Hingeschaut

«Puppenstars»: Show-Hoffnung mit hohem Steigerungspotenzial

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Puppen-Comedy zur Primetime? Dass diese Idee durchaus ihren Reiz hat, vermochte der Auftakt in den kurzen Testlauf des neuen Casting-Formats nur ansatzweise darzulegen. Immerhin unterhielten «Die Puppenstars» recht kurzweilig.

Die oftmals unterschätzte Kunstform des Puppenspiels beim größten Privatsenders des Landes zur besten Sendezeit an den Start zu bringen, klang schon im Vorfeld nach einem durchaus gewagten Unterfangen, das durchaus auch nach hinten losgehen kann. Dabei zumindest nicht ausschließlich auf typische RTL-Gesichter zu setzen, sondern auch einem Martin Reinl die große Bühne zu bieten, ist vom Grundsatz her ebenfalls löblich und mutig. Doch in seiner finalen Umsetzung ist «Die Puppenstars» dann leider doch gewöhnlicher geraten, als es sich manche erhofft haben dürften - als weitere Casting-Show in gewohnter Sendermanier, was neben der Hopp-oder-Top-Mentalität derartiger Formate auch eine überladene musikalische Untermalung des Gesehenen sowie übertriebene Publikums-Reaktionen mit einschließt, die man bereits hinlänglich vom «Supertalent» kennt. Dass der Neustart aber dennoch seine sehenswerten Momente hatte, war einerseits den Künstlern selbst zu verdanken und andererseits Reinl und Max Giermann, die sich auf den Jury-Stühlen gut schlugen.

Das Grundprinzip der Sendung ist leicht erklärt: Puppenspieler stellen ihre Kunst einer dreiköpfigen Jury (neben Reinl und Giermann ist mit Gaby Köster zumindest ein typisches RTL-Gesicht dabei) vor und müssen das Trio ausnahmslos von ihrer Performance überzeugen, um ins Finale zu kommen und im Bestfall neben einem deutlichen Popularitätsschub 50.000 Euro zu gewinnen. In erster Linie füllt man die Sendezeit auch tatsächlich mit der hinlänglich bekannten Kandidat-Jury-Interaktion auf der Bühne, welcher eine kurze Vorstellung der Künstler vorausgeht.

Offensichtlich hielt man das alleine aber dann doch für ein etwas zu konventionelles Grundgerüst für eine Idee, die dem Sender doch nach Jahren endlich einmal wieder einen neuen Show-Hit bescheren soll - und inszenierte fernab der Bühne noch den einen oder anderen Sketch, in dem neben einiger weiterer Puppen auch Mirja Boes sowie weitere Statisten ihr schauspielerisches und komödiantisches Genie unter Beweis stellen sollten. Allzu viel gab es da allerdings nicht unter Beweis zu stellen, weshalb die meisten Szenen fernab der Bühne im besten Fall noch wirkungslos verpufften. In weniger glücklichen Momenten dagegen gerieten diese Momente allerdings zum unfreiwillig komischen Schmierentheater, das dem Zuschauer eher Fremdscham denn Amüsement entlockte.

Glücklicherweise sind diese höchstens auf tragische Weise komischen Momente dezent dosiert. Die Performances auf der liebe- und mühevoll gestalteten Show-Bühne sind zwar nicht durchweg atemberaubend stark, unterhalten in aller Regel aber zumindest kurzweilig und charmant. Hier haben die Verantwortlichen wohl auch viel Anstrengung investiert, attraktive Acts aufzutreiben, die eine gewisse Bandbreite abdecken, nicht immer nur schnelle Kalauer anbieten, zum Teil nonverbal wirken und mitunter auch einen eher traurigen oder nachdenklichen Unterton mitbringen. Dass man hierbei wohl auch wieder außerhalb der Landesgrenzen auf die Suche gegangen ist und den einen oder anderen Künstler bewusst engagiert haben dürfte, ist mittlerweile im ständigen Kampf um unverbrauchte Ideen eher ein Normal- als ein Ausnahmefall. Dem Publikum kommt dies insofern zugute, dass es in der Tat abwechslungsreiche und zumindest partiell hochklassige Puppen-Kunst geliefert bekommt - und den Vertretern des Puppenspiels dahingehend, dass man dadurch vielleicht den einen oder anderen Fan mehr für seine Tätigkeit generiert.

Ein großer Gewinn für das Format sind ferner Giermann und Reinl, die beide nicht nur einen interessierten, sondern auch kompetenten Eindruck machen. Wie bereichernd ihr Einfluss ist, wird umso deutlicher, wenn man im Vergleich hierzu die RTL-Nasen Boes und Köster sieht: Erstere so offensichtlich bemüht und weitgehend überfordert damit, die Rolle der Entertainerin zu übernehmen und mit den Puppen zu interagieren, dass man es als Gewinn betrachtet, sie zumeist nur im Backstage schale Gags mit einer Mimik und Gestik reißen zu sehen, gegenüber welcher sogar Tanja Schumanns Grimassen-Schneiderei im vorletztjährigen Dschungelcamp zeitgemäß und hochklassig gewirkt hatte. Ihre besten Momente hat Boes noch im Interview mit den Kandidaten nach deren Auftritte, wo sie mal für wenige Sekunden ansatzweise Spontaneität zeigen kann. Hier kann man sie zumindest als solide bezeichnen.

Etwas schwerer tut man sich bei der Beurteilung Kösters, weil man hier immer im Hinterkopf hat, wie löblich es ihrerseits ist, nach dem Schicksalsschlag nochmal voll angreifen zu wollen - und dass es ein respektabler Schritt ihres Stammsenders ist, ihr das mittlerweile auch ohne explizite Hinweise darauf zu ermöglichen. Aber so recht mag bei ihrem Auftreten in der Jury einfach noch keine Normalität aufkommen, da es stets steif, unkomfortabel, ja angestrengt wirkt. Inhaltlich hat sie zu den Auftritten leider auch fast nichts beizutragen, das