Sonntagsfragen

Heino Ferch: 'Ich könnte nicht alle Rollen spielen, die mich reizen'

von   |  2 Kommentare

Schauspielstar Heino Ferch spricht über die neue ZDF-Reihe «Der Richter», Idole und seine zuletzt hohe Schlagzahl an Rollen im Familienkino.

Mein Tipp, um auch bei Gegenstimmen die wichtigen Gelegenheiten zu nutzen ist daher: Bleib dir treu! Wenn du spürst, dass dich etwas so packt, dass du es machen möchtest, dann mach es, auch wenn die ganze Familie sagt: "Nein!"
Heino Ferch
Was waren in Ihrer Karriere die entscheidenden Wendepunkte, in denen Sie sich selber sagen mussten: "Los, nutze den Augenblick"?
Als ich 15 Jahre alt war, bin ich als Artist zum Theater gekommen. Ich war Turner und das Theater brauchte damals neue Akrobaten. Es dauerte nicht lange, da hatte ich schon Blut geleckt. Dann gab es immer mal wieder Situationen, wo ich gegen die Stimmen von Andern gesagt habe: "Doch das mache ich." Da hatte ich auch Glück, dass ich den richtigen Moment als meinen Augenblick erkennt habe. Das ist ja sicherlich ein zentrales Thema von jedermann: Oft weiß man nicht, dass man sich in eben diesem einen, entscheiden Augenblick befindet. Meist merkt man sie erst im Nachhinein. Mein Tipp, um auch bei Gegenstimmen die wichtigen Gelegenheiten zu nutzen ist daher: Bleib dir treu! Wenn du spürst, dass dich etwas so packt, dass du es machen möchtest, dann mach es, auch wenn die ganze Familie sagt: "Nein!"

Ist Ihnen dieser Gegenwind aus dem eigenen Familienkreis selber bekannt?
Nein, aus meiner Familie kenne ich das nicht. Die waren froh, das ich beschäftigt war. Tagsüber in der Schule, abends drei Stunden in der Turnhalle. Da war der Gedanke: "Der ist gut versorgt." Dass das, was ich da treibe, berufstechnisch relevant werden könnte, dachte damals ja noch keiner. Das hat sich ja erst über die Jahre entwickelt, und da war es zu spät für Widersprüche. (lacht) Als ich Abi gemacht habe, haben die meisten in meinen Jahrgang hinterher BWL, Jura, Medizin, Biologie oder ganz exotisch Psychologie studiert – und ich kam an und mit dem Gedanken: "So, ich such mir was aus, wo ich hinterher in ganz viele Rollen schlüpfen kann."

Im kommenden Jahr erwartet uns unter anderem die ZDF-Produktion «Der Richter» mit Ihnen. Bei solchen Stoffen muss man ja immer fragen: Soll es bei dem einen Film bleiben?
Wir haben den ersten Teil im Mai dieses Jahres abgedreht, und derzeit denken wir über einen zweiten Film nach. In dem würde sich vieles ändern, da meine Figur im ersten Film das Gesetz selber in die Hand zu nehmen versucht. Danach ist man kein Richter mehr, sondern nur noch Jurist. (lacht) Ich weiß nicht, wann der Film im Fernsehen läuft, aber wir überlegen, im Frühjahr die Fortsetzung zu drehen, wenn alles gut geht.

Ich versuche schon ein wenig, mir meine Rollen so auszusuchen, dass mein Name für etwas steht – aber ich gleichzeitig noch immer für Überraschungen stehe. Das ist schwierig zu erklären. Hinzu kommt ja, dass ich nicht alle Rollen spielen könnte, die mich so reizen. Niemand kann alles spielen.
Heino Ferch
Legen Sie Wert auf Abwechslung in ihrer Schauspielvita, um ja niemals auf einen Typus festgelegt zu werden, oder sehen Sie das nicht so streng, wenn ihr Rollenangebot zwischendurch doch sehr in eine Richtung tendiert?
Ich achte zumindest nicht extrem darauf. Es hängt ja auch immer von der Palette ab, die einem angeboten wird. Aber ich versuche schon ein wenig, mir meine Rollen so auszusuchen, dass mein Name für etwas steht – aber ich gleichzeitig noch immer für Überraschungen stehe. Das ist schwierig zu erklären. Hinzu kommt ja, dass ich nicht alle Rollen spielen könnte, die mich so reizen. Niemand kann alles spielen – würde ich glauben, dass ich das könnte, owei … (lacht)

In jüngerer Zeit hat sich, wie mir scheint, aber durchaus Ihre Schlagzahl an familienfreundlichen Filmen stark erhöht – hat sich das so ergeben oder war es eine bewusste Entscheidung?
Das ist Zufall. Ich hab «Conni & Co.» gemacht, erst mit Franziska Buch als Regisseurin, und dann wollten Emma Schweiger und Til Schweiger unbedingt zusammen die Fortsetzung machen, und nicht lange danach kam die Anfrage für die Synchronrolle in «Coco». Das hat sich alles zufällig ergeben. Vielleicht, aber nur vielleicht, steckt da aber auch der Hintergedanke: Meine zwei jüngeren Kinder sind da jetzt im Alter, in dem sie meine Arbeit verfolgen, und da ist man schon stolz, wenn man was macht, was sie zu schätzen wissen. Aber das ist wirklich nur ein Nebengedanke.

