Debatte

«Leeroy will’s wissen!» ist zum Glück nicht mehr bei FUNK

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Der Reporter Leeory Matata interview seit Jahren Menschen, die entweder abnormale Hobbys haben oder nicht normal aussehen. Sein Format ist eines der schwächsten des Content-Netzes funk.

Der Südwestrundfunk (SWR) setzt sich seit vielen Jahren für zahlreiche jungen Menschen ein. Beispielsweise gab die Anstalt nach und beerdigte sein einsplus, um mit ZDFkultur Platz für das Jugendnetzwerk funk zu machen. Zahlreiche Projekte wurden zwischenzeitlich wieder eingestellt, aber seit knapp fünf Jahren hat Leeory Matata sein eigenes Gesprächsformat. Seit über zwei Jahren gehört «Leeroy wills wissen!» zum Angebot des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Doch die Produktion von CLM Create Live Media für die ARD-Anstalt, die in Baden-Baden sitzt, ist trotz hoher Reichweiten inhaltlich sehr flach. Da muss man sich schon fragen, warum solche Produktionen, die zwar inhaltlich spannend sein können, aber durchaus platt sind, überhaupt Gelder bekommen sollten. Klar, Leeroy hat über 2,4 Millionen YouTube-Abonnenten, aber nur weil etwas erfolgreich ist, muss es noch lange nicht finanziert werden. Zudem ist es nicht die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beliebte Inhalte zu vergrößern, sondern eine Informationsgrundlage zu geben und Kanäle und Macher, die spannende Storys herstellen, zu fördern.

Die Clips, die Leeroy mit seinem Team produziert, sind seit Jahren in der Regel gleich. Entweder wird eine Person befragt, die ein schräges Hobby ausübt, einen besonderen Lebensstil verfolgt oder die sich durch etwas Besonderes auszeichnet. Jeden Sonntag erscheinen zwar auch Videos wie „Wie ist das drogenabhängige Eltern zu haben“ und „Wie ist das Klimaaktivist zu sein?“, aber oftmals geht es in eine erotische Richtung. Zahlreiche Videos drehen sich beispielsweise um die 31-jährige Prostituierte, die 21-jährige, die von Sugar Daddys lebt, der 35-jährige, der ins Bordell geht, oder ein junges Mädchen, das sich Babyklamotten anzieht und von ihrem Spiel-„Vater“ umsorgt wird. Schon davor interviewte er eine Zwangsprostituierte und schließlich auch noch eine Pornodarstellerin. Bei Leeroy geht’s verhältnismäßig oft um Erotik und Pornos.



Regelmäßig treffen zwei Randgruppen aufeinander, teilweise auch Personen, die schon im Vorfeld zu sehen waren. So wird eine Frau, die vom Blitz getroffen wurde, mit einem Bimbo-Doll bekannt gemacht. Warum man unbedingt einen Pädophilen mit einem Opfer von Missbrauch vorstellen muss, sollte Leeroy auch einmal genauer erklären.



Auch die Thumbnails gleichen sich: Im Vordergrund stehen immer eine oder zwei Personen, man arbeitet in Großbuchstaben und kurzen Fakten „SIE (21) LEBT VON SUGAR DADDYS“ und das Video heißt „Wie ist das EINEN SUGAR DADDY ZU HABEN?“. Während Kommentare oft wohlwollend gegenüber der deutschen Produktion sind, beschweren sich andererseits zahlreiche Zuschauer über die unkritischen Fragen des Protagonisten. Solche Art von Internetvideos kann man machen und es wird teilweise auch skurril, wenn sich „Little“ und Sexualtherapeutin gegenübersitzen. Muss die öffentliche Hand wirklich einen YouTuber finanzieren, dessen Methoden an solche Schmierensendungen wie das frühere «Schwiegertochter gesucht» erinnern? Die Sendung ist ein sonntäglicher Rhythmus, der Menschen zur Schau stellt.

Schon mehrfach trat die 26-jährige Mila in «Leeory will‘s wissen!» auf und wollte ihre Geschichte über das Leben als Little vermitteln. Die Redaktion schrieb: „sie verhält sich gerne wie ein Kleinkind und lebt in ihrem Alltag ihre kindliche Seite aus. Von ihrem Daddy lässt sie sich in den Schlaf wiegen, füttern und sogar die Windel wechseln.“



Es ist eigentlich erstaunlich, dass weder funk noch der Südwestfunk (SWR) diesem Trauerspiel keine Einheit geboten haben. Schon seit einigen Monaten wehren sich die Vorwürfe, die Themen seien sehr platt. Das Interview-Format ist auch nicht gerade das stärkste FUNK-Format – zumindest inhaltlich. Dennoch: Die Themen haben scheinbar einen Nerv getroffen, es gibt zeitweise eine große Zielgruppe, die diese Videos sehen wollen.



Inzwischen teilte Leeroy seinen Fans mit, dass FUNK und er getrennte Wege werden. Es ist allerdings unklar, welche Partei auf eine Vertragsverlängerung keine Lust mehr hatte. Leeroy selbst teilte ihn einem Video mit, er wolle sich vom öffentlich-rechtlichen Netzwerk nicht weiter in der Arbeit einschränken lassen. Die neuen Videos sollen durch Werbung finanziert werden. Andere YouTuber werfen den rollstuhlfahrenden Interviewer vor, er bringe Scheinargumente. Weder würde die ARD/ZDF-Redaktion in die Videos eingreifen, noch könne er die anderen Kritikpunkte nicht umschiffen. Denn: Leeroy betreibt einen weiteren Kanal, der nicht von FUNK finanziert wird.

Dass das auch völlig anders geht, zeigt der funk-Kanal «Atlas», der vor einem Jahr gestartet ist. Hier werden die Storys aus der Welt neu gemischt und mit Informationen der ARD-Korrespondenten gemischt. Ob das Problem der weißen Argentinier mit der indigenen Bevölkerung oder die Verarmung der Briten. Das recht junge Format hat Potenzial noch weitere drei Jahre neue Storys zu liefern. Vor allem ist die Produktion zum einen preiswert, zum anderen aber auch auf die junge Zielgruppe abgestimmt. Außerdem nutzen die Macher kurze Wege und haben mit ihrem Korrespondentennetz einfach interessante Kräfte überall sitzen.

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