Interview

Sven Voss: Keine ‚True Crime in Hollywood-Manier‘

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Der Moderator steht ab Juli für vier neue «XY gelöst»-Ausgaben vor der Kamera. Diese sind künftig am Mittwochabend zu sehen.

Hallo Herr Voss! Im August 2022 strahlte das ZDF vier Folgen von «XY gelöst» am Freitagabend aus. Die Reichweiten waren super, selbst bei den jungen Zuschauern wurden gute Werte verbucht. Was haben Sie intern für ein Resümee gezogen?
Wir waren zunächst mal stolz drauf, dass unser Format so gut ankommt bei den Zuschauerinnen und Zuschauern. Die Entscheidung, mit «XY gelöst» nach Draußen zu gehen, an die Orte des Verbrechens und mit den Ermittlern über die Umstände der Taten zu sprechen, ging auf. Die zweite Staffel wir noch etwas emotionaler und detailreicher, ohne dass wir von unserer seriösen und faktenbasierten Erzählweise abweichen. Wo «XY» draufsteht, ist auch «XY» drin!

Obwohl die Werte so toll waren, übernehmen Sie am 5. und 12. Juli den Sendeplatz von «Aktenzeichen XY… ungelöst». Wollen Sie und Ihr Team noch höher hinaus?
Wir sind Teil der «XY»-Familie und unsere Sendungen basieren auf denselben Prinzipien wie «Aktenzeichen XY… ungelöst». Wir zeichnen Verbrechen nach, ohne zu dramatisieren oder zu verfälschen, haben eine Relevanz. Wenn die Zuschauer True Crime in Hollywood-Manier suchen, sind sie bei uns falsch. Zum Glück gibt es so viele Menschen, die die Wahrheit hinter den aufgeklärten Verbrechen interessiert und deshalb hoffentlich auch auf dem traditionellen «XY»-Sendeplatz am Mittwoch einschalten. Auch dass wir zwei Folgen nacheinander zeigen mit zwei unterschiedlichen Fällen, ist neu. 90 Minuten «XY gelöst» am Stück, das ist ein spannendes Experiment.

Bereits seit dem 28. Juni sind die Folgen vorab in der ZDFmediathek zu sehen. Ist das nicht hinderlich, wenn man den Mittwochabend bekommt?
Lineares Fernsehen und Mediathek, das schließt sich im ZDF längst nicht mehr aus. Ich bin auch mit Fernsehen im Fernseher aufgewachsen, habe meine Sehgewohnheiten aber verändert. Wenn mich etwas interessiert, will ich es sofort anschauen. Wir sind aber keine Live-Sendung wie «Aktenzeichen XY… ungelöst», insofern kann man sich die Fälle gerne auch schon vorher in der Mediathek anschauen. Am Ende stehen dann sogar acht Fälle in der Mediathek. Das ist ja schon eine echte Serie. True-Crime-Fans sollten sowieso alle Folgen anschauen. In meinen Augen wird es die Ausstrahlung im Fernsehen flankieren, Aufmerksamkeit schaffen.

Sie sind das Gesicht von «XY gelöst». Arbeiten Sie auch in der Redaktion mit?
An der Auswahl der Fälle bin ich nicht wirklich beteiligt, spreche aber mit der ZDF-Redaktion und den Produzenten der Securitel im Vorfeld über die Drehbücher. Das ist auch total wichtig, weil ich der Mann vor Ort bin. Ich treffe die Ermittler und Staatsanwälte, auch Zeugen und Experten an den Orten, wo die Verbrechen stattgefunden haben oder den Fundorten der Leichen. Das muss ich schon sehr in den Fall drin sein, um diese Gespräche zu führen, die entscheidenden Fragen zu stellen. Wir reden ja über aufgeklärte Fälle, die teilweise mehr als zehn Jahre her sind, da ist die Recherche das A und O. Beeindruckend war, wie sehr sich die Kommissare mit den Fällen "ihres Lebens" identifizieren, wie sie noch jedes Detail kennen.

Wie wurden die Fälle ausgesucht, die man in den vier neuen Folgen sehen kann?
Die Redaktion kennt eine Vielzahl an Fällen, die als Cold Cases in Frage kommen. Viele wurden mehrfach bei «XY ungelöst» vorgestellt, bis dann irgendwann doch noch der entscheidende Hinweis kam, der die Ermittlerinnen und Ermittler auf die richtige Spur brachte. Außerdem ist das Verhältnis zur Polizei so gewachsen und so vertraut, dass auch von dieser Seite immer wieder Vorschläge kommen. Am Ende entscheidet aber auch, ob wir den Fall auch gut fürs Fernsehen aufarbeiten können und wie spektakulär die Ermittlungsarbeit war. Gab es Wendungen in dem Fall? Wieso konnten die Täter so lange unentdeckt bleiben? Wie geht das Leben für die Angehörigen der Opfer weiter und sprechen sie vielleicht sogar über das Verbrechen? Das sind Dinge, die eine Rolle spielen bei der Auswahl.

Sie machen sich für die Produktion auf die Reise, sprechen mit den Ermittlern und sind vor Ort. Sind solche Aufnahmen wichtig, um der Reihe ein Gesicht zu geben?
Die Entscheidung, an die Tat- oder Fundorte zu gehen, Ermittler und Experten zu treffen und mit ihnen zu sprechen ist definitiv der Unterschied zu «XY ungelöst». Die Gespräche vor Ort haben eine eigene Dynamik, entwickeln sich. Da braucht es jemand, der zuhört, reagiert, Zusammenhänge hinterfragt und Emotionen aufkommen lässt. Das kann noch keine KI. Damit ist auch meine Aufgabe in der Sendung klar.

Das ZDF feierte 60 Jahre «das aktuelle Sportstudio». Gab es bei Ihnen und Ihrem Team eine Feier?
Nach der 60 kommt die 61 und nach dem letzten Bundesligaspieltag kommt bald schon wieder der Start in die neue Saison. Für ne Feier bleibt da eigentlich keine Zeit. Aber wir haben ja gerade unseren Jubiläumsfilm «60 Jahre Sportstudio» gezeigt, in dem ich als Zeitreisender durch die Highlights der Jahrzehnte reise. Am Montag vor ein paar Wochen haben wir in der Redaktion darüber gesprochen und es kam raus, wie stolz jeder einzelne ist, ein Teil dieser ZDF-Sportredaktion zu sein. Manchmal braucht es vielleicht gar keine Feier, sondern nur eine gemeinsame Erinnerung an das, was wir seit 60 Jahre ganz gut machen.

Dunja Hayali hat die Moderation überraschend aufgegeben. Können Sie ihre Entscheidung nachvollziehen, möglicherweise auch im Hinblick darauf, dass man künftig am Samstagabend frei haben möchte?
Ich kann Dunjas Entscheidung verstehen. Aber es hatte vermutlich weniger mit dem Samstagabend zu tun, als damit, dass man bei mehreren Sendungen auch immer Prioritäten setzen muss. Für mich sind der Sport und «XY gelöst» auch zwei wichtige Felder, in denen ich arbeite, die aber momentan nicht kollidieren. Ist doch schön, wenn man im Fernsehen in mehr als nur einem Thema zuhause ist und in beiden Genres funktioniert. Sport und «XY», das klappt auch bei meinem Kollegen Rudi Cerne super.

Die Bundesliga wünscht sich höhere Einnahmen durch die nationalen Fernsehsender. Sollten vielleicht wieder mehr Spiele im frei-empfangbaren Fernsehen zu sehen sein?
Livesport funktioniert im Fernsehen immer noch überragend. Deshalb hat das ZDF ein so großes Rechtepaket. Nicht nur im Fußball und in der Bundesliga. Dass wir auch in den nächsten zwei Jahren Livespiele im DFB Pokal haben, gibt uns eine zusätzliche Relevanz als ZDF Sport. Hinzukommen Olympische Sportarten und Großereignisse. Nur auf die Fußball-Bundesliga zu setzen ist nicht die Linie des ZDF, soweit ich weiß. Mit unserem Rechtepaket rund um das Abendspiel am Samstag sind wir schon gut aufgestellt. Das trägt das «Sportstudio».

War die vergangenen Bundesliga-Saison eigentlich aufgrund der Nebengeräusche oder der Ereignisse auf dem Platz spannender?
Jeder, der sich im weitesten Sinne für Fußball interessiert, wird diese Frage mit JA beantworten. Ich natürlich auch. Wir haben uns jetzt mindestens 10 Jahre nach mehr Spannung im Titelkampf gesehnt. Endlich hatten wir eine megaaufregende Meisterkonferenz am letzten Spieltag. Mein Sohn ist elf und hat das zum ersten Mal überhaupt erlebt. Auch wenn es immer noch so ist, dass der Meister immer Bayern München hieß, seit er auf der Welt ist. Die Unruhe und unvorhergesehene Ereignisse auf dem Platz sind natürlich auch für uns Sportjournalisten Leckerbissen. Nicht nur für die Fans an den Stammtischen und die fußballbegeisterten Kinder auf den Schulhöfen. Freue mich schon auf den Start in die kommende Saison.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

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