Jonathan Westphal: Wir hatten einfach das Gefühl, dass diese Geschichte bisher nicht erzählt wurde. Uns ist an uns selbst aufgefallen, dass es uns manchmal schwerfällt, mit unseren männlichen Freunden über Gefühle zu sprechen und uns dabei wirklich verletzlich zu machen – und das, obwohl wir doch eigentlich glaubten, so progressive moderne Männer zu sein.
Yves Guillaume: Die Idee für das Thema entstand, als ich mit einem Freund joggen war. Während dem Lauf sprachen wir viel über Beziehungen, Mental Health und was uns gerade beschäftigt. Als ich nach Hause kam, merkte ich, wie wenig ich das eigentlich mit männlichen Freunden mache. Und dann habe ich mich gefragt, warum es keine Serien gibt, in denen Männer genau das tun. Frauen haben so viele Serien, in denen über Gefühle geredet wird. Ich habe mir gedacht, dass das eine richtige Marktlücke ist. Dann habe ich Jonathan gefragt, ob er Lust hätte, eine Serie zu dem Thema zu machen, und er war auch sofort begeistert.
Sie kombinieren in «Softies» humorvolle Elemente mit sehr intimen, verletzlichen Themen. Wie gelingt es Ihnen, diese Balance zu halten, ohne ins Klamaukige oder allzu Tragische abzurutschen?
Yves Guillaume: Das ist eine Gefühlsfrage. Man muss beim Schreiben schauen, was sich richtig anfühlt. Humor hilft ja auch immer, um Beklemmungen zu lösen. Auf diese Art ergänzen sich Comedy und Drama super.
Jonathan Westphal: Ich würde auch sagen, das war ein Balanceakt. Uns war immer wichtig, ehrlich zu erzählen, ohne dabei ins Selbstmitleid zu verfallen. Ein bisschen Klamauk finde ich okay, aber ein Großteil des Humors sollte auf jeden Fall aus unseren Figuren und ihren spezifischen Eigenschaften kommen. Wir waren zudem in der glücklichen Situation, dass wir die Autoren der Serie sind und Regie geführt haben. So konnten wir unsere Vision von Anfang bis Ende auch wirklich umsetzen.
Männlichkeit steht im Zentrum der Serie – genauer gesagt: das Hinterfragen klassischer Rollenbilder. Welche persönlichen Erfahrungen oder Beobachtungen haben Sie beim Schreiben besonders geprägt?
Jonathan Westphal: Wir wussten von Anfang an, dass wir mit Softies eine Serie machen wollen, bei der starke Figuren im Zentrum stehen, die sich jeweils auf eine andere Art mit ihrer eigenen “Männlichkeit” auseinandersetzen. Deshalb ging es für uns gerade am Anfang vor allem darum, diese Figuren zu entwickeln und kennenzulernen. In so einem Prozess lernt man sich selbst auch immer besser kennen. Wir haben festgestellt, wo wir selbst noch an uns arbeiten müssen und wo es uns schwerfällt, unseren eigenen Idealen zu entsprechen. Ich hab’ selbst zum Beispiel gemerkt, wie viel Angst ich eigentlich davor habe, als schwach angesehen zu werden oder die Kontrolle zu verlieren.
Yves Guillaume: Für mich war es lange so, dass ich über Gefühle nur mit Freundinnen sprach. Ich weiß noch genau, wie komisch es sich die ersten Male anfühlte, mit meinen männlichen Freunden darüber zu reden. Das hatte ich nicht gelernt. Und das hängt natürlich viel mit unserem Rollenbild von Männlichkeit zusammen, immer funktionieren zu müssen und keine Schwäche zeigen zu können. Persönliche Erfahrungen wie diese, die in einer gewissen Weise auch immer strukturelle sind, eignen sich natürlich super, um daraus Figurenbögen zu machen, bei denen hoffentlich möglichst viele Zuschauer:innen mitfühlen können.
Wie wichtig war Ihnen der Aspekt der Repräsentation: also junge Männer mit Unsicherheiten, emotionaler Tiefe und einem gebrochenen Bild von Stärke?
Yves Guillaume: Das ist der Kern der ganzen Serie. Quasi der Grund, warum wir diese Serie produzieren wollten. Ich dachte mir, wie cool es gewesen wäre, eine solche Serie als Jugendlicher zu sehen anstatt nur «Two and a Half Men» oder «Entourage». Und mit Damian Hardung, Samir Salim und Oskar Redfern haben wir drei tolle Schauspieler gefunden, die jeweils perfekt ihre Rollen ausgefüllt haben.
«Softies» ist bereits das dritte Projekt aus dem „Storytellers“-Programm. Inwiefern hat Ihnen die Zusammenarbeit mit RTL+ und der UFA kreative Freiräume ermöglicht – oder auch Grenzen gesetzt?
Jonathan Westphal: Ich würde sagen, dass es viel mehr Freiräume gab, als Grenzen. Sowohl die Ufa als auch RTL waren von Anfang an bereit, sich auf die Vision voll einzulassen. Sie haben uns oft eher gepuscht, vielleicht nochmal tiefer oder emotionaler zu gehen. Dabei ging es selten um Zielgruppen oder den ominösen “Zuschauer”, sondern meist darum, qualitativ noch mehr rauszuholen.
