Filme des Grauens

«Happy Gilmore 2»

von

Adam Sandler scheitert an seinem eigenen Kult. Die Abrufzahlen sind unverständlich gut.

Fast drei Jahrzehnte nach dem ersten «Happy Gilmore» schien es wie eine logische, wenngleich riskante Entscheidung: Adam Sandler bringt seinen legendären Golf-Rüpel zurück. Netflix versprach eine Mischung aus Nostalgie, Sportkomödie und modernem Streaming-Spektakel. Am 25. Juli 2025 war es so weit – «Happy Gilmore 2» erschien beim Streamingriesen und landete sofort auf Platz eins der Netflix-Charts. Doch die Kritiken? Verheerend. Das, was als Triumph für Sandler und sein Produktionshaus Happy Madison geplant war, entpuppte sich für viele Beobachter als künstlerisches Desaster.

Schon die Handlung liest sich wie eine überdrehte Soap: Happy, mittlerweile verwitwet, vom Leben gezeichnet und alkoholabhängig, soll zurück in den Golfsport finden, um seiner Tochter ein Pariser Ballettstudium zu finanzieren. Es folgen Exzesse, Abstürze und eine Turnierstruktur, die den ursprünglichen Witz des Originals aufblähen soll, aber in erster Linie konfus wirkt. Statt klarer Komödie driftet der Film in ein Wirrwarr aus Familiendrama, Slapstick und Sport-Satire ab.

Während die Story im Kern tragisch sein will – Happy hat seine Frau versehentlich mit einem Golfball getötet –, serviert der Film Szenen, die unfreiwillig grotesk wirken. Trauerarbeit und Klamauk stehen nebeneinander, ohne dass je eine Balance gefunden wird. Besonders die zahlreichen Cameos von Golfstars und Prominenten wirken wie Füllmaterial, das die dünne Handlung übertünchen soll.

Der Humor bleibt das größte Problem. Was in den 90ern noch mit anarchischem Charme funktionierte, wirkt 2025 wie ein müdes Recycling von Witzen über Bier, Schläge und Golfbälle im Gesicht. Kritiker wie Frank Scheck vom „Hollywood Reporter“ monierten, dass der Großteil des Films aus immergleichen Slapstick-Szenen bestehe. „Nach 90 Minuten Golfball-Treffer weiß man, wie sich die Figuren selbst fühlen“, so sein Fazit.

Sandler verlässt sich zu sehr auf die „Happy Place“-Nostalgie des Originals. Doch statt eine clevere Aktualisierung vorzunehmen, wie es bei anderen Reboots versucht wurde, präsentiert der Film bloß alte Gags in neuer Verpackung. Das Running Gag-Motiv, dass Happy jede erdenkliche Alltagsgegenstand als Alkoholgefäß missbraucht, zieht sich durch die Geschichte – und nutzt sich nach wenigen Minuten ab.

Ein weiteres Problem ist die inflationäre Zahl von Gastauftritten. Von Brooks Koepka über Rory McIlroy bis hin zu Guy Fieri oder Influencerin Alix Earle – kaum eine Szene vergeht, ohne dass ein bekanntes Gesicht durchs Bild huscht. Für Netflix mag das als Social-Media-Futter funktionieren, filmisch jedoch wirkt es beliebig. Statt eine Geschichte zu erzählen, reiht sich «Happy Gilmore 2» aneinander wie ein Promi-Karussell. Dabei verkommt der einst scharf gezeichnete Rivalitätsplot mit Shooter McGavin zu einem Nebenstrang, der nur durch Christopher McDonalds Spielfreude punktet. Ihm gelingt es zumindest ansatzweise, alte Dynamiken zurückzuholen. Doch auch er kann den Film nicht retten.

Die Resonanz der Fachpresse fiel entsprechend ernüchternd aus. Rotten Tomatoes verzeichnete zwar rund 64 Prozent positive Stimmen – getrieben vor allem von Sandler-Fans –, doch die Tonlage vieler Rezensionen war klar: «Happy Gilmore 2» sei künstlerisch ein schwaches, überladenes Werk. Richard Roeper von „RogerEbert.com“ sprach von „stupider Energie“, die zwar vereinzelt unterhalte, aber keinen filmischen Wert habe. Andere Kritiker warfen Sandler vor, seinen Netflix-Deal lediglich zu nutzen, um Freunde, Familie und Sportstars auf die große Bühne zu hieven – ohne inhaltlichen Anspruch. Liz Shannon Miller von „Consequence“ war milder, lobte einige frische Plotideen, doch auch sie konnte nicht über das Urteil hinwegtäuschen: «Happy Gilmore 2» sei vor allem für Hardcore-Fans erträglich.

So schwach die Kritiken, so stark die Abrufzahlen. Mit knapp 47 Millionen Views innerhalb weniger Tage wurde «Happy Gilmore 2» zur erfolgreichsten US-Netflix-Premiere des Jahres. Für den Streamingdienst war das ein Triumph: Nostalgie zieht, auch wenn die Qualität zweitrangig bleibt. Sandlers Happy Madison Productions liefert seit Jahren zuverlässig Filme, die zwar kaum künstlerisches Renommee, dafür aber massenweise Klicks bringen. Doch langfristig könnte sich dieser Kurs rächen. Während andere Studios versuchen, Streaming-Filme auf Kinoniveau zu heben, bestätigt «Happy Gilmore 2» einmal mehr das Klischee von Netflix-Komödien: schnell produziert, prominent besetzt, aber erzählerisch wertlos. In einem Jahr erinnert sich niemand mehr an den Spielfilm.

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