Wie lange dauerten für Sie die Arbeiten an «Coco»?
Ich war Woche im Aufnahmestudio, vorher gab es vier Wochen zur Vorbereitung, um mit den Partituren und dem Vocal Coach zu arbeiten. Das Singen war für mich durchaus eine Herausforderung. Die Frage war zuerst, ob ich überhaupt die gesamte Palette tonal schaffe, da die beiden letzten Töne von de la Cruz' Erkennungsnummer schon sehr hoch im Tenor sind und ich selbst eher in der Bass-Bariton-Lage erfahren bin. Die Probeaufnahme lief zwar erfolgreich, dennoch habe ich mich im Anschluss vier Wochen lang coachen lassen.

Meine zwei jüngeren Kinder sind da jetzt im Alter, in dem sie meine Arbeit verfolgen, und da ist man schon stolz, wenn man was macht, was sie zu schätzen wissen. Aber das ist wirklich nur ein Nebengedanke.
Heino Ferch
Mein Gesangstraining umfasste dann die entsprechenden Partituren, so dass ich für die Aufnahmen meiner Rolle gut vorbereitet war. Aber die eigentliche Herausforderung war eher insgesamt, in der deutschen Fassung ohne Akzent trotzdem die passende Ausstrahlung eines legendären mexikanischen Superstars zu erschaffen. Im Original spricht Benjamin Bratt die Figur des Ernesto De la Cruz wunderbar authentisch mit einem mexikanischem Akzent. Das konnte ich als Norddeutscher so nicht bieten. Mit dem tollen Synchronregisseur habe ich das letztendlich doch sehr gut hinbekommen, hoffe ich. Axel Malzacher ist ein Star in der deutschsprachigen Synchronregie – er weiß genau, was er will und hat mir dennoch unglaubliche Freiheiten gegeben hat. Wir haben uns immer gemeinsam die Szenen angehört und erst wenn ich glücklich war, haben wir einen Haken daran gemacht.

Es folgen Spoiler für Pixars «Coco»!

Film- und Fernsehmacher beschützen ihre Storywendungen ja heutzutage wie einen Schatz Wie kann ich mir bei einer Synchronrolle wie dieser eigentlich die erste Anfrage vorstellen: Wurden Sie erst zum Vorsprechen eingeladen und haben dann, als sie die Rolle erhalten haben, erfahren, dass de la Cruz nicht der Strahlemann ist, als der er sich feiern lässt?
Nein, so war das zum Glück nicht. Ich habe im Frühsommer die Anfrage bekommen, ob ich mir vorstellen kann, eine Figur im neuen Pixar-Film zu übernehmen. Daraufhin fand ein Probesprechen statt, damit jemand von Disney in Amerika meine Stimme absegnen kann. Da gab es auch schon eine taffe Szene, bei der ich mir denken konnte, wo das Ganze hinführt. Als ich die Rolle dann bekam, erzählte mir der Regisseur schon ausführlich worum es geht und führte mich durch den ganzen Film, der zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz fertig war – erstaunlich, wie die Leute bis zur letzten Minute an so einem Film schleifen.

Ich kam dann im September dazu, die eigentlichen Aufnahmen zu machen. Der Junge, der Miguel spricht, stand hingegen schon seit Januar immer wieder Mal im Tonstudio, und dauernd musste er für veränderte oder verlängerte Szenen zurückkehren – zwischendurch kam er sogar in den Stimmbruch! Das war für das Synchronteam dann nochmal eine ganz besondere Herausforderung.

Hatten Sie in Ihrer Karriere schon einmal Momente wie Miguel, der erkennen muss, dass er den Falschen zum Idol erhoben hat?
Nein, glücklicherweise nicht! Ich habe vor ein paar Jahren mit einem meiner größten Idole einen ganzen Abend verbracht – Al Pacino. Und der erwies sich als sehr netter Mensch! Er hat die Goldene Kamera bekommen und wir saßen an dem Abend am selben Tisch, und seine Freundin hatte dasselbe Kleid an wie meine Frau. (lacht) Die Zwei fanden darüber sofort einen Gesprächseinstieg, und ich habe mich mit ihm herrlich über Buenos Aires unterhalten, wo seine Freundin herkam und ich öfter wegen meiner sportlichen Tätigkeit bin. Er war einfach ein Traum von einem Menschen. Für mich ist er ein Superstar, was ich ihm auch gesagt habe, und er war total bescheiden und meinte: "Wieso, ich spiele doch mein ganzes Leben lang nur Bullen?"

Vielen Dank für das Gespräch.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
13.12.2017 14:10 Uhr 1
Ja, der Ferch und der Pacino....was für ein Traum - Team....:-)





Tolles Interview!
Kalinkax
14.12.2017 09:10 Uhr 2
gut, dass Herr Ferch weiß, dass er nicht alle Rollen spielen kann,

er hat ja eh nur einen Gesichtsausdruck
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