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Die Primetime-Formate von RTL II You in der Kritik

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RTL II You, der neue Jugendsender, bespielt seine Primetime mit zwei Formaten, die der Sender exklusiv produziert und ausstrahlt. Quotenmeter.de hat «Youniversity» und «Mjunik» über eine Woche lang verfolgt.

Pünktlich zum Start des neuen Jugendangebots RTL II You, am 30. Mai, folgte die Ankündigung des Programms. Wo vorher noch über eine Konkurrenzplattform zu YouTube spekuliert wurde, wurde schnell deutlich, dass bei RTL II You doch noch traditionelle Sendermuster zu erkennen sind. Nach den Re-Runs von Formaten wie «Berlin - Tag & Nacht» am Vormittag und einem Anime-Block am Mittag, stechen vor allen Dingen die Primetime-Formate heraus. Denn diese wird durch zwei neue Eigenproduktionen bestimmt, die exklusiv auf RTL II You ausgestrahlt werden.

Pünktlich zur klassischen Sendezeit um 20.15 Uhr geht das Format «Youniversity» auf Sendung. Quasi atypisch für digitale Formate, fällt das Format durch eine Nettospielzeit von rund 50 Minuten auf, was auch für «Mjunik» gilt, das um 21.15 Uhr im Livestream ausgestrahlt wird. Bereits unmittelbar nach ihrer Ausstrahlung erscheinen beide Formate, wie alle Sendungen, auch in der angeschlossenen Mediathek und können per VOD abgerufen werden.

«Youniversity» ist dabei eine Ausbildungsstätte für angehende YouTube-Stars, talentierte Content-Creator und künftige Social-Influencer. In den ersten Folgen lag der Fokus vor allen Dingen auf Nachwuchskünstler U-Jean und YouTuber Udo Bösntrop, der inzwischen über 30.000 Abonnenten vorweisen kann. Das Format steht unter dem Motto: „Hier wird von den Besten gelernt!“ Dabei fungieren als Coaches, Mentoren, Dozenten oder wie auch immer die Lehrmeister der «Youniversity» genannt werden möchten, Phil von Bullshit TV sowie Jarow und Kurono.

Auch wenn diese Namen möglicherweise nicht jedem Leser sofort ein Begriff sind, können sie doch einige Erfolge vorweisen. Phil, der zum Comedy-Trio Bullshit TV gehört, kann immerhin auf einen Kanal mit fast 1,5 Millionen Abonnenten blicken, wobei das meistgeklicktes Video inzwischen mehr als fünf Millionen Mal aufgerufen wurde.

Auch Jarow hat sich mit gut 1,25 Millionen wiederkehrenden Zuschauern und einem Video mit mehr als 3,5 Millionen Klicks durchaus einen Namen in der Szene gemacht. Sein Kumpel Kurono kann aktuell zwar noch nicht an diese Zahlen anknüpfen, hat mit rund 500.000 Abonnenten aber auch schon einigen Erfolg vorzuweisen.

So viel zur Qualifikation der Mentoren, doch wie wirkt sich dies auf «Youniversity» aus? Wer hier mit einem Grundlagenseminar nach dem Motto: „Wie haben Firmen Erfolg auf YouTube?“ oder „So wirst auch Du zum YouTube-Star!“ rechnet, liegt falsch. Ebenso wenig erhalten die Kursteilnehmer ausführliche Unterweisungen für Kameras oder Video-Schnitt. Den nächsten Steven Spielberg sucht man also besser woanders. Stattdessen überwiegen menschliche Aspekte, die allen Vorurteilen zum Trotz, nicht inszeniert rüberkommen. Die Entwicklung der YouTube-Charaktere und des eigenen Charakters stehen bei «Youniversity» im Vordergrund und so wird den vermeintlichen Nachwuchsstars beigebracht, wie sie sich vor der Linse zu verhalten haben. Diese Linse ist im Großteil der Fälle ein Weitwinkelobjektiv oder auch Fish-Eye, das Lieblingswerkzeug der YouTuber, was in den ersten Minuten leicht zu Irritationen beim Zuschauen führt.

