First Look

«Game of Silence»: Großer Stoff, Große Enttäuschung

von

Die neue NBC-Serie erinnert an einen Film von Barry Levinson aus den 90er Jahren - und der macht mit einem nahezu identischen Stoff alles um Welten besser.

Cast & Crew

Produktion: David Hudgins Productions, Carol Mendelsohn Productions, Universal Television, Sony Pictures Television
Schöpfer: Pinat Bulut
basierend auf der türkischen Serie «Suskunlar» von Pinat Bulut
Für den amerikanischen Markt adaptiert von David Hudgins
Darsteller: David Lyons, Michael Raymond-James, Larenz Tate, Bre Blair u.v.m.
Executive Producer: David Hudgins, Carol Mendelsohn, Julie Weitz, Niels Arden Oplev, Timur Savci und Tariq Jalil
1996 kam ein toller Film von Regisseur Barry Levinson in die Kinos: «Sleepers», unter anderem mit Kevin Bacon, Robert DeNiro, Brad Pitt und Dustin Hoffmann.

Der Film handelte von vier New Yorker Jungen, die nach einer missglückten Straftat viele Monate im Jugendarrest zubringen müssen, wo sie grausam misshandelt und sexuell missbraucht werden. Einer von ihnen wird totgeprügelt.

Vierzehn Jahre später haben die drei jungen Männer ihr Trauma immer noch nicht verwunden. Einer von ihnen hat sich zum Staatsanwalt hochgearbeitet, zwei weitere sind in der örtlichen Gang-Szene aktiv. Kürzlich haben die beiden bei einer zufälligen Begegnung einen ihrer ehemaligen Wächter ermordet. Die drei schließen, nach langwierigen Auseinandersetzungen, einen Plan: Sie wollen Rache an ihren ehemaligen Peinigern nehmen. Aber nicht, indem sie sie einen nach dem anderen abknallen. Sondern indem sie sie für den Rest ihres Lebens hinter Gittern bringen.

Was das alles mit der neuen NBC-Serie «Game of Silence», der US-Adaption des türkischen Formats «Suskunlar», zu tun hat?

Nun: In «Game of Silence» verbringen vier Jungen einige Zeit in einer berüchtigten texanischen Jugendstrafanstalt, nachdem sie (ohne Führerschein) einen nahezu tödlichen Autounfall verursacht haben. Dort werden sie von den Wächtern und den Kapos unter den Mithäftlingen grausam malträtiert, alles unter den wachsamen Augen des Warden, der es danach bis zum Lieutenant Governor von Texas geschafft hat und gerade im Wahlkampf für einen Sitz im Repräsentantenhaus steckt.

Einer der vier Jungen, Jackson, ist ein erfolgreicher Anwalt in Houston geworden. Gil und Shawn sind zwei Tunichtgute. Und Boots, der als Einziger im texanischen Heimatort der vier geblieben ist und dessen Frau gerade ein Kind erwartet, arbeitet als Paketzusteller. Als er im Dienst zufällig auf einen seiner ehemaligen Peiniger trifft, schlägt er ihn fast tot – und landet dafür in Untersuchungshaft. Gil und Shawn kontaktieren Jackson, der ihn da rausholen soll. Widerwillig macht er sich ans Werk.

Die inhaltlichen Parallelen zu Levinsons großem Film enden leider auf der stofflichen Ebene. Denn während «Sleepers» nicht nur als eine mit großer Zartheit erzählte Geschichte über das Unglück von vier Jungen, sondern auch als eine intellektuell ansprechende und haltungsvolle Reflexion der universellen Themen Schuld, Rache und Sühne funktionierte, kann man über «Game of Silence» nach Sichtung des Piloten nichts dergleichen behaupten.

Zu gewollt, zu forciert, zu berechnet und zu berechenbar kommt diese Serie daher – und wo Levinson in seinem Drehbuch zu «Sleepers» komplexe Charaktere entworfen hat, finden sich bei «Game of Silence» nachgebaute Klischees. Die Gegenüberstellung dieses Films und dieser Serie zeigt, was bei diesem Stoff erzählerisch und inhaltlich möglich ist, und wo sich das NBC-Format (leider viel zu oft) für die einfacheren, unkünstlerischen Wege entschieden hat. Der Stoff ist faszinierend und voller Möglichkeiten: «Game of Silence» nutzt mit seiner Verhackstückelung der Zeitebenen und seiner oft eher penetranten als gefühlvollen Inszenierung kaum eine.

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