Die Kritiker

«JFK – Der letzte Tag»

von

«JFK – Der letzte Tag» überzeugt mit einer erfrischenden Schlichtheit was das Thema „Kennedy-Attentat“ angeht, stellt sich allerdings durch sein teilweise explizites Material selbst ein Bein.

Inhalt:


Ein Kreuz markiert die Stelle an der John F. Kennedy vor 50 Jahren erschossen wurde. Was geschah an diesem 22. November 1963 in Dallas? Alte Filmaufnahmen, Interviews und Erinnerungen von Augenzeugen zeichnen diesen tragischen Tag nach. Insbesondere Clint Hill, ein damaliger Secret Service Agent, erzählt detailliert von den Geschehnissen vor, während und nach dem Attentat auf den 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Kritik:


«JFK – Der letzte Tag» ist ein Titel, der beispielhaft für den Inhalt des Programms ist. Denn diesen letzten Tag John F. Kennedys sowie die Trauer, die mit dem Attentat an Selbigem einherging, versucht die JFK-Doku so minutiös wie nur möglich darzustellen – nicht mehr und nicht weniger. Anders als zahlreiche Bücher oder Dokumentationen kommt «JFK – Der letzte Tag» erfrischend schlicht daher und versucht sich, in Distanz zu etlichen Verschwörungstheorien, lediglich an einer detaillierten Beschreibung des Tageshergangs.

Eine große Bereicherung sind dabei die Interviews mit direkten Beteiligten in Bezug auf das Kennedy-Attentat. Der Arzt, der versuchte John F. Kennedys Leben zu retten, ein Secret-Service-Agent, der mit dem Schutz des Präsidenten beauftragt war, ein zu Unrecht beschuldigter Mann, welcher gleichzeitig Kollege des mutmaßlichen Attentäters Lee Harvey Oswald war, sowie die Frau, die unwissend Letzteren beherbergte, und etliche weitere direkte Augenzeugen der Tat gewähren selten vermittelte Eindrücke rund um das Kennedy-Attentat.

Während die Doku sich in den ersten 15 Minuten darum bemüht, den Zeitgeist aufzugreifen und den Zuschauer ins Texas von 1963 zu transportieren, stellen die restlichen rund 38 Minuten einen deutlichen Bruch mit der bisherigen Erzählweise dar. Die fast schon romantische musikalische Untermalung der rund 10 Minuten nach einer kurzen Einleitung, wechselt für den gesamten Verlauf des Programms in einen dezenten, düsteren Score, der dem Programm eine tragische Einfärbung gibt und die seltenen, alten Aufnahmen des 22. Novembers 1963 in ein bedrückendes Licht rückt. Direkt nach diesem recht abrupten Wechsel bedient sich «JFK – der letzte Tag» an bisher kaum gezeigten Video-Aufnahmen der Gewehrschüsse auf John F. Kennedy, die durch ihre explizite Natur und brutale Echtheit zunächst große Zweifel an der Primetime-Tauglichkeit des Materials aufkommen lassen. Auch die später präsentierten Bilder des Leichnams des Präsidenten auf einer Krankenhausliege und Aufnahmen des Mordes am mutmaßlichen Täter Oswald durch einen aufgebrachten Bürger sind von verstörender Natur. Das ist nicht per sé schlecht, solange die Umstände der Tat ausgiebig aufgearbeitet werden würden.

Der löbliche Ansatz sich nicht an den unzähligen Verschwörungstheorien im Rahmen dieses schwarzen Tages in der US-amerikanischen Geschichte zu beteiligen, wird allerdings stark durch diese realen Zeugnisse der Gewalt getrübt. Die in den letzten drei Vierteln ziemlich düstere Erzählweise der Dokumentation erregt im Zuschauer eine Gier nach Hintergründen und Motiven der Tat, die die Doku durch die bis heute mangelhafte Befundlage schlichtweg nicht liefern kann. Der Versuch, das Leben und die Intention Lee Harvey Oswalds zu beleuchten, bleibt stark oberflächlich, da die Erklärungen sich gegenwärtig immer noch zu großen Teilen auf unwissenschaftliche Spekulationen beschränken, von denen sich «JFK – Der letzte Tag» ja bewusst distanzieren will. Das ist gleichzeitig der einzige große Fehler der Doku, der durch die expliziten Darstellungen die nach Hintergründen suchenden Zuschauer somit indirekt an die Verschwörungstheoretiker verweist.

Nichtsdestotrotz präsentiert «JFK – Der letzte Tag» den Fernsehenden einige Leckerbissen. Neben den bereits erwähnten hochinteressanten Interviewpartnern und den selten verbreiteten Aufnahmen vom November 1963, gewährt die Sendung durch Ausschnitte eines Audiotagebuchs auch Einblicke in das Seelenleben der neuen First Lady Bird Johnson, die ein häufiger Begleiter der Kennedys war. Aufnahmen von verschiedenen Nachrichtensendungen wie den CBS News verdeutlichen zudem die Schockstarre einer ganzen Nation. Was bleibt ist, dass «JFK – Der letzte Tag» den Fernsehzuschauern ein Gefühl dafür vermittelt, wie es im Seelenleben der Zeitzeugen des Winters 1963 aussah. Fast sämtliche Zuseher werden sich nach der Sichtung im Klaren darüber sein, warum die grausame Tat an John F. Kennedy noch 50 Jahre danach im kollektiven Gedächtnis verankert ist.

«JFK – Der letzte Tag» läuft am 21. November ab 20.10 Uhr bei N24. Ab 21.15 Uhr folgt eine weitere Kennedy-Doku mit dem Titel „Die Kennedy-Verschwörung: Tatort Dallas“, die versucht mit aufwendigen Computersimulationen den Tathergang aufzuklären.

Lesen Sie zum Thema JFK auch: Unsere Kritik zu «Killing Kennedy» des National Geographic Channel.

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