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«Die Erschöpften»

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Wenn Urlaub zur Therapie wird: Eine neue Hörspielserie mit Tom Schilling als erschöpfter Urlaubskandidat – Satire trifft Gesellschaftsanalyse.

Deutschland im Jahr 2026: Wer Urlaub machen will, muss zuerst zum Arzt. Der Grund? Die Bevölkerung ist so erschöpft, dass sie sich im Urlaub gar nicht mehr erholen kann. Willkommen in der Welt von «Die Erschöpften», der neuen zehntteiligen Hörspielserie von Oliver Sturm, die ab dem 28. April 2025 in der ARD Audiothek und am 3. Mai 2025 im linearen Radioprogramm startete.

Mit einem Starensemble um Tom Schilling in der Hauptrolle als Sven Schmitz, nimmt uns die Serie mit in eine satirisch zugespitzte Dystopie, in der Erholung staatlich verordnet und kontrolliert wird. Wer das nötige Maß an „Urlaubsfähigkeit“ nicht erfüllt, wird in ein Sanatorium verlegt – eine sogenannte Pre-Holiday-Klinik. Hier beginnt eine groteske Therapie, irgendwo zwischen Achtsamkeit, Detox-Kuren, Bürokratie-Wahnsinn und Selbstoptimierungszwang.

Autor und Regisseur Oliver Sturm, bekannt für seine tiefgründigen und vielschichtigen Hörspielinszenierungen, nimmt mit «Die Erschöpften» gleich mehrere gesellschaftliche Entwicklungen aufs Korn: die kollektive Überforderung, den Wellnesswahn, den Erschöpfungskult und die zunehmende Absurdität von Gesundheits- und Arbeitswelt. Dabei orientiert sich die Serie nicht nur lose am großen Vorbild Thomas Manns „Zauberberg“, sondern feiert auch dessen 150. Geburtstag mit einem liebevollen wie bissigen Update der Sanatoriums-Metapher.

Sven Schmitz, gespielt von Tom Schilling, wird zum modernen Hans Castorp, der – statt Tuberkulose – mit innerer Leere, digitaler Reizüberflutung und beruflichem Burnout kämpft. In der abgeschlossenen Welt der Klinik trifft er auf ebenso erschöpfte wie exzentrische Mitpatienten: unter anderem Clawdia Chauchat (Jeanette Spassova), Cleo (Marleen Lohse) oder Prof. Behrens (Sebastian Blomberg). Ihre Gespräche, Rückzüge und Therapien bilden das seismografische Zentrum dieser Serie – mit leiser Ironie, gelegentlicher Absurdität und kluger Gesellschaftsdiagnose.

«Die Erschöpften» ist kein klassisches Drama, sondern eine klug gebaute Satire mit ernsten Untertönen. Die Serie spielt mit unseren Vorstellungen von Erholung, Leistung, Klimabewusstsein und Konsumverzicht. Der übergeordnete Clou: Die neue Regelung, die eigentlich dem Schutz des Menschen dienen soll, entlarvt sich schnell als weiterer Kontrollmechanismus – eingebettet in eine grüne Utopie, in der selbst das Reisen reglementiert ist. Satire, Dystopie, Gesellschaftsanalyse – selten war ein Hörspiel so gegenwärtig und so unterhaltsam zugleich.

Inszeniert wurde das Projekt von Oliver Sturm mit der gewohnten Raffinesse: musikalisch begleitet von Andreas Bick und Andreas Völker, technisch brillant umgesetzt von Jean Szymczak. Die Dramaturgie stammt von Michael Becker (NDR) und Sabine Küchler (DLF), die Produktion liegt beim NDR und Deutschlandfunk.

Wer sich von dieser Serie unterhalten lässt, wird nicht nur lachen, sondern auch nachdenken – über das eigene Verhältnis zu Arbeit, Freizeit und den ständigen Drang zur Selbstoptimierung. «Die Erschöpften» ist eine Einladung, unsere eigene Erschöpfung nicht nur zu erkennen, sondern auch zu hinterfragen. Und vielleicht ist es am Ende nicht der Urlaub, sondern das Innehalten, das uns heilt.

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