Interview

«Germania»: Auch das alles ist Deutschland!

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What the funk?!: Wir sprechen mit Hyperbole TV-Gründer Bastian Asdonk über das funk-Format «Germania», das wöchentlich einen Blick auf Deutschland aus der Sicht von Migranten wirft.

Die Macher über das Format

»Germania« bietet wöchentlich einen Blick auf Deutschland: den von Menschen, die nicht hier geboren worden sind. Längst in Deutschland angekommene Migranten sprechen über deutsche Eigenheiten und Marotten. Das kann mal lustig, mal ernst sein. Es geht in »Germania« nicht in erster Linie um eine Flüchtlingsdebatte, sondern um den Fakt, dass Deutschland längst ein Einwanderungsland ist und wir schon lange in einer multikulturellen Gesellschaft leben.
Worum geht es in Ihrem Format und wer ist daran beteiligt?
«Germania» soll die deutsche Gesellschaft durch die Augen von Menschen zeigen, die nicht hier geboren sind, aber schon lange in diesem Land leben. Dabei geht es nicht in erster Linie um eine politische Debatte, sondern um die Darstellung der Tatsache: In Deutschland leben schon lange Menschen aus verschiedenen Nationen und Kulturen. Für die Zuschauer soll deren Sichtweise einen Perspektivwechsel ermöglichen. Sie sollen die alltäglichen Riten und Orte, die man oft übersieht, wieder sichtbar machen und einen liebevollen, aber auch kritischen Blick auf dieses Land zeigen.

Wie kam die Idee zum Format zustande?
Der Anfang war die visuelle Idee. Das Wort «Germania» sollte in Frakturschrift im deutschen Himmel stehen. Darunter sollten Menschen stehen, die nicht deutsch aussehen.
Ohne überhaupt einen Satz sagen zu müssen, weiß jeder, damit was gemeint ist: Deutschland ist faktisch eine multikulturelle und multinationale Gesellschaft. Das kann man gut oder schlecht finden, aber die Tatsache bleibt. Und das hat Auswirkungen auf uns alle. Wir müssen uns damit auseinandersetzen.

Warum gehört das Format zu funk und zur Zielgruppe, die funkansprechen will?
Warum es dazu gehört, müssten die Kollegen von funk beantworten. Hyperbole hat sich als Marke auf anspruchsvolle Formate für Generation Y spezialisiert. Insofern sind die Überschneidungen zwischen dem Publikum von Hyperbole und dem von funk sowieso groß.

Interviewreihe 'What the funk?!'

Die Interviewreihe "What the funk?!" von Quotenmeter.de befasst sich alle zwei Wochen mit der öffentlich-rechtlichen Internetplattform funk. Welche Formate sind bei funk abrufbar? Wer steckt dahinter? Und wie arbeitet es sich eigentlich beim neuen Angebot? Die Teams der funk-Formate beantworten je einen Katalog aus standardisierten und individuellen Fragen.
Welche Vorteile bietet Ihnen persönlich die Plattform funk und wie unterscheidet sich die Arbeit mit funk von Ihrer bisherigen Arbeit?
Mit dem Start von funk ist zum ersten Mal Geld in einen Markt geflossen, der bisher vollkommen unterfinanziert war. Denn trotz aller Reichweite, die sich auf Youtube versammelt, können nur sehr wenige Produzenten von den Werbeeinnahmen leben. Und die wenigen erfolgreichen Creator wissen, dass sie immer wieder die gleichen Themen wie Gaming, Comedy, Rap und Make-Up bedienen müssen, um überleben zu können. Für uns heißt die Zusammenarbeit mit funk also zuerst mal besseres und höherwertiges Programm machen zu können.

Wo sehen Sie das Format inhaltlich in einem Jahr?
Wir würden «Germania» gern als Marke ausbauen und weitere Formate auf dem Kanal entwickeln. In der digitalen Kommunikation ist das sicher die größte Herausforderung: Kontinuierlich guten Inhalte zu produzieren und dabei Relevanz und Reichweite mit anspruchsvollen Themen zu erreichen.

Die Zuschauer sollen Geschichten sehen, die ihren Horizont erweitern und im besten Fall Verständnis und Empathie für anderen Lebensweisen entwickeln.
Bastian Asdonk über «Germania»
Hyperbole TV produziert unter anderem Dokumentationen und Formate mit politischem Fokus. Nicht nur mit «Germania», schon mit Ihrem Format «Frag ein Klischee» scheinen sie darauf bedacht zu sein, verstärkt Minderheiten eine Stimme in Ihren Formaten zu geben. Wieso ist Ihnen das ein Anliegen und was soll ein Format wie «Germania» bei seinen jungen Zuschauern bestenfalls bewirken?
Das Wort Minderheiten klingt ja schon so unangenehm, dass man nicht gern dazu gehören würde. Insofern trifft das unsere Intention nicht ganz. Es geht uns nicht um Lobbyarbeit für bestimmte Gruppen, sondern um Meinungsvielfalt. In Zeiten des digitalen Journalismus sollte man ja eigentlich unendliche viele Meinungen und Stimmen hören, aber das Gegenteil ist ja der Fall. Insofern geht es auch bei «Germania» um das Ziel, das wir immer verfolgen: Die Zuschauer sollen Geschichten sehen, die ihren Horizont erweitern und im besten Fall Verständnis und Empathie für anderen Lebensweisen entwickeln. Dabei sollen die Protagonisten nie als Opfer gezeigt werden, sondern als selbstbewusste, starke Persönlichkeiten.

Auch als Autor befassen Sie sich verstärkt mit den Themen Heimat & Identität. Finden Sie, diese Themen sind in den deutschen Medien und der Literatur unterrepräsentiert – insbesondere in Zeiten von Flüchtlingskrise, Terror oder allerlei Konflikten rund um den Globus?
Ich finde, die Themen sind so präsent, dass man als Zuschauer oder Leser oft schon innerlich abschaltet. Nur sind sie meist auf die gleiche Weise aufgemacht, die eigentlich nur zwei Zustände kennt: Die kriminellen Männer aus Afrika kommen übers Meer und enden dann im Park beim Drogen verkaufen und vergewaltigen. Oder: Die liebenswerten Flüchtlinge bereichern unseren Alltag um exotische Gerichte und eine fröhliche Lebensweise. Beide Haltungen tragen nichts zu einem echten Diskurs bei, sondern stehen unvereinbar nebeneinander.

Wenn man davon ausgeht, dass viele junge Menschen kein TV mehr sehen, müssen sie auch im Netz komplett versorgt werden.
Bastian Asdonk über den Programmauftrag der Öffentlich-Rechtlichen im Netz
2015 wurde Ihre Videoplattform Hyperbole mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Sie sagten damals selbst über sich, mit Hyperbole TV wollen Sie eine „netzbasierte mediale Grundversorgung“ schaffen – das, „was die Öffentlich-Rechtlichen zum Teil nicht wollen, können oder dürfen“? Inwiefern werden Sie dem Ziel der Grundversorgung gerecht und haben die Öffentlich-Rechtlichen mit funk einen Schritt in die richtige Richtung getan?
Der Begriff „Grundversorgung“ ist die Erfindung unsere ehemaligen Kooperationspartner von der Leuphana Universität in Lüneburg. Dort war ein Inkubator angesiedelt, der uns den Start ermöglicht und zu diesem Thema geforscht hat.

Wir selbst haben natürlich weder die Ressourcen noch den Anspruch mit Hyperbole eine mediale Grundversorgung bereit zu stellen. Aber die Frage, ob funk nicht diesen Anspruch haben sollte, ist interessant. Wenn man davon ausgeht, dass viele junge Menschen kein TV mehr sehen, müssen sie auch im Netz komplett versorgt werden. Gemeinsam mit den anderen Angeboten der Öffentlich-Rechtlichen wie der Tagesschau und den Mediatheken ist das in den nächsten Jahren vielleicht sogar ein realistisches Ziel.

Danke für das Gespräch.

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