Interview

John Boyega: 'Jedem seine Meinung, es ist nur ein Film!'

von

«Star Wars»-Mime John Boyega kommt damit klar, wenn man die neue Trilogie der Sternensaga nicht abfeiert – mit hasserfüllten Stimmen hat er aber ein Problem. Wie er lernte, die zu verarbeiten, und was er nach «Star Wars» plant, verrät er im Interview.

«Star Wars» an den deutschen Kinokassen

  • «Krieg der Sterne»: 8,02 Mio. Ticketverkäufe
  • «Das Imperium schlägt zurück»: 5,05 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die Rückkehr der Jedi-Ritter»: 5,05 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die dunkle Bedrohung»: 8,97 Mio. Ticketverkäufe
  • «Angriff der Klonkrieger»: 5,70 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die Rache der Sith»: 5,62 Mio. Ticketverkäufe
  • «Das Erwachen der Macht»: 9,02 Mio. Ticketverkäufe
  • «Rogue One»: 3,99 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die letzten Jedi»: 5,89 Mio. Ticketverkäufe
  • «Solo»: 1,37 Mio. Ticketverkäufe
Wie ist es, immer auf diese langen Pressetourneen zu gehen, wo doch die «Star Wars»-Filme solch einer strengen Geheimhaltung unterliegen?
Es ist schwer, echt schwer, über die Filme zu sprechen, aber nichts zu sagen. Aber so ist es halt. Und ich liebe ja auch den Gedanken, dass die Leute in den Film gehen, ohne zu viel zu wissen. Daher habe ich wirklich nichts dagegen, wie wir an die Sache herangehen: Ich halte gerne meinen Mund, so gut wie ich es kann.

Gibt es irgendeine Art Vorbereitungs- oder Trainingsprozess dafür, solche Interview-Marathons zu machen, ohne sich zu verplappern?
Ja, ich stelle mich jeden Morgen vor den Spiegel und sage mir: "Sag bloß nichts, sag bloß nichts, sag bloß nichts." (lacht)

Wir wissen ja, dass «Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers» der Abschluss der Skywalker-Saga ist. Aber ist es auch unser Abschied von Finn?
Ja. Ich habe keine Option für weitere Auftritte mehr in meinem Vertrag. Die ganzen kommenden «Star Wars»-Filme, über die schon berichtet wird, haben nichts mit Finn, Rey und Co. zu tun.

In den vergangenen Jahren habe ich als Teil von «Star Wars» neidisch nach draußen geblickt und gedacht: "Wow, ich will unbedingt mit Jordan Peele zusammenarbeiten! Mann, ich wäre gerne beim nächsten Film von Steve McQueen dabei!" Ich will so etwas machen, daher saß ich auch ein bisschen wie auf heißen Kohlen, und dachte mir: "Hey, ich liebe euch, Leute – aber guckt mal, was sonst noch so abgeht." Jetzt ist die Zeit gekommen, sich anderen Projekten zu widmen.
John Boyega
Stimmt Sie das traurig?
Klar. Es war schön, diese Konstanz zu haben, immer wieder dieselben Leute zu treffen. Das bringt einem Verlässlichkeit, wenn man weiß, dass etwas sechs, sieben Monate deines Jahres in Beschlag nimmt. Das ist eine sichere Bank, um die man herum plant, so etwas hat man nicht immer als Schauspieler. Aber man kann es auch so sehen: Jetzt muss ich nicht mehr um «Star Wars» herum planen. Das ist durchaus auch schön: In den vergangenen Jahren habe ich als Teil von «Star Wars» neidisch nach draußen geblickt und gedacht: "Wow, ich will unbedingt mit Jordan Peele zusammenarbeiten! Mann, ich wäre gerne beim nächsten Film von Steve McQueen dabei!" Ich will so etwas machen, daher saß ich auch ein bisschen wie auf heißen Kohlen, und dachte mir: "Hey, ich liebe euch, Leute – aber guckt mal, was sonst noch so abgeht." Jetzt ist die Zeit gekommen, sich anderen Projekten zu widmen.

Das Fandom hat ja immer wieder seine finsteren, zornigen Seiten gezeigt. Wie gehen Sie damit um?
Es klingt vielleicht komisch, aber: Ich hatte gewissermaßen das Glück, dass ich die volle Packung direkt am Anfang abbekommen habe. In der Sekunde, in der ich im allerersten Teaser Trailer zu Episode VII zu sehen war, rollte diese überwältigende Flutwelle an Hass und Wut los. Paradoxerweise glaube ich jedoch, dass mich das abgehärtet hat, so dass ich mit den toxischen Teilen des Fandoms umzugehen weiß. Ich konnte mir direkt am Anfang ein dickes, dickes Fell wachsen lassen. Bei mir gab es nicht diese Wende, dass ich nach einer warmen Begrüßung von Negativität erschlagen wurde. Ich bin daher jetzt jemand, der sein Leben in Ruhe lebt, und der mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet ist. Ich lasse mir keine Angst mehr machen und lasse Trolle nicht an mich heran.

War es so schlimm?
Damals? Total. Jetzt ist es nicht mehr so schlimm. Aber am Anfang, noch bevor überhaupt «Das Erwachen der Macht» anlief? Das war grauenvoll. Nichts, das ich davor gemacht habe, hatte diese Reichweite, und deswegen musste ich mich nie solch einer Masse an Reaktionen aussetzen – und dann war das direkt solch eine Welle an Ablehnung. Aber wenn man irgendwann gelernt hat, diese Welle zu reiten … (lacht schulterzuckend)

Ich bin auch völlig fein mit Fans, die nicht alles an den Filmen gut finden. So lange man auf gesunde Art seine Probleme ausdrückt, ist doch alles in Ordnung!
John Boyega
Sie würden also sagen, dass Sie mit den Fanreaktionen umzugehen gelernt haben?
Ich hoffe doch! Ich bin auch völlig fein mit Fans, die nicht alles an den Filmen gut finden. So lange man auf gesunde Art seine Probleme ausdrückt, ist doch alles in Ordnung! Ich interagiere viel mit Fans, sei es bei persönlichen Begegnungen oder auf Twitter, und wenn mir wer so etwas sagt wie "Hey, die und die Szene fand ich nicht so toll, weil …", dann antworte ich auch ganz ruhig. Ich finde so einen besonnenen Austausch richtig unterstützenswert. Jedem seine Meinung, es ist nur ein Film! Nur dieser Zorn und Hass, der ist ein Problem – und man braucht Übung, mit solchen Problemen umzugehen.

Um eine typische Pressetour-Frage auf den Kopf zu stellen: Was war für Sie der unerwartet einfachste Aspekt an den Dreharbeiten?
Für mich war der physische Part überraschend einfach. Ich habe in Episode IX jede Menge Action gemacht, von der ich nicht gedacht hätte, dass ich sie beherrsche. Ich habe mich selber immer wieder ertappt, wie ich denke: "Woah, ich kann das?!" Und dann mache ich das sogar richtig gut und nicht so mit Ach und Krach, glaube ich!

Für keinen Film mussten wir so hart trainieren wie für diesen. Es war viel Training, und es war knallhart. Wir haben in dem Film zum Beispiel geritten – und ich habe mich vor den Dreharbeiten noch nie auf einem Pferd befunden! Also musste ich innerhalb kurzer Zeit lernen, wie man ohne Sattel reitet, und das auch noch im Galopp. Ich war eingeschüchtert, doch ich habe mich da rein gesteigert und richtige Freude dran gehabt!

Wenn Sie sich jetzt mit Ihrem Ich vor «Star Wars» vergleichen – was hat sich geändert?
Vor allem bin ich gereift. Vor «Star Wars» war ich 22, nun bin ich 27, da wird man natürlich erwachsener. Spezifisch durch «Star Wars» bin ich wohl hinsichtlich meiner beruflichen Selbstsicherheit gewachsen. Bei VII waren Daisy und ich noch eingeschüchtert. Bei VIII dachten wir uns so: "Hey, das Wasser ist warm, wir können darin schwimmen." Und nun bei IX haben wir getaucht wie die Weltmeister!

Was machen Sie als nächstes?
Ich habe ja eine Produktionsfirma, und ich werde nächstes Jahr Projekte aussuchen, Gespräche mit Talenten führen, Produktionen planen. Das wird ein auf spannende Weise arbeitsreiches Jahr – und als Schauspieler freue ich mich darauf, mir neue Aufgaben auszusuchen.

Wir wollen Geschichten über die Diaspora erzählen, über afrikanische Folklore, die im Westen bisher vielleicht eher unbekannt ist. Wir wollen über People of Color erzählen, über Gruppen, deren Stimmen bisher nicht oder nur selten erhört wurden.
John Boyega
Gedankenspiel: Ein Investor gibt Ihrer Produktionsfirma 100 Millionen Dollar – was würden Sie damit anstellen?
Wir würden weiter das machen, was wir so machen! (lacht) Üblicherweise würde eine Firma unseres Schlages ja auf einen First-Look-Deal mit einem der großen Studios hoffen. Wir wollen Geschichten über die Diaspora erzählen, über afrikanische Folklore, die im Westen bisher vielleicht eher unbekannt ist. Wir wollen über People of Color erzählen, über Gruppen, deren Stimmen bisher nicht oder nur selten erhört wurden. In unserer Firma lieben wir außerdem Epen und Fantasy – wir suchen aktuell nach Intellectual Property – mit solch einem Investment würden wir uns vielleicht ein paar Lizenzen sichern? Und wir lieben Kollaborationen. Ich will mit Schauspielern zusammenarbeiten wie Michael B. Jordan und Daniel Kaluuya – Leute, die klasse sind und die ich bewundere, die aber nicht unbedingt leicht an spannende Deals gelangen. Kurz gesagt: Ich mache Filme, die ich gerne sehen würde.

Bleiben Sie hinter den Kulissen erst einmal in der Rolle des Produzenten oder liebäugeln Sie auch damit, Regie zu führen?
Ich finde, Regie zu führen muss man sich erst erarbeiten, und ich denke, ich bin noch nicht so weit. Ich will nämlich der Kunst gegenüber nicht respektlos sein. Es gibt ja manchmal diese Filme, wo wer den Regietitel hat, aber in Wahrheit hat ihm der Kameramann die Regiearbeit abgenommen. So etwas will ich nicht machen! Ich will mir meine Sporen erst verdienen, mich intensiv mit dem Handwerk befassen und loslegen, wenn ich genau weiß, was ich mache.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit Ihrer Firma.

«Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers» ist ab dem 18. Dezember 2019 in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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