Die Kino-Kritiker

«Best Exotic Marigold Hotel 2»

von

Die Fortsetzung des Überraschungshits «Best Exotic Marigold Hotel» hat noch immer Charme, trotzdem reicht sie nicht an das Original heran.

Filmfacts «Best Exotic Marigold Hotel 2»

  • Regie und Schnitt: John Madden
  • Produktion: Graham Broadbent, Peter Czernin
  • Drehbuch: Ol Parker
  • Darsteller: Judi Dench, Maggie Smith, Bill Nighy, Dev Patel, Celia Imrie, Penelope Wilton, Ronald Pickup, David Strathairn, Richard Gere
  • Musik: Thomas Newman
  • Kamera: Ben Smithard
  • Laufzeit: 122 Minuten
  • FSK: ab 0 Jahren
In unserer von Anglizismen und schmeichelnden Umbenennungen geprägten Sprachwelt ist nunmehr Vorsicht geboten, wann immer man verführt ist, eine Filmproduktion einfach nur als ideales Seniorenkino zu bezeichnen. Daher sei John Maddens Überraschungshit «Best Exotic Marigold Hotel» aus dem Jahr 2012 an dieser Stelle lieber als Best-Ager-Dramödie etikettiert – so mühselig diese Wortschöpfung auch sein mag, womöglich ist dem Werk damit tatsächlich das größere Recht getan. Denn der filmische Indien-Abstecher mit ergrauter Starbesetzung mag mit seiner altmodischen Erlesenheit und seinem hohen Maß an Identifikationsmöglichkeiten für Kinobesuchen höheren Semesters zwar auf Senioren zugeschnitten sein, keineswegs aber ist er exklusiv an sie gerichtet.

Ähnliches gilt nun für den zweiten Teil der Bestsellerverfilmung, die auch zum Kassenschlager wurde: Part eins generierte allein auf der Leinwand mehr als das 13-fache seines Budgets, weswegen der Verleih Fox Searchlight Pictures nicht lang zauderte, um bei Drehbuchautor Ol Parker das Konzept für eine in diesem Genre so rare Fortsetzung in Auftrag zu geben. Der US-Originaltitel des 10 Millionen Dollar teuren Films sagt im Grunde genommen alles aus, was es über dieses Projekt zu wissen gibt: «The Second Best Exotic Marigold Hotel» kann es – unter anderem allein schon mangels Originalität – nicht mit dem Vorläufer aufnehmen. Aber die neuen Geschichten der nach Indien geflohenen 'Best Ager' sind wenigstens ähnlich geraten, wie der auf die geminderte Qualität hinweisende Original-Filmtitel: Charmant, wenn auch arm an Überraschungen.

Nicht nur Ol Parker ist erneut mit von der Partie, sondern auch Regisseur John Madden und ein Großteil des ursprünglichen Ensembles. Dieses bekommt in «Best Exotic Marigold Hotel 2» (wie die Komödie hierzulande heißt) allerhand zu tun – und schlussendlich irgendwie doch nichts. Denn auf der Suche nach neuen Handlungsbögen hat sich Parker, dieses Mal ohne Romanvorlage, für den silbergrauen Cast zahlreiche kleine Geschichtchen ausgedacht. Diese sind alleinstehend ganz nett anzuschauen, greifen aber nur selten sehenswert ineinander über – und noch seltener erreichen sie auch nur ansatzweise die Tragweite des Originalfilms: Die scharfzüngige Muriel (Maggie Smith) etwa versucht in ihrer neuen Manager-Position dem für ihr geliebtes Hotel zuständigen Sonny (Dev Patel) zu helfen, eine zweite Gaststätte in Indien zu gründen. Diese Hilfe hat er aufgrund der stressigen Vorbereitungen seiner nahenden Hochzeit auch dringend nötig. Evelyn (Judi Dench) derweil erhält ein verführerisches Jobangebot, während Douglas (Bill Nighy) damit kämpft, ihr endlich seine Liebe zu gestehen.

