Die Kritiker

«Polizeiruf 110 - Black Box»

von

Claudia Michelsen kämpft als Kommissarin Brasch mit schlimmen Erinnerungen. Damit ist sie im neuen «Polizeiruf 110» nicht allein.

Stab

Darsteller: Claudia Michelsen, Felix Vörtler, Pablo Grant, Eloi Christ, Kai Müller, Sven-Eric Bechtolf
Musik: Oli Biehler
Kamera: Eeva Fleig
Buch: Zora Holtfreter
Regie: Ute Wieland
Eine Black Box, das ist etwas, in das man nicht hineinsehen kann, wo sich aber im Inneren wichtige Dinge abspielen. So wie das menschliche Gedächtnis. Das wird in dieser Folge nicht nur Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen) zum Verhängnis, die von schrecklichen Erinnerungen an traumatische Ereignisse geplagt wird, sondern auch einem 21-jährigen jungen Mann namens Adam (Eloi Christ), der eigentlich gerade mit seinem Freund im Zug nachhause fährt. Auf einmal steigt aber ein anderer Fahrgast ins Abteil, der lautstark telefoniert und dabei sehr unflätig spricht. Das macht irgendetwas mit Adam, auf einmal ist da etwas in seinem Gedächtnis, seiner Black Box, und er springt auf, greift nach dem Nothammer und schlägt dem Mitreisenden wie besessen auf den Kopf, bis dieser tot zusammensackt.

Warum er diese schreckliche Tat begangen hat, kann er sich bei der Vernehmung mit Kommissarin Brasch selbst nicht mehr erklären. Blutüberströmt und verstört, greift er nach ihrer Waffe, will sich erschießen, aber Brasch kommt ihm zuvor, kann ihn mit ihren Kollegen bändigen. Auch der Vater des Jungen wirkt ratlos ob der Ereignisse; mit ihm wird Brasch noch ihre ganz eigenen Probleme haben: Denn er ist als Leiter des LKA ein ranghoher Vorgesetzter von ihr.

Doch Brasch muss in das Gedächtnis des Jungen eindringen, um zu verstehen, was passiert ist. Denn dass der Täter ein gemeingefährlicher Mörder ist, das glaubt sie nicht. Erste Spuren, zum Beispiel eine Hypnosesitzung bei einer Psychologin, führen in seine Kindheit und zu traumatischen Erinnerungen, die in der weit zurückliegenden Vergangenheit verborgen sind. Sie aufzudecken, ist der Schlüssel zur Lösung des Falls.

Brasch und ihr vermeintlicher Täter kämpfen in diesem Film also im Grunde mit demselben Schicksal: Sie haben Schreckliches erlebt und können damit nicht abschließen, weil sie ihre Gedanken und Gefühle nicht sortiert bekommen: Sie stecken in einer Black Box, deren Mechanismen sie nicht kennen, sie sind Getriebene ihres eigenen Unglücks, ratlos und verängstigt. Wie Claudia Michelsen und Eloi Christ diese emotionale Verfassung spielen, ist nicht selten durchaus beeindruckend.

Nicht ganz so gut funktioniert jedoch die Art und Weise, mit der «Black Box» diese Motive angehen will. Denn die vielen Dialogszenen, in denen Experten, die Brasch in diesem Fall kontaktiert, ihr lange Vorträge über die Funktionen des Erinnerungsvermögens halten, deren Informationsgehalt zwar relativ dicht, aber eben nicht sonderlich wichtig für das Verständnis des Handelns der Figuren ist, verlangsamen und verwässern diesen Film zusehends, der eigentlich viel stärker durch seine Charaktere und ihre schwierige Situation gewinnt. Am Schluss ist das Gedächtnis sowieso weiter eine Black Box.

Der neue «Polizeiruf 110» mit dem Titel «Black Box» wird am Sonntag, den 3. Juli um 20.15 im Ersten ausgestrahlt.

Mehr zum Thema... Black Box Polizeiruf 110
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