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14 Stunden 9Live – Der ganz normale Wahnsinn

von  |  Quelle: Erstveröffentlichung 2005
Seite 2
Alexander Krei nahm sich einen Tag lang Zeit und schaute 14 Stunden 9Live – am Stück.

Zum meinem Erstaunen vergehen die kommenden 15 Minuten sehr schnell. Leichte Spiele und verhältnismäßig hohe Beträge werden „verschenkt“. Dann der Schock: Um 16:35 Uhr werden die Zuschauer dazu aufgefordert, alle „€uros“ zu zählen, die auf einer Tafel versteckt sind. Es sei gar nicht schwer, doch nach 83 Minuten und weit über 70 Anrufern mit der falschen Lösung wird das Spiel erstmal beendet. Milski: „Isch hab mit meiner Redakteurin gewettet, dass Sie dat nach sieben Minuten raus haben.“ Wette klar verloren. Stattdessen gibt es ab 17:58 Uhr ein „Streichholz-Spiel“. Der Moderator: „Welschen Streischholz müssen Sie umlegen, damit die Reschnung schtimmt?“. Die Gleichung „3+5=6“ wird eingeblendet. Richtige Lösung: „3+3=6“. 3.000 Euro Siegprämie werden ausgeschrieben. Bei einem solch hohen Betrag war mir nach meiner Erfahrung schnell klar: „Das kann länger dauern!“ Die für 18:00 Uhr angekündigte Wiederholungsfolge der „Sat.1 Quizshow“ entfiel und so musste ich leider auf meine wohlverdiente Pause verzichten. Um 18:30 Uhr dann: Schichtwechsel. „Der Marc“ machte mit dem Streichholz-Spiel weiter und die Minuten plätschern vor sich Doch plötzlich – um 19:17 Uhr, also geschlagene 78 Minuten später – wurde aus „3+5=6“ endlich „3+3=6“. Nach 162 Minuten hatte 9Live, wo man bis vor kurzem noch mit dem Slogan „Hier gewinnen Sie mehr“ warb, endlich seinen nächsten Sieger. Wieder folgten schnelle Runden.

Gegen 20:00 Uhr waren dann die Zeichenkünste des Moderators gefragt, doch am Wort „Donaudampfschifffahrtsgesellschaft“, das es zeichnerisch umzusetzen galt, schien das Publikum zu verzweifeln. Erst gegen 21:15 Uhr konnte gelöst werden und so nahm ein Anrufer 1.500 Euro mit nach Hause. Mit 15 Minuten Verspätung begann dann „Alle gegen Draeger“, eine Spielshow mit ‚realen Kandidaten’ – ohne Call-in. Endlich Zeit für eine Pause!

Um 21:45 Uhr ging es dann schon weiter: Anna Heesch, die „Bunte“-Leser nur als ‚die Ex vom Spengemann’ kennen, moderierte. Leichte Fragen und verhältnismäßig hohe Geldgewinne überraschten dann sogar mich. Nur auf das Wort „Sandkasten“ kommt die Blondine nicht. Sie fragt: „Bin ich blöd oder bin ich blöd?“ Aber sie gibt sich auch selbstbewusst: „Wir (9Live) müssen uns nicht verkleiden als Sportsender oder Musiksender. Wir sind die ersten und werden die letzten sein.“

>Geld wird auch ab 23:00 Uhr bei Moderatorin Tina Kaiser „verschenkt“. Und bis weit nach Mitternacht begegnet dem Publikum auch wieder das „Zählen Sie alle möglichen €uros“-Spiel von „Big Brother“ Jürgen. Wieder braucht es unzählbar viele Anrufer, die die Lösung zwischen 9 und 2115 vermuten. Doch eine Kandidatin hat Erfolg: Ob durch Nachrechnen oder Glück erhält sie 5.000 Euro – der Höchstgewinn des Tages. Bis bei 9Live die Bürgersteige hochgeklappt werden, werden die Spiele wieder einfacher. Noch knapp 90 Minuten lang werden mit selbstgemalten Bilderrätseln und Wörterschlangen Geldpreise unter das meist schon schlafende Volk gebracht, ehe dann auch ich endlich ins Bett entlassen werde. Nachdenklich stimmt mich allerdings die Tatsache, dass Tina Kaiser tatsächlich darüber verwundert scheint, dass 9Live „nicht so gute Quoten“ hat. Daran würde man aber noch arbeiten, so die Moderatorin selbstbewusst.

Mein Fazit nach 14 Stunden: 9Live ist vom Unterhaltungswert zwar nicht schlimmer als sein Ruf, allerdings immer noch schlimm genug. Das Schema ist schnell durchschaubar; der Wortschatz der Animateure hält sich in Grenzen. Rund 30.000 Euro haben die „Stars“ des Senders zwischen 12 Uhr mittags und 2 Uhr nachts verteilt. Elf Fragen bei Jauch sind allerdings weitaus spannender.

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