Vor Ort

Amazons Angriff auf den deutschen Streamingmarkt

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Mit dem am Freitag in Originalfassung anlaufenden «Hand of God» greift Amazon auf dem Serienmarkt weiter an. Für den Anbieter ist es nun die erste Thriller-Serie. Grund genug, in Berlin eine große Party zu schmeißen, die sich Quotenmeter.de nicht entgehen ließ.

Zur Serie

Im Mittelpunkt von «Hand of God» steht Richter Pernell Harris: Ein vom exzessiven Leben gezeichneter Mann, der sich nach einem Nervenzusammenbruch auf die Suche nach dem Vergewaltiger macht, der seine Familie vor langer Zeit auseinandergerissen hat. Immer häufiger wird der Richter von „Visionen“ heimgesucht, die ihm augenscheinlich über seinen komatösen Sohn direkt von Gott zugesandt und von ihm als Botschaften gedeutet werden. Golden Globe-Gewinner Ron Perlman spielt als Richter Harris in der Psycho-Thriller-Serie seine erste Serien-Hauptrolle nach «Sons of Anarchy».
Montag, 16 Uhr, am Gendarmenmarkt: Das Setting für die Deutschlandpremiere der Pilotfolge von «Hand of God» steht. Die neue Amazon-Serie, deren englische Pilotfolge so gut ankam, dass in den vergangenen Monaten die erste Staffel abgedreht wurde, wird nun auch in Deutschland zum streamen bereitgestellt. Kurz zusammengefasst geht es um einen Richter, der für das fatale Verbrechen an seiner Familie Vergeltung üben will und davon überzeugt ist, durch seinen komatösen Sohn in Form von Visionen Hinweise auf die Identität des Straftäters zu bekommen.

Vor dem Eingang zur Französischen Friedrichstadtkirche wurde ein kleiner Vorplatz mit Tischen abgezäunt, der rote Teppich schlängelt sich von der Straße zu einer Fotowand bis zur Freitreppe des Eingangs entlang. Während das Veranstaltungsteam die Premiere weiter vorbereitet, haben sich bereits einige Fangruppen ihre Plätze an der schwarzen Kordel gesichert, die sich von einem Metallständer zum nächsten hangelt. Mit Autogrammkarten wedeln sie sich im Schatten der niedrigen Ahornbäume bei knalligen Temperaturen um die 30 Grad heiße Luft zu. Bilder von Ron Perlman und Marc Forster werden gezeigt, Filmwissen ausgetauscht und Autogrammstundenerlebnisse erzählt.

Zwei Stunden später gibt es keinen freien Platz mehr in der ersten Reihe am roten Teppich und die Fotografen warten mit ihrem Equipment am Eingang darauf, sich die besten Plätze an der Fotowand sichern zu können. Mandy und Katharina, zwei junge Fans, haben bei einem Amazon-Gewinnspiel auf Facebook eine Berlinreise zur Premiere gewonnen. Schon am Vortag haben sie mehr als sechs Stunden vor einem Fünf-Sterne-Hotel in der Nähe verbracht, um ein Autogramm von Julian Morris zu bekommen, der sonst hauptberuflich Frauenschwarm in Serien wie «Pretty Little Liars» oder «Once Upon a Time» ist. Als die beiden gegen 19 Uhr den roten Teppich entlanglaufen, folgen ihnen die neidischen Blicke der anderen Fans, als sie von der markant kernigen Stimme von Rons deutschem Synchronsprecher Tilo Schmitz abgelenkt werden - ein Mann, viel größer, aber nicht weniger charismatisch als der Schauspieler, dem er seine Stimme gibt. Mandy bekommt auf der Freitreppe ein Getränk gereicht, während Katharina in den schlichten Innenraum der Kirche hineinblickt, sonst ein Ort mit schlichten Wänden und wenig Verzierungen, heute dramatisch ausgeleuchtet und opulent ausgestattet. Ein Beamer wirft wechselnde Filmplakate der Serie in Ultra-HD auf eine große Leinwand auf der anderen Seite des Saales, während über den Sitzreihen und Sofas dazwischen Schwärme von künstlichen weißen Tauben von der gewölbten Decke hängen.

