Hingeschaut

«Ponyhof»: Unverblümt, chaotisch, mehr davon!

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Einschaltbefehl: „Die nervige Blondine“ Annie Hoffmann und „die ätzende Brünette“ Jeannine Michaelsen wandeln in ihrer starken, neuen Comedyshow «Ponyhof» auf den Spuren von Joko und Klaas.

Ein Unterhaltungsformat mit zwei smarten, toughen Mädels, die fernab gängiger Klischees ihr Ding machen und es krachen lassen.
Anke Greifeneder erklärt, was das Publikum mit «Ponyhof» erwarten darf
Hey, du! Ja, genau du! Dir ist «Circus HalliGalli» zu nett und zu massenkonform? Und Jan Böhmermann führt dir all zu selbstbewusst durch das «Neo Magazin Royale»? Brauchst du einen neuen Fix an herbem Comedychaos? Eine anarchische, sinnlose, freche Sendung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem kleinen Kabuff vor sich hinproduziert wird, völlig frei von Hemmungen? Dann reite doch mal zum «Ponyhof»! Denn dort ist der Humor zu gleichen Teilen herb und spritzig, das Moderatorenduo neckt sich in einem freundschaftlich-konkurrierenden Tonfall und gesoffen wird auch! Wenn nicht gerade über Sex geulkt wird …

Aber der Reihe nach: Mit «Ponyhof» stürzt sich der Pay-TV-Sender TNT Glitz kopfüber ins Segment der süffisant-charmanten, tabuarmen Comedy, wie sie derzeit im deutschen Fernsehen von Jan Böhmermann, Carolin Kebekus und vor allem Joko und Klaas besetzt wird. Gerade die zwei letztgenannten Entertainer sind auch eine hervorragende Vergleichsmöglichkeit, um diese Produktion von Endemol Shine Germany zu beschreiben. Denn mit einer urigen Stimmung, einem publikumsarmen Studio und einem juvenilen, doch ansteckend launigem Humorverständnis erinnert dieses Format frappierend an Jokos und Klaas Karrieresprungbrett «MTV Home». Bloß, dass nun keine zwei VJs ihre Entertainerkompetenzen vorführen, sondern «Crash Games»-Frechdachs Annie Hoffmann und Moderatorin Jeannine Michaelsen.

Letztere scheint sich während ihrer Zusammenarbeit mit Joko und Klaas bei «Das Duell um die Welt» einiges vom Comedy-Duo abgeguckt und dann an ihre eigene Art angepasst zu haben: Michaelsen agiert in «Ponyhof» lockerer und schlagfertiger denn je – und ihre Interaktion mit Hoffmann hat viel vom kumpelhaften Konkurrenzdenken, das schon Joko und Klaas sowie Elton und Simon zu Erfolg führte. Was aber nicht heißen soll, dass «Ponyhof» eine schale Kopie ist: Mit taffem, unverschämt ehrlichem Auftreten, das sämtliche Vorurteile aushebelt, die gegen TNT Glitz bestehen könnten, spielen Hoffmann und Michaelsen gegen ihre Damenhaftigkeit an – und lassen ihren Witz so auf einer Säule fußen, die Elton & Simon sowie Joko & Klaas selbstredend nicht nutzen können.

Außerdem verzichten die Moderatorinnen, zumindest in den Quotenmeter.de vorliegenden, ersten beiden Ausgaben, auf solche Extremwettbewerbe, wie sie etwa aus «Circus HalliGalli» bekannt sind. Stattdessen piesacken sie sich (und ihre männliche Umgebung), indem sie sich dazu drängeln, bei einem Date gegen allerlei Benimmregeln zu verstoßen. Aber auch der Klassiker „Alkoholmissbrauch“ findet in «Ponyhof» statt, namentlich in der Rubrik «21 Drunk Street»: Eine Hälfte des Duos muss eine Straßenumfrage durchführen, und nach jeder Antwort eines Passanten einen Schnaps trinken – erst nach 21 Shots ist die Reporterin erlöst.

Das Stroh in der Suppe

Aller Anfang ist schwer, selbst für eine aus dem Stand heraus dermaßen überzeugende Sendung wie «Ponyhof». Daher seien hier Randbemerkungen zu den Auftaktfolgen gestattet, die die Macher nicht verunsichern, sondern nur als Hinweis dienen sollen, wo es noch nicht ganz rund läuft: Der Ton bei den Außendrehs ist in den Atempausen manchmal zu laut aufgedreht, so dass arg viele Schmatzgeräusche hörbar sind. Im Studiosegment fällt bei den Gästen das Make-Up recht stark auf, was je nach Blickwinkel etwas unvorteilhaft aussieht. Und da die Sendung – nahezu – ohne Studiopublikum auskommt, darf der Schnitt noch etwas straffer ausfallen, damit der gelungene Schlagabtausch zwischen den Moderatorinnen nicht zu sehr verhallt. Wohlgemerkt: Das sind nur winzige Unperfektheiten, die kaum wem auffallen dürften. Aber wenn sonst alles sitzt, wieso sollte man nicht auch diese Details feinschleifen?
Das Ergebnis ist, dank des völligen Mangels an Eitelkeit, den Hoffmann und Michaelsen beweisen, äußerst komisch. Diese Qualität hilft dem Duo auch in anderen Einspielern, etwa, wenn sie inkognito Marktforschung betreiben und dabei erfahren, dass sie in Augen des männlichen Publikums androgyn wirken und den Eindruck erwecken, sich einfach nur die Karriereleiter hochgebummst zu haben. Ein weiterer Beitrag zeigt Michaelsen als Porno-Regisseurin – und tänzelt gekonnt auf der Linie zwischen schlüpfrig und keck, ohne je billig oder bemüht rüber zu kommen.

Langer Rede, kurzer Sinn: „Die nervige Blondine und die ätzende Brünette“, wie sie sich selber nennen, empfehlen sich mit «Ponyhof» als Deutschlands neuste Comedyhoffnung. Ihre Sendung ist nicht ganz so imposant-durchgeknallt wie «Circus HalliGalli» und hat anders als das «Neo Magazin Royale» auch keine Haltung. Aber das gereicht dem Format durchaus zum Vorteil: Erfrischend planlos, unverblümt und derb, ohne sich an seiner Schmuddeligkeit aufzugeilen, ist «Ponyhof» strikt heraus handelnde Fernsehunterhaltung. Diesen Eindruck untermauern auch die Studio-Gespräche mit den Stargästen. Weder Nora Tschirner, noch Micky Beisenherz stellen in ihren jeweiligen Ausgaben irgendwelche Projekte oder Produkte vor. Sie blödeln einfach nur mit den Gastgebern herum und spielen Aktionsspiele, wie sie auf einem Teenie-Geburtstag vorkommen könnten – und das mit authentischem Spaß am Unsinn.

Vorerst plant TNT Glitz nur mit sechs Folgen vom «Ponyhof». In einer gerechten Welt wird dies nur der Anfang sein. Denn von diesem Kleinod braucht Fernsehdeutschland noch viel, viel mehr. Aber wir leben nun einmal in keiner gerechten Welt. Und da das Leben zudem bekanntlich weder ein Ponyhof, noch ein Wunschkonzert ist, heißt es: Einschalten! Und Daumen drücken, dass der «Ponyhof» ordentlich Staub aufwirbelt, so dass der Pay-TV-Kanal unmöglich auf weitere Folgen verzichten kann!

«Ponyhof» ist ab dem 7. November immer samstags ab 21 Uhr bei TNT Glitz zu sehen.

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