Die Kritiker

«David und Goliath»

von

Ein neuer Zweiteiler im Ersten bringt am Mittwoch frischen Wind in den tristen Klinikalltag: und will vor allem den Mensch ins Zentrum rücken.

Stab

Darsteller: Lou Strenger, Louise C. Tscharre, Carlo Ljubek, Andreas Schröders, Sohel Altan Gol, Tristan Seith
Musik: Roman Fleischer und Tim Schwerdter
Kamera: Timm Lange
Drehbuch: Maike Rasch
Regie: Janosch Chávez-Kreft
Manchmal sind es die besten Absichten, die ein Projekt ins Stolpern bringen. Der ARD-Zweiteiler «David und Goliath» von Janosch Chávez-Kreft (Regie) und Maike Rasch (Drehbuch) ist ein solcher Fall. Er wagt sich an ein hochaktuelles Thema – die seelische Belastung im Klinikalltag, das Schweigen über Überlastung, das Ringen um menschliche Nähe in einer Institution, die auf Effizienz getrimmt ist. Das Stück will nicht weniger als die Enttabuisierung psychischer Krisen in einer Arbeitswelt, die an ihre Grenzen stößt. Ein ehrenwertes Ziel. Doch der Weg dorthin wirkt zu oft hölzern.

Im Zentrum steht Dina Schwarz (Lou Strenger), Psychotherapeutin wider Willen, die in der Essener Klinik ein Amt übernimmt, das von vornherein zum Scheitern verurteilt scheint: Sie soll allein für die psychosoziale Betreuung von viertausend Mitarbeitenden verantwortlich sein. Strenger spielt diese Figur mit Energie und einer gewissen Unbeirrbarkeit, die glaubhaft macht, dass Dina tatsächlich gegen Windmühlen anrennen könnte. Doch der Plot überzieht ihre Mission mit einer Überfrachtung von Konflikten, familiären Nebenhandlungen und wohlmeinenden Botschaften, die dem Erzählfluss immer wieder das Tempo nehmen.

Die stärksten Momente gewinnt der Zweiteiler aus seiner Beobachtung des Krankenhausbetriebs. Wenn Dina durch die Flure geführt wird, wenn sie auf das stille Misstrauen der Pflegerinnen trifft oder an der kalten Wand des Oberarztes Schultholz (Carlo Ljubek) abprallt, dann spürt man den Druck, unter dem das Personal steht. Auch die Figur Nathan Freye (Tristan Seith), ein Intensivpfleger mit gescheitertem Suizidversuch, verleiht der Geschichte Schwere und Authentizität. Gerade hier wäre jedoch weniger pädagogische Absicht, mehr Zurückhaltung wünschenswert gewesen.

Das Drehbuch vertraut seinen Figuren dabei leider nur selten. Immer wieder muss Dina in erläuternden Sätzen erklären, was man längst verstanden hat: dass niemand unverwundbar ist, dass Zuhören heilsam sein kann, dass Strukturen starrer sind als Individuen. Die didaktische Geste wird zur Bürde, die den dramatischen Kern schwächt. Dabei hätten die Darsteller – Strenger ebenso wie Ljubek oder Ulrike C. Tscharre als Klinikdirektorin – die Kraft, diese Themen auch im Subtext zu tragen.

Teil zwei, Sendetermin eine Woche später, verschärft das Problem noch weiter: Der Tod eines Patienten, der Verdacht eines Behandlungsfehlers, die Eskalation im Privatleben der Heldin – alles wirkt wie ein dramaturgischer Wettlauf, der zugleich die moralische Überlegenheit der Hauptfigur unterstreichen soll. Was als Drama über Verantwortung und Menschlichkeit gedacht ist, droht so zum überdeutlichen Lehrstück zu werden.

Trotzdem ist «David und Goliath» kein Missgriff. Der Zweiteiler hat seine Momente der Klarheit, seine gelungenen Bilder, sein Gespür für die Mühsal des Alltags. Die Musik von Roman Fleischer und Tim Schwerdter legt sich unaufdringlich, aber wirkungsvoll unter die Szenen. Kameramann Timm Lange findet ruhige Einstellungen, die den Kontrast zwischen klinischer Kühle und menschlichem Ringen betonen.

So bleibt ein Zweiteiler, der in seiner Ambition überzeugt, in seiner Umsetzung aber leider enttäuscht. «David und Goliath» will das Schweigen brechen – und gerät doch selbst ins Schwanken zwischen Erzählkunst und Botschaft. Für das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist das ehrenwert, aber nicht immer sehenswert.

Der erste Teil von «David und Goliath» wird am Mittwoch, den 24. September um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt. Der zweite Teil folgt eine Woche später am 1. Oktober zur gleichen Sendezeit.

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