Draußen versammeln sich nach und nach eine Reihe bekannter deutscher Schauspielerinnen sowie mehrere B- bis Z-Promis, als sich an der Straße plötzlich Fotografen und Fans tumultartig zu den neu ankommenden Autos stürzen und die eigentliche Dramaturgie des Abends beginnt. Die meisten Autogrammjäger haben es auf Ron Perlman abgesehen, von denen einer so energisch seine Karten signiert haben will, dass die Security dazwischen gehen muss. Perlmans Schauspielkollegen dahinter haben es da etwas einfacher, Regisseur Marc Forster schlendert sogar ganz locker allein an den Fans vorbei, hier und da stehen bleibend, um Autogramme zu geben.

Nachdem alle Fotografen ihre Bilder haben und jeder ein Glas Wasser bekommen hat, das bereits wenige Minuten später wieder vollkommen ausgeschwitzt ist, beginnt die Premiere im Saal mit dem Gesang eines Kirchenchors. Johanna Klum moderiert zur Einführung eine Gesprächsrunde mit dem Team, das typisch amerikanisch die Arbeit untereinander und an der Serie in den höchsten Tönen lobt. Selbst nach dem Interview-Marathon, der bereits acht Uhr morgens angefangen hat, und den Videodrehs am Nachmittag, stellen sich alle noch einmal den Fragen zur Serie. Ben Watkins und Marc Forster erklären den Inhalt und Charaktere und erzählen Hintergrundgeschichten zum Dreh, als wäre es das erste Mal an diesem Tag. Bei den Geschichten des ganzen Teams bekommt man das Gefühl, dass sich dort eine Familie gefunden und ein Projekt auf die Beine gestellt hat, das so besonders wie kontrovers ist. Durch die für deutsche Verhältnisse immer wieder befremdlich wirkende Lobhudelei scheint die Professionalität des Filmbusiness made in Hollywood hindurch.

Christoph Schneider, Geschäftsführer von Amazon Instant Video für Deutschland, betont in seiner Eingangsrede, dass für die Entscheidung über das Schicksal von Serien anstatt von Test-Screenings mit wenig Publikum bei Amazon die User im Vordergrund stehen. Auch die proklamierte kreative Freiheit, die den Serienmachern zugestanden wurde, heben Regisseur Marc Forster und Drehbuchautor Ben Watkins immer wieder hervor. Amazon konnte bereits mit der Geschichte um einen Transsexuellen Familienvater in der Serie «Transparent» zeigen, dass sie sich nicht scheuen, kontroverse Themen aktiv zu unterstützen. Viele Szenen der Pilotfolge von «Hand of God» sind dann auch erstaunlich kontrovers und provokativ und würden bei einer Vorführung in einer amerikanischen Kirche mit Sicherheit für aufgebrachte Proteste sorgen.

Mandy und Katharina werden während des Screenings nach draußen geführt, wo sie die Möglichkeit bekommen, sich mit Julian Morris und Alona Tal zu unterhalten und Fotos auf dem roten Teppich zu machen. Nach dem Ende der Premiere sind die beiden immer noch draußen, wo neben den Promis, Pressevertretern und anderen geladenen Gästen nun endlich auch Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor den Abend ausklingen lassen können. Erst jetzt wird einem bewusst, was die Leute von Amazon an diesem Abend alles an Geschützen aufgefahren haben, um ihre neue hauseigene Serie zu promoten. Dazu gehört nicht nur, dass sie Film-, Mode- und Musikmagazine, sowie Medienvertreter verschiedenster Internetseiten eingeladen haben, sondern auch Fans und Amazon-Mitarbeiter. Mandy und Katharina finden die Welt der roten Teppiche und Promis schlussendlich nicht so spannend und toll, wie sie gedacht hätten, sind aber mehr als zufrieden damit den Abend Seite an Seite mit den Stars verbracht zu haben und werden sich die Serie – allein schon wegen Julian Morris - ab 4. September ansehen.

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Sentinel2003
02.09.2015 15:57 Uhr 1
Schön, das 2 Fans der Serie diese Premiere gewonnen haben! 8)
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