Die Kino-Kritiker

«Dead Man Down»

von

Die erste englischsprachige Regiearbeit von Niels Arden Oplev ist ein Mix aus Thriller, Drama und Liebesgeschichte.

Filmfacts «Dead Man Down»

  • Kinostart: 4. April 2013
  • Genre: Thriller, Drama
  • Laufzeit: 118 Min.
  • FSK: 16
  • Kamera: Paul Cameron
  • Musik: Jacob Groth
  • Autor: J.H. Wyman
  • Regie: Niels Arden Oplev
  • Darsteller: Colin Farrell, Noomi Rapace, Terrence Howard, Dominic Cooper
  • OT: Dead Man Down (USA 2013)
Vier Jahre Zeit ließ sich der dänische Regisseur Niels Arden Oplev nach seinem internationalen Durchbruch mit «Verblendung», um seine erste englischsprachige Arbeit abzuliefern. Dass es so lange dauerte, bis Oplev nach Hollywood ging, hat nicht etwa mit ausbleibenden Angeboten aus der Traumfabrik zu tun. Drehbücher wurden dem Dänen zu Hauf zugeschickt, doch keines erweckte sein Interesse genug, um es zu verfilmen.

Laut eigenen Angaben stach das Skript zum Thriller «Dead Man Down» unter den „ungefähr 250 anderen Drehbüchern“, die er studiert hatte, heraus. Das entscheidende Merkmal: Es sei ein gutes Drehbuch und beinahe perfekt gewesen. Diese angebliche Perfektion lässt das Endergebnis allerdings vermissen, auch wenn das Projekt eindeutig Oplevs visuelle Handschrift trägt.

Victor (Colin Farrell) ist der zuverlässigste Mann in der Organisation des New Yorker Unterweltchefs Alphonse (Terrence Howard), die sich einer unheimlichen Bedrohung ausgesetzt sieht: In regelmäßigen Abständen ermordet ein Unbekannter Mitglieder der Gang und lässt Alphonse rätselhafte Nachrichten zukommen. Für Victors besten Freund Darcy (Dominic Cooper) entwickelt sich die Jagd nach dem Killer zur Obsession.

Dann tritt unvermittelt die mysteriöse Französin Beatrice (Noomi Rapace) in Victors Leben, die mit ihrer Mutter (Isabelle Huppert) gegenüber des Apartmenthauses von Victor wohnt. Er kann sich ihrer Anziehungskraft nicht lange widersetzen, realisiert aber, dass Beatrice ihn instrumentalisieren will - für ihre Rache an einem Mann, der ihre Existenz ruiniert hat. Was Beatrice nicht weiß: Auch Victor hat ein Geheimnis, auch er sucht Rache für ein unaussprechliches Verbrechen und ist bereit, dafür alles zu unternehmen.

Oplevs starke Bilder aus dem Millennium-Auftaktfilm «Verblendung» haben Spuren hinterlassen. Spuren, die der Regisseur in seinem Hollywood-Debüt weiter verfolgt. Die Impressionen bringen alles mit für einen atmosphärischen Thriller: Spiel mit Licht und Schatten, ansehnliche Einstellungen und Kamerafahrten. Oplev beherrscht sein Handwerk und scheut sich nicht davor, dies ausdrücklich zu demonstrieren. Dabei gelingen ihm temporeiche Verfolgungsjagden ebenso gut wie die ruhigeren Momente zwischen Hauptfigur Victor und Beatrice. Die aufkeimende Liebe der beiden inszeniert Oplev behutsam ohne jegliche Anzeichen von Kitsch. Stattdessen schwebt über der Beziehung der beiden jederzeit ein Unbehagen.

Am Stil des Regisseurs scheinen auch die Darsteller Gefallen gefunden zu haben, die eine tolle Leistung abliefern. Colin Farrell («Total Recall») gibt den schüchternen und wortkargen Killer, der sich in seine Nachbarin verliebt. Die wird gespielt von Noomi Rapace («Prometheus – Dunkle Zeichen»), die unter Oplevs Führung schon eine denkwürdige Performance als Lisbeth Salander in «Verblendung» ablegte. Sie und Farrell funktionieren als Paar mit Anlaufschwierigkeiten perfekt. Beide Charaktere verändern sich durch das Kennenlernen des anderen und machen im Film eine merkliche Entwicklung durch. Terrence Howard («Iron Man», «Red Tails») hingegen, der vornehmlich Rollen als Sympathieträger annimmt, darf hier den bösen Gangsterboss mimen – und meistert diese Aufgabe.

Trotz einiger Klischees (typische Kriminellengeschäfte, Lagerhallen als Unterschlupf für Bösewichte, gewohnte Schießereien) bietet auch die Geschichte um Victor und seine gefährlichen Spielchen ungewöhnlichen Tiefgang. Das rührt von Beatrices Hartnäckigkeit gegenüber Victor, sie endlich kennenzulernen. Dadurch wird der sonst so taffe Ungar aus seinem kontrollierten Leben geworfen, begeht Fehler. Das Verhältnis der beiden ist mehr als bloßes Liebesgeplänkel, denn beide haben ein Motiv zur Selbstjustiz und benötigen die Hilfe vom jeweils anderen. Somit ist «Dead Man Down» auch ein wenig dramatisch, was die Lebensgeschichten von Beatrice und Victor betrifft.

Doch was recht unkonventionell und spannend beginnt, endet in einem viel zu braven Finale. Ausgerechnet im letzten Akt ist Oplevs Inszenierung wenig konsequent und wird dem bisherigen Verlauf nicht mehr gerecht. Diese Entscheidung schwächt die gesamte Geschichte und holt den kurzweiligen und interessanten Thriller auf den Boden der Tatsachen zurück. Das ist insofern ärgerlich, da die Erzählung prädestiniert gewesen wäre für einen Ausgang fernab der üblichen Sorte. So aber kommt für den halbwegs aufmerksamen Zuschauer am Ende dann doch alles so, wie es das Filmlehrbuch vorschreibt.

Mit «Dead Man Down» gelingt Niels Arden Oplev ein vor allem optisch ansprechendes Hollywood-Debüt, das über weite Strecken durch tolle Einstellungen, gute Darsteller und eine mitreißende Geschichte überzeugt. Der krachende Schluss jedoch enttäuscht mit Einfallslosigkeit und bekannten Zutaten.

«Dead Man Down» startet am 4. April in den deutschen Kinos.

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