Madge (Celia Imrie) ist unterdessen auf der Suche nach der großen Liebe. Norman und Carol (Ronald Pickup und Diana Hardcastle) hingegen versuchen sich an Romanzen außerhalb ihres gemeinsamen Liebeslebens, bekommen es aber auch mit einem mutmaßlichen Auftragskiller zu tun (was harmloser ist als es klingt!). Und dann wären da die zwei neusten Gäste des Best Exotic Marigold Hotels: Guy Chambers (Richard Gere) und Lavinia Beach (Tamsin Greig), denen Sonny nicht die gleiche Behandlung zukommen lässt – was Irrungen und Wirrungen mit sich bringt …

Obschon «Best Exotic Marigold Hotel 2» Themen wie den nahenden Tod oder auch die Suche nach einem neuen Lebenssinn im Rentenalter anschneidet, wächst die neuste Arbeit des «Shakespeare in Love»-Regisseurs zu keinem Zeitpunkt über den tonalen Status einer XL-Kinositcom hinaus: John Madden lässt sein illustres Figurenensemble durch eine Vielzahl kleiner Missverständnisse und verbal ausgetragener Kabbeleien stapfen, während die inhaltlichen Entwicklungen nur zweitrangig sind. Oder sogar drittrangig, denn Konsequenz wird in Indien dieses Mal klein geschrieben: Manche Kinobesucher könnte es stören, dass die neuen Geschichten der Hoteldauergäste zu weiten Teilen denen aus dem ersten Film widersprechen. Ging es im Erstling darum, in Indien endlich Ruhe zu finden, ist in der Fortsetzung für die Figuren wieder fit sein angesagt. Da die Darsteller ihren Rollen jedoch mühelos und unaufdringlich eine „Wer rastet, der rostet!“-Mentalität zur Hand geben, lässt sich die seit Teil eins verdrehte Zielsetzung der Figuren jedoch durchaus verzeihen.

Überhaupt hängt der Sehgenuss bei dieser gut zwei Stunden langen Komödie, mehr noch als in «Best Exotic Marigold Hotel», vom Gutwillen des Zuschauers für die vor der Kamera versammelten Mimen ab. Da die Storys trivialer sind und Ol Parkers Skript einige dramaturgische Durchhänger aufweist (welche hauptsächlich Schuld der zahllosen halbherzig angerissenen Subplots sind), ist der Charme dieses Films sein bedeutsamster Trumpf. Und dieser wird zwar teilweise durch die einladende, exotische Kulisse generiert, doch auch diese wäre ohne die vor ihr auftretenden Akteure null und nichtig. Die wertvollsten Ensemblemitglieder sind dabei die kühne Judi Dench, der herrlich verschroben-schüchterne Bill Nighy und der Charmebolzen Richard Gere, wobei Maggie Smiths ehrlich-dreiste Schnauze ebenfalls für einige der besten Momente von «Best Exotic Marigold Hotel 2» verantwortlich ist.

Die witzigen, liebenswerten oder einfach nur kurzweiligen Passagen gehen wohlgemerkt in der Fülle an beiläufigen Momenten unter – was zusammen mit der unrhythmischen Erzählweise (auch bedingt durch John Maddens laschen Schnitt) diesen cineastischen Indienurlaub zuweilen zäh dastehen lässt. Gewiss wäre es den Freunden des ersten Teils sauer aufgestoßen, hätten die Filmemacher nicht sämtlichen wiederkehrenden Figuren ein gutes Maß Leinwandzeit eingeräumt. Jedoch wirken so viele der Plotfäden wie Füller, dass es zu Gunsten der Höhepunkte dieses Films erstrebenswert gewesen wäre, den sekundären Hotelbewohnern vielleicht eine gemeinsame Handlung zu geben, statt alle auf jeweils ein eigenes Abenteuerlein zu schicken. Somit hätte «Best Exotic Marigold Hotel 2» nach seinem großen, Urlaubslust weckenden Finale auch schneller und somit prägnanter ein Ende gefunden.

Da im Mittelteil einige der Lacher flach fallen und die Storys rund um Dev Patels freundlichen Hotelmanager dank klischeehaft geschriebener Dialoge recht lieblos wirken, lohnt es sich nur für überzeugte Anhänger des ersten Teils, auch in das zweitbeste Exotic Marigold Hotel einzuchecken. Wer aber über die schlaffe Dramaturgie hinwegsehen kann und sich schlicht nach zwei weiteren Leinwandstunden mit den launigen Senioren sehnt, bekommt dank des gut aufgelegten Ensembles und der pittoresken Bilder für sein Geld sympathisch-entspanntes Kinovergnügen geboten.

Fazit: Wer nach dem ersten Film nicht genug hat, bekommt mit «Best Exotic Marigold Hotel 2» eine banalere, aber weiterhin sehr charmante Fortsetzung geliefert. Etwas zu lang, etwas unkonzentriert, doch Fans der gut aufgelegten Ensemble-Mitglieder werden trotzdem gut gelaunt den Kinosaal verlassen.

«Best Exotic Marigold Hotel 2» ist ab dem 2. April 2015 in zahlreichen deutschen Kinos zu sehen.

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