Hingeschaut

Die Kuttner talkt mal wieder

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In «Kuttner plus Zwei» geht Sarah Kuttner ihrer televisionären Lieblingsbeschäftigung nach und interviewt prominente Gäste. Die Grundstimmung der Sendung ist angenehm, doch der Erkenntnisgewinn für den Zuschauer hält sich in engen Grenzen.

Nach Engagements bei VIVA, MTV, diversen öffentlich-rechtlichen Radiosendern und 3sat hat Sarah Kuttner eine weitere Heimat bei ZDFneo gefunden. Nach ihrem recht erfolgreichen Magazin «Bambule» versucht sie sich mit «Kuttner plus Zwei» an einer weiteren Talkshow auf dem kleinen Spartenkanal des Zweiten Deutschen Fernsehens. Klingt konzeptionell erst einmal nicht spannend, ist es eigentlich auch nicht: In insgesamt zehn geplanten Ausgaben lädt sie jeweils zwei Gäste zum halbstündigen Gespräch in einen Berliner Altbau. Die Gäste sollen in erster Linie grundverschieden sein und sich bei gelöster Atmosphäre zu Tisch näher kennenlernen. Das sind die Zutaten zu einem soliden, aber letztlich austauschbaren Talk - und genau den liefert das Team um Sarah Kuttner auch...

Dabei ist die Prämisse der Sendung, aus dem starren Talk-Schema des Gesprächs zwischen Moderatorin und Gästen auszubrechen und stattdessen zu versuchen, sie miteinander ins Gespräch zu bringen, sicher nicht schlecht. Entsprechend sollen Hannelore Elsner und der Sänger Bosse, die sich dem Format in der Premierenfolge stellen, auch erst einmal sagen, woher sie einander kennen und wie sie ihr Gegenüber beurteilen. Dies führt zu der überraschenden Erkenntnis, dass die deutsche Schauspiel-Diva die musikalischen Ergüsse Bosses zwar durchaus zu schätzen weiß, andererseits aber die zu negative Grundstimmung in jedem seiner Songs bemängelt. Eine durchaus erstaunliche Aussage angesichts der Tatsache, dass Bosses bis dato größter Erfolg den Titel "Schönste Zeit" trägt - und man nicht nur in diesem Song die Depri-Stimmung nicht einmal nach eifriger Suche herausarbeiten kann.

Ferner tut Elsner auch noch kund, dass sie generell nicht gerne in Talkshows sitzt, da ihr die Fragen zu oft ins Private abgleiten. Weshalb sie dann für eine Sendung zusagte, die nicht zuletzt auch von Anekdoten aus dem Privatleben der Stars lebt, bleibt ihr Geheimnis. Macht aber auch nicht wirklich etwas, da es Kuttner dennoch gelingt, einige - wenngleich sehr belanglose - Dinge aus ihrem Privatleben rauszukitzeln. Bosse ist als Gast weitaus leichter zu händeln und teilt sich, seine Einstellungen und einige Etappen aus seinem Leben bereitwillig mit. In Erinnerung bleibt davon wenig, doch Minute für Minute arbeitet man sich mehr einem schmerzfreien Ende der Sendung entgegen. Als es geschafft ist, dürfen die beiden einander noch Geschenke machen, wobei Elsner sich einfach selbst schenkt - mit dem über 40 Jahre alten Film «Die endlose Nacht», an welchem sie als Darstellerin mitwirkte. Während sie in einem umfassenden Monolog Film und Darstellerleistung beweihräuchert, sieht Bosse davon ab, eines seiner Alben zu promo... ähm, schenken. Wäre wohl auch einfach zu depri für sein Gegenüber gewesen.

Immerhin, es gibt so etwas wie eine Interaktion zwischen den Gästen, auch wenn es im Rahmen des recht kurzen Gesprächs keine evidente Annäherung zwischen ihnen gibt. Zudem wirkt Kuttner ernsthaft interessiert an den Ausführungen ihrer Gesprächspartner und schafft es, Phasen der unangenehmen Stille zu verhindern - sei es durch eigene Ausführungen, die sie oft und gerne einstreut, oder durch geschickte Fragen. Sie kaschiert damit die weitgehende Substanzlosigkeit ihrer Sendung einigermaßen, kann dabei allerdings zu keinem Zeitpunkt wirklich begeistern. Interessiert man sich nicht im besonderen Maße für sie oder zumindest einen der Gäste, eignet sich das Gesehene bestenfalls zur netten Hintergrundberieselung. Erkenntnisgewinne bleiben aus, eine besondere Dynamik kommt erst gar nicht auf.

Unterm Strich ist «Kuttner plus Zwei» ein recht undankbares Format für eine Kritik: Zu solide und nett gemacht für einen Verriss, zu belanglos und öde für Lobeshymnen. Der Versuch, eine gelöste und lockere Atmosphäre zwischen den Beteiligten aufkommen zu lassen, wirkt eher bemüht und geht in der Praxis kaum auf, Kuttner legt eine ansprechende Performance hin, ohne zu glänzen, die 30 Minuten werden solide gefüllt und langweilen nicht zu arg, bieten allerdings auch keinerlei Highlights. Im Gegensatz zum speziellen und aneckenden «Neo Magazin», das Kuttners Sendeplatz zuvor besetzte, bekommt der Zuschauer hier einen austauschbaren Talk geboten, an den sich in ein paar Monaten kaum noch jemand erinnern dürfte. Außer vielleicht Bosse, der noch immer nach seinen Texten mit negativer Grundstimmung sucht.


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