Kino

Kino-Prequels – Der leichte Weg zum Kinofilm?

von
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Kino-Experte Sidney Schering zeigt die geschichte Entwicklung der Prequels auf und erklärt, ob diese Fortsetzungen ein Glücksgriff für Hollywood sind.

Der Aufstieg des Bösen


Sicherlich ein wenig von «Der Pate - Teil II» inspiriert, verfasste Joseph Stefano, der Autor des Hitchcock-Klassikers «Psycho» von 1959 das Drehbuch zu einer Fernsehfortsetzung mit dem gealterten Anthony Perkins in seiner Paraderolle als Norman Bates. Der 1990 erstmals ausgestrahlte «Psycho IV - The Beginning» fungierte zugleich als Prequel: Bates ruft in einer Seelsorge-Radiosendung an, wo er der Moderatorin von seiner (dem Zuschauer in Rückblenden gezeigten) Kindheit und seinem Ödipuskomplex erzählt. Drehbuchautor Stefano ignorierte aus zutiefst persönlicher Abneigung die in «Psycho II & III» etablierte Kontinuität, was bei den professionellen Kritikern zwiegespaltene Reaktionen hervorrief – ein Problem, dem sich Prequels sehr häufig stellen müssen.

«Psycho IV - The Beginning» markierte den Beginn einer ganzen Reihe von Horror-Prequels, die von Fans allesamt sehr schlecht aufgenommen wurden. Ob der von Michael Bay produzierte und in Deutschland stark gekürzte «Texas Chainsaw Massacre: The Beginning», die eine faszinierende Produktionsgeschichte teilenden «Der Exorzist»-Prequels «Dominion: Exorzist – Der Anfang des Bösen» und «Exorzist: Der Anfang», «Ginger Snaps III: Der Anfang» oder «Hannibal Rising», sie alle fielen bei Kritikern und dem Publikum durch. Einzig der japanische Horrorfilm «Ring 0» erhielt wegen seiner dichten Atmosphäre im Vergleich zu anderen Horror-Prequels richtig positive Reaktionen.

Die praktisch universell verhassten Horror-Prequels werden durch mehrere Kritikpunkte vereint. Zunächst sind sie zumeist nachgeschobene Fortführungen ausgetretener Filmreihen und leiden dadurch an den selben Schwächen, wie aus kommerziellem Kalkül gedrehte Fortsetzungen: Es fehlt an künstlerischer Ambition, an dem nötigen Budget und zumeist an den Talenten, die diese Reihe erst groß gemacht haben. Dem ist jedoch noch nicht genug, und so müssen diese Prequels ein weiteres Päckchen tragen: Sie graben in der Mythologie ihrer beliebten Filmreihe, und von den viel zu schnell verbrochenen Angriffen auf die Kontinuität machen sie sich dadurch schnell eines anderen Verbrechens schuldig. Sie nehmen dem Bösen, sei es ein blutdurstiger Killer oder ein schwer erklärlicher Fluch, den Schrecken. Was nicht nur in einen schwachen Film resultiert, sondern im übelsten Fall auch die zuvor verwirklichten Produktionen in einem schlechteren Licht dastehen lässt.

Dass trotz der regelmäßigen Fanschelte immer wieder Prequels im Horror-Sektor entstehen, ist schnell erklärt. Einerseits sind sie viele von ihnen natürlich nichts weiteres als schnell und mühelos verdientes Geld. Die grobe Hintergrundgeschichte ist eventuell schon vorgegeben, weshalb das Drehbuch schnell geschrieben ist, und durch den Zeitsprung zurück hat man auch eine perfekte Ausrede, weshalb man jemanden wie Anthony Hopkins durch wesentlich jüngere und günstigere Darsteller ersetzt. Aber man muss nicht völlig in die zynische, doch häufig leider auch wahre, Ecke der reinsten Kommerzgier drängen, um Beweggründe für Prequels zu finden. So üben die Schurken in Horrorfilmen und Thrillern oft die größte Faszination auf die Zuschauer aus. Es klingt viel versprechend, diesen Figuren einen ganzen Film zu widmen und ihre erschreckende Vergangenheit auszuleuchten. Manche Filmemacher streben damit vielleicht sogar an, diesen schurkischen Figuren etwas Menschlichkeit zu verleihen. Nur wirkt diese Schöpfung neuer Charaktertiefe viel häufiger gezwungen, als natürlich. Was Sergio Leone in «Zwei glorreiche Halunken» in einem eigenständigen Film en passant vollbrachte, ist in den meisten Prequels der alleinige Dreh- und Angelpunkt. Das ist nicht nur forciert, sondern schreckt auch unwissende Zuschauer ab.


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