Trotz der positiven Entwicklung dürfen aktuelle Video-Trends wie Pranks, Challenges und Community-Treffen natürlich nicht fehlen und um ehrlich zu sein, ist der Umgangston auch nicht immer der höflichste. Gerade die im Format unterrepräsentierten Frauen dürfen sich gelegentlich mal eine Breitseite abholen. In kurzen Videotagebüchern haben die Zuschauer allerdings immer wieder die Möglichkeit hinter die gern zitierte Maske der angehenden Videokünstler zu blicken und zu erfahren, was diese durchmachen und was in ihnen vorgeht.

Gerade die ungewöhnliche Kameratechnik, die wenigen aber hektischen Schnitte und die aktive Art der Beteiligten erschweren gerne Mal den Einstieg in die Folge. Nach einigen Minuten gewöhnt man sich aber daran und kann der durchaus originellen Sendung folgen. «Youniversity» wird sicherlich kein Highlight der TV-Geschichte, macht aber das, was es sein soll, gut. Man sollte bei der Diskussion auch nie vergessen, dass RTL II You in erster Linie ein Sender ist, der sich an sehr junge Zuschauer richtet, für die YouTube und die dort agierenden Personen ein fester Bestandteil ihres Alltags sind. Und gerade diesen Zuschauern wird das Format gefallen, schließlich bekommen sie einen weiteren Einblick hinter die Kulissen und vielleicht sogar noch etwas Motivation für ihre eigenen YouTube-Kanäle.

Um 21.15 Uhr startet schließlich «Mjunik – Home of You» im Livestream. Wohingegen bei «Youniversity» vor allen Dingen die männlichen Teilnehmer im Fokus standen, dreht sich «Mjunik» um das schöne Geschlecht. Auch die Basis des Formats ist eine andere, denn die Münchener Welt dreht sich primär um Blogs und deren Autorinnen. Zugegeben, diese sind ebenfalls auf YouTube, sowie auf allen anderen angesagten Social-Media-Kanälen, aktiv. Gleichzeitig sind die Teilnehmerinnen etwas erfahrener und haben neben ihren Engagements als Schauspielerinnen, Reisen und nicht ganz alltäglichen Wohnorten, wie Los Angeles, einiges mehr zu erzählen als so mancher Kollege in der Stunde zuvor.

Im Zentrum der Handlung steht das Trio Luisa, Lina und Roxi, die in eine gemeinsame WG in München ziehen und ihren Tag durch Video-Tagebücher, sogenannte Vlogs, darstellen. Das heißt, die drei laufen den ganzen Tag mit ausgestrecktem Arm umher, halten dabei eine Kamera auf sich und dokumentieren ihre Eindrücke oder sinnieren über das Leben und dessen Sinn. Aktuell werden in der gemeinsamen Wohnung noch weitere Kameras installiert, die statisch sind, aber nur von den Bewohnerinnen gesteuert werden.

Auch bei diesem Format gilt wieder: Originelle Idee mit Schwächen beim Inhalt. Auch nach knapp zwei Wochen ist noch kein roter Faden erkennbar, wie auch, schließlich ist «Mjunik» ein Reality-Format, das auf täglichen Eindrücken und Erlebnissen basiert, anstatt einer kontinuierlichen Handlung zu folgen. Und so muss jeder für sich selbst entscheiden, interessiert er sich für die Gedanken einiger Mittzwanzigerinnen und deren Geschichten aus dem Alltag oder nicht. «Mjunik» ist etwas Neues, etwas bei dem RTL II You einmal experimentierte und das die Zuschauer in eine Welt mitnimmt, die nur wenig Beachtung erfährt.

RTL II You nutzt also umgehend die Möglichkeiten seines neuen Senders und greift Trends auf, die in der Zuschauergruppe der 14- bis 29-Jährigen zuhause sind. Dabei wird das Fernsehen vielleicht nicht gleich neu erfunden, muss es aber auch nicht. Denn es wird ebenfalls deutlich, dass wenn die Beteiligten sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und sich an den richtigen Stellen Hilfe ins Boot holen, die Qualität der Produktion steigt.

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