Mich interessieren Themen, die mich selbst berühren und die eine gesellschaftliche Relevanz haben. Filme wie meine Produktion «Systemsprenger» können im Kleinen und im Großen das Bewusstsein schärfen, die Zuschauer mit gesellschaftlichen Themen im besten Sinne unterhalten und manchmal sogar Veränderungen in der Gesellschaft erwirken. Auch «Polizei» ist so eine Geschichte – über eine Generation, die durch Covid auf so vieles Bedeutendes in einem nicht wiederholbaren Lebensabschnitt verzichten musste. Jugendliche, die die Gesellschaft vielleicht in großem Maße verloren hat.
Außerdem schließt sich mit «Polizei» für Laila, Christian Granderath und mich ein Bogen - vor 25 Jahren entstand ein Film, der für uns und auch Andreas Dresen später zu einem Meilenstein wurde: «Die Polizistin». Schon deswegen habe ich keine Sekunde gezögert.
Welche Entwicklung sehen Sie zwischen diesen beiden Projekten, auch im Hinblick auf heutige gesellschaftliche Spannungen?
In gewisser Weise haben wir nun die Perspektive gewechselt, vermutlich weil wir erwachsener geworden sind aber vor allem auch, weil unsere innere Wut im Laufe der Jahre größer geworden ist. Seit 2000 ist viel passiert in unser aller Welt - wir konnten gar nicht anders als diesen Blick einzunehmen. Anton ist wie eine von vielen Figuren, die Laila Stieler in ihren Geschichten erzählt: ein Mensch im Ausnahmezustand.
Filme wie «Polizei» brauchen Mut – auch finanziell und politisch. Gab es während der Entwicklung oder Produktion Momente, in denen Sie den Gegenwind gespürt haben?
In keinem Moment. Christian Granderath und Sabine Holtgreve haben uns ermutigt, mutig zu sein. Jeder von uns hat gekämpft und Standpunkte vertreten – und wir haben auch gestritten. Im Mittelpunkt unserer Arbeit stand immer die im Buch von Laila manifestierte Vision über das Trauma eines jungen Menschen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit einer Autorin wie Laila Stieler, die bekannt ist für präzise, realistische Figuren und soziale Tiefe?
Drehbücher von Laila sind nicht nur unglaublich klug und präzise geschriebene „Anweisungen für die Regie“ (Wolfgang Kohlhaase) – sie sind auch so gestaltet und gedacht, dass Veränderungen schwer vorzunehmen sind. Das ist reizvoll und schwierig zugleich. Die cineastische Wucht der Geschichte mussten wir ganz pragmatisch in Einklang mit unseren Möglichkeiten bringen. Am besten macht man das frühestmöglich und vor allem mit Mitstreitenden in allen Gewerken, die inhaltlich ambitioniert denken und Lust verspüren, wichtige Dinge zu erzählen. In allen Bereichen haben wir uns abgestimmt und ausgetauscht – vor allem in der Besetzung. Ich habe mit Laila oft auch als Producerin gearbeitet – sie hat ein unfassbar gutes Gespür für die Umsetzung eines Stoffes – in allen Bereichen.
Mit Buket Alakuş stand eine Regisseurin am Ruder, die stark auf Empathie und Nähe setzt. Wie war der kreative Austausch zwischen Produktion und Regie?
Buket bei dieser Arbeit zu begegnen war ein ganz großes Geschenk. Als Mutter eines Teenagers weiß sie sehr genau wovon wir in der Geschichte sprechen – auch das half. Ihre offene und warmherzige Art hat uns gut zueinander gebracht und es fiel uns beiden leicht, wichtige Entscheidungen zu treffen. Sie ist neugierig und offen – und vor allem ist sie sehr solidarisch. Für mich ist die Arbeit mit der Regie immer nur mit größtem gegenseitigem Vertrauen möglich. Bei unserem Projekt: ein Idealfall von kreativem und menschlichem Miteinander.
Levy Rico Arcos trägt als Anton den Film. Welche Überlegungen standen hinter seiner Besetzung – und was hat er Ihrer Meinung nach der Figur hinzugefügt?
Wir haben frühzeitig mit der tollen Casterin Jacqueline Rietz sehr intensiv geschaut und gearbeitet. Vor der Suche nach Anton hatten wir seine Eltern bereits besetzt.
Trauma, Verletzung und Ohnmacht – das waren immer wieder die Eckpunkte, die wir mit der Figur in Verbindung brachten. Levy war auch durch seine spürbare innere Unschuld, die er uns eindrucksvoll in den Probeaufnahmen spüren ließ, ganz schnell der Favorit. Ich ziehe immer noch den Hut davor, wie er wirklich schwer darzustellende Gefühle ganz eindrucksvoll zeigt. Seine physische Präsenz hat uns weggehauen und den Film bereichert.
«Polizei» wurde in Berlin und Umgebung gedreht. Wie wichtig war Ihnen ein authentisches Setting, das glaubwürdig den Alltag von Antons Welt zeigt?
Bei jedem Film muss man vor allem die für die Geschichte richtigen Dinge finden. Berlin ist keine einfache Stadt zum drehen – wir haben mit Intensität nach dem gesucht, was Anton umgibt. Wie so oft müssen diese Schauplätze dann auch hergestellt werden und die Umstände unter denen der Dreh stattfindet, Berücksichtigung finden. Ich glaube, das ist uns gut gelungen.
Die ARD zeigt den Film als Fernsehproduktion – und doch hat er fast Kinoqualität. War das von Anfang an Ihre künstlerische Vision?
In meiner Herangehensweise mache im Grunde nie einen Unterschied zwischen Fernsehen und Kino. Ich versuche immer das Beste mit allen unter den vorhandenen Umständen zu erreichen. Die im Fernsehen minutiös-festgelegte Länge ist das Einzige, was es oft oder immer schwer macht. Damit muss man pragmatisch umgehen und dennoch bleiben genügend Möglichkeiten, auch erzählerisch und visuell Besonderes zu schaffen - wenn man will. Auch hier haben wir alle Beteiligten ermutigt, so zu denken und sie haben dankbar diese Einladung angenommen.
Inwiefern verstehen Sie «Polizei» als politisches Werk – oder eher als humanistische Geschichte über Verantwortung und Vertrauen?
Für mich letzteres: «Polizei» ist ja auch ein Film darüber, wie unsere Politik und Gesellschaft in Vielem Vertrauen verspielt haben, und trägt ein ungemein wichtiges Thema mit sich: Was passiert mit unseren Heranwachsenden, wenn durch Polizeigewalt ihr Glaube an Demokratie und Gerechtigkeit verloren geht, weil sie sich nicht verstanden fühlen und wenn die Gesellschaft nicht imstande ist, sie mit auf den Weg zu nehmen?
Am Ende steht er Satz: „Und was passiert mit unseren Kindern?“ Diese Frage in den Mittelpunkt des Filmes zu rücken war für mich der größte innere Antrieb am Projekt.
Wenn Sie auf Ihre Produzentenkarriere und Filme wie «Systemsprenger» zurückblicken – was treibt Sie persönlich an, immer wieder Geschichten über gesellschaftliche Verantwortung und menschliche Verletzlichkeit zu erzählen?
Filme im Fernsehen und im Kino – Kunst überhaupt - können Ausgangsorte sein, dass Menschen über unser aller Leben nachdenken und in den friedvollen Austausch kommen. Wenn diese wunderbare Form des kulturellen Miteinander unser Leben bereichert dann haben wir etwas erreicht. Im besten Falle werden sie auch „unterhalten“. Ich wünsche mir immer Geschichten mit einer starken inneren Haltung der Macher – auch weil ich genau diese in Gesellschaft und Politik oft schmerzlich vermisse.
Danke für Ihre Zeit!
«Polizei» ist seit 19. November in der ARD Mediathek abrufbar. Das Erste strahlt den Film am Mittwoch, den 26. November, um 20.15 Uhr aus.








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