Die Kritiker

«Berlin2Shanghai»

von  |  Quelle: Inhalt SWR

Zwei Brüder, zwei Räder, 13.000 Kilometer. Die eineiigen Zwillinge Paul und Hansen haben den Trip ihres Lebens gewagt: Auf dem Fahrrad von Berlin nach Shanghai in sieben Monaten.

Inhalt


Die eineiigen Zwillinge Paul und Hansen Hoepner aus Singen am Bodensee sehen sich zwar äußerlich zum Verwechseln ähnlich - haben sich aber über die Jahre und das Studium in verschiedenen Städten auseinandergelebt. Getrennte Wege, getrennte Freundeskreise - nur die Leidenschaft fürs Radfahren teilen sie immer noch. Kurz vor ihrem 30. Geburtstag leben beide in Berlin und beschließen, auf einer gemeinsamen Reise wieder zueinander zu finden. Ihr Ziel: Shanghai. Weit genug von Berlin entfernt, um all das nachzuholen, was sie in den Jahren zuvor versäumt haben. Mit Zelt und Isomatte im Gepäck radeln sie los, immer Richtung Osten. Ihre Erlebnisse und ihre Gefühle halten die beiden in Videotagebüchern fest. Unmittelbar, unverfälscht und authentisch. Mehrmals droht die Tour zu scheitern: Krankheit, fehlende Visa, Streit zwischen den Brüdern. Ihre Reise wird auch zu einer inneren Reise, mit vielen Höhen - und vielen Tiefen. Von Berlin nach Shanghai sind es auf ihrer Route nicht nur viele Kilometer. Weite Strecken des Weges sind alles andere als ungefährlich - bis hin zu seltsamen Begegnungen mit russischen Grenzbeamten oder einem Gefängnisaufenthalt in China. Ihre Reise führt über gewaltige Pässe und endlose Ebenen, durch spektakuläre Landschaften, zu fremden Kulturen und exotischem Essen - es ist der Trip ihres Lebens.

Kritik


Dem Spartensender EinsPlus, der das bewegte Reisetagebuch «Berlin2Shanghai» in drei dreißigminüten Teilen ausstrahlt, gelang mit der außergewöhnlichen Produktion ein wahrer Glücksgriff, der beweist, dass Unterhaltung heutzutage nicht ausschließlich auf Effekthascherei bauen muss, um dem Zuschauer Spaß zu bereiten.
Das etwas andere Road-Movie erfüllt so ziemlich alle Kriterien, die eine Unterhaltungssendung braucht, um beim Publikum anzukommen.
Angefangen bei den beiden Hauptfiguren Paul und Hansen, die die Sendung erst mit Leben füllen. Die beiden sind keine Schauspieler, sondern ganz normale Männer, denen es nur allzu offensichtlich Spaß bereitet, ihre Erlebnisse der Öffentlichkeit preiszugeben. Ohne dass auch nur ein Hauch sämtlicher Szenerien gestellt wirkt, laden die Zwillinge durch ihre bodenständig-sympathische Ausstrahlung dazu ein, dass wir uns mit ihnen auf die Reise zu begeben wollen.

Was wir zu sehen bekommen, sind dank der durchgehend eingesetzten Handkamera-Perspektive, die durch abgewandelte Formen wie zum Beispiel das Benutzen als Helmkamera etwas Abwechslung bekommt, genau die Bilder, die auch die beiden Protagonisten auf ihrer Reise genießen durften. Die intime Atmosphäre, die der Film dadurch ausstrahlt, ist der Schlüssel dazu, weshalb man über technische Schwächen hie und da gern hinwegsehen kann. Zu denen gehört leider eine stellenweise nur äußerst mäßige Soundqualität, einschließlich manch asynchroner Bilder und eine unübersichtliche und ab und an gar willkürlich wirkende Schnittarbeit, die einzelne Szenen ohne Verbindung aneinander reiht. Der Eindruck einer Chronologie kommt somit rasch abhanden, was schade ist: Eventuelle Charakterwandlungen oder das sich Entwickeln des Verhältnisses der Brüder bekommt der Zuschauer somit nur am Rande zu spüren.

Darum ging es Paul und Hansen offenbar jedoch gar nicht. Was zählt, sind die bewegendsten Eindrücke, die die beiden Extremsportler auf ihrer 13.000 kilometerlangen Reise mitnahmen. Dazu gehören nicht nur äußerst imposante Landschaftsaufnahmen, sondern auch Reibereien unter den Brüdern, ebenso wie skurrile Erlebnisse jeglicher Art. Zudem gibt es – fast im Vorbeigehen – Einblicke in die fremden Kulturen, welche das Zwillingspaar auf ihrer Reise durchquerte.

Untermalt wird die andersartige Dokumentation stets vom „Live-Kommentar“ der Hauptdarsteller sowie ab und an von zur Szenerie passender Musik. Dies ist jedoch auch schon der einzige Faktor, der die dokumentarischen Bilder künstlerisch gestaltet. Ansonsten ist «Berlin2Shanghai» die schlichte Aufbereitung eines schier unglaublichen Abenteuertrips, der dank der beiden sympathischen Jungs, tollen Bildern und der bodenständigen Art Spaß macht, jedoch wenigstens ansatzweise eine Dramaturgie hätte vertragen können. So könnte es dem einen oder anderen Zuschauer schwerfallen, zu dieser etwas anderen Art der Dokumentation einen Zugang zu finden.

EinsPlus zeigt «Berlin2Shanghai» in drei Teilen ab dem 10. Juni um 21:45 Uhr.

Mehr zum Thema... Berlin2Shanghai
Kurz-URL: qmde.de/64222
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelPrimetime-Check: Freitag, 07. Juni 2013nächster ArtikelWenn das Kinoeinspiel dem Fußball trotzt

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung