus von über 50 Prozent auf nun 47.000 Hörer in einer durchschnittlichen Stunde.

Mehr zum Thema... Maren & AC
Kurz-URL: qmde.de/69406
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