Yves Guillaume: Wir hatten sehr viel Glück mit der UFA und unserem Produzenten Eike Adler. Er hat uns wirklich den Rücken freigehalten, damit wir uns auf die kreative Arbeit konzentrieren konnten. Außerdem haben wir viele Entscheidungen, die wir auf Grund des Budgets treffen mussten, gemeinsam getroffen. Das ist nicht immer so üblich und war einfach eine schöne Erfahrung.
Zudem standen Eike und die UFA uns auch kreativ zur Seite und unterstützten sowohl die Prozesse als auch uns, wo sie nur konnten. Und unser Redakteur Julian Schmelcher von RTL+ hat sowieso von Anfang an unsere Vision geglaubt und war mit seinem Feedback eine große Hilfe in der Stoffentwicklung und im Schnitt.
Die drei Hauptfiguren sind sehr unterschiedlich, aber alle auf der Suche nach sich selbst. Hatten Sie beim Schreiben bestimmte Vorbilder – aus dem echten Leben oder der Popkultur?
Jonathan Westphal: Ja und nein. Unsere Vorbilder aus dem echten Leben waren Hybride aus uns selbst und Freunden von uns - wobei aber keine Figur eine bestimmte Person ist, sondern eher eine konzentrierte Version von Anteilen, die wir bei uns und vielen anderen unserer männlichen Freunde gefunden haben. Als großer Comedy und Sitcom-Fan habe ich auch immer Serien wie Girls, Fleabag oder Sex and the City als relevante Vorbilder gesehen. Comedys, in denen es viel um Gefühle und Beziehungen geht – aber halt mit weiblichen Hauptfiguren.
Yves Guillaume: Wir haben am Anfang des Schreibprozesses viel darüber geredet, was uns eigentlich im Bezug auf Männlichkeit beschäftigt. Das war ein guter Ausgangspunkt für die Figuren. Die Geschichten haben wir natürlich noch einmal zugespitzt und dramatisiert. Inspiriert haben uns auch Gespräche mit Freundinnen und ihre Erfahrungen mit Männern. Popkulturell haben wir uns auch von Schauspielern und Sängern inspirieren lassen, die für eine neue, “softere” Art von Männlichkeit stehen, wie zum Beispiel Pedro Pascal oder Harry Styles.
Ein zentrales Thema ist der Druck zur Selbstoptimierung, der sich bis in intime Lebensbereiche zieht. Was möchten Sie Zuschauern mit der Serie diesbezüglich mitgeben?
Jonathan Westphal: Für mich ist Selbstoptimierung oft Suboptimierung. Wir versuchen Stimmen in uns zu widerlegen, die dadurch aber niemals Ruhe geben werden und die wir damit nur validieren. Es hilft oft mehr, sich zu fragen, wessen Stimme das eigentlich ist und wieso sie so eine Macht über einen hat.
Mit Damian Hardung, Samir Salim und Oskar Redfern konnten Sie ein junges, sehr präsentes Ensemble gewinnen. Wie lief der Castingprozess ab – und worauf haben Sie bei der Besetzung besonders geachtet?
Yves Guillaume: Besonders wichtig war für uns zum einen, dass unsere Schauspieler viel Humor und Selbstironie haben, aber auch, dass sie den emotionalen Kern ihrer Figuren nachempfinden können. Außerdem sollen sie natürlich auch als Ensemble funktionieren und glaubhaft wie eine Freundesgruppe rüberkommen. Wir haben im Casting auch viel mit Improvisation gearbeitet und so schnell gemerkt, wer sich in welcher Figur wirklich zu Hause fühlt. Bei dem ganzen Prozess war unsere Casterin Berti Caminneci mit ihren Vorschlägen eine riesige Hilfe.
Die Serie ist auf fünf Episoden angelegt. War das von Anfang an so geplant oder hätten Sie sich mehr Erzählraum gewünscht?
Jonathan Westphal: Als Regisseur und Autor wünscht man sich vermutlich immer mehr Erzählraum. Im ursprünglichen Konzept hatten wir noch einen vierten Softie angelegt und die Serie war mehr als Endloserzählung aller «Sex and the City» gedacht. Die Beschränkung auf fünf Folgen hat uns aber sehr geholfen, zu verdichten und den Kern auf den Punkt zu bringen.
Und zuletzt: Welche Reaktionen wünschen Sie sich von Ihrem Publikum – und welche Diskussionen möchten Sie mit «Softies» anstoßen?
Jonathan Westphal: Ich glaube, ich wünsche mir vor allem, Verständnis zu erzeugen. Bei jungen Männern Verständnis für sich selbst, bei Frauen vielleicht ein Verständnis dafür, in was für einer komischen Welt wir Männer oft leben und auch wie einsam das manchmal sein kann. Für mich persönlich soll die Serie auch einen Kontrapunkt zur “Männer gegen Frauen“ Debatte setzen und kann vielleicht dazu anregen, patriarchale Strukturen und Geschlechterbilder gemeinsam zu überwinden. Weil die eben nicht nur schlecht für Frauen sind – sondern auch für Männer. Und für alle anderen. Für uns alle halt.
Yves Guillaume: «Softies» soll Mut machen, als junger Mann zu seinen eigenen Gefühlen zu stehen und dazu anregen, auch mit den eigenen Freunden darüber zu reden. Wir wollen zeigen, dass Männer auch sensibel sein können und eine Alternative schaffen zu dem, was wir sonst so sehen – auf eine humorvolle Art, sodass es Spaß macht.
Danke für Ihre Zeit!
«Softies» ist ab Freitag, den 6. Juni 2025, bei RTL+ abrufbar.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel