Die Kritiker

«Petra geht baden»

von

Mit Ulrike Kriener in der Hauptrolle zeigt das ZDF am Sonntagabend einen Film übers Altwerden, der sich nicht entscheiden kann, was er erzählen will.

Stab

Darsteller: Ulrike Kriener, Rolf Lassgård, Philipp Moog, Lara Mandoki, Tatiana Nekrasov, Zdeněk Pecháček
Schnitt: Julia Steinke
Musik: Annette Focks
Kamera: Martin Farkas
Drehbuch: Uli Brée
Regie: Rainer Kaufmann
Es gibt Fernsehfilme, die den Zuschauer sanft an die Hand nehmen, und solche, die ihn an der Raststätte stehen lassen. «Petra geht baden», der neue ZDF-Sonntagsfilm von Regisseur Rainer Kaufmann, der schon seit dem 20. September in der Mediathek zu sehen ist, gehört eher zur zweiten Sorte. Dabei schien das Projekt auf dem Papier vielversprechend: Ein namhaftes Schauspieler-Ensemble, ein Regisseur mit Erfahrung im feinsinnig-komödiantischen Fach und ein Drehbuch aus der Feder von Uli Brée, der sonst durchaus Gespür für menschliche Brüche gezeigt hat. Doch diesmal geht die Rechnung nicht recht auf.

Die Geschichte: Petra Andersson (Ulrike Kriener), einst Managerin im oberen Führungskader, findet sich nach Eintritt in den Ruhestand in einem Vakuum wieder. Ordnung, Listen, Meetings – alles, was ihr Leben bislang ausmachte, löst sich in Luft auf. Nur ihr Mann Erik (Rolf Lassgård) scheint die neu gewonnene Freiheit zu genießen. Petra aber hat panische Angst vor der Leere. Um das Versprechen eines gemeinsamen Camper-Urlaubs einzuhalten, engagiert sie hinter Eriks Rücken ihre ehemalige Assistentin Georgette (Lara Mandoki), die das chaotische Unterfangen minutiös vorbereiten soll. Natürlich bleibt der geheime Plan nicht ohne Komplikationen – zumal Erik sich für verfallene „Lost Places“ begeistert, während Petra nur Sicherheit im Sinn hat.

Brisant wird es, als Bruno (Philipp Moog), Eriks alter Nebenbuhler, Petra ein neues Jobangebot unterbreitet. Der Mann, der schon früher ihr Herz erobern wollte, versucht nun, sie in die Arbeitswelt zurückzulocken. Zwischen Abenteuerlust, Verführung und Pflichtbewusstsein droht die Hauptfigur zu zerreißen.

Das alles klingt nach einer tragikomischen Versuchsanordnung über den Übergang ins Alter, über die Frage, wie Paare den Ruhestand überstehen und ob berufliche Identität den Menschen trägt oder fesselt. Ein Thema also, das viele bewegt und gerade im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ein breites Publikum anspricht. Doch «Petra geht baden» macht es sich in seiner Inszenierung zu einfach.

Kaufmanns Regie schwankt dabei unaufhaltsam zwischen Klamotte und Melodram, ohne sich je für einen Stil zu entscheiden. Eine Szene lang lacht man über die neurotische Ordnungsliebe Petras, kurz darauf erstarrt die Komödie, wenn Bruno seine Avancen unterbreitet. Diese Brüche könnten spannend sein – doch sie wirken nicht dialektisch, sondern unfreiwillig. Man spürt das Bemühen, in 90 Minuten gleichermaßen Leichtigkeit und Tiefgang zu erzeugen. Heraus kommt ein Zickzackkurs, der jede emotionale Bindung erschwert.

Die Schauspieler versuchen indes, das Beste daraus zu machen. Ulrike Kriener hat zweifellos das komödiantische Timing, um eine neurotische Rentnerin glaubhaft zu verkörpern, aber das Drehbuch gönnt ihr zu wenige Zwischentöne. Rolf Lassgård wiederum darf seine klare Präsenz ausspielen, bleibt jedoch im Klischee des abenteuerlustigen Ehemanns stecken. Philipp Moog zeichnet den Nebenbuhler Bruno zwar mit Charme, aber ohne Ambivalenz; er bleibt eine dramaturgische Funktion, kein Mensch aus Fleisch und Blut.

Handwerklich ist der Film solide, aber uninspiriert. Martin Farkas’ Kamera findet hübsche Bilder, doch sie tragen die Geschichte nicht. Annette Focks’ Musik untermalt, wo sie interpretieren müsste. So bleibt «Petra geht baden» ein Werk, das seine eigene Mitte nicht findet. Weder als Komödie über das Eheglück der späteren Lebensjahre, noch als Drama über den Verlust beruflicher Identität, noch als Roadmovie über das Abenteuer im Alter kann er überzeugen. Stattdessen gleicht er einer To-do-Liste, deren Punkte zwar abgehakt, aber nicht erfüllt sind.

Schade ist das, weil das Thema an Relevanz kaum zu übertreffen ist. Immer mehr Menschen rutschen heute unvorbereitet in den Ruhestand, suchen Halt, verheddern sich zwischen Freiheitsversprechen und Sinnsuche. Genau darüber hätte der Film mit Witz und Schärfe erzählen können. Stattdessen verschenkt er sein Potenzial an halbherzige Wendungen und ungelenke Tonwechsel.

Der Film «Petra wird baden» wird am Sonntag, den 28. September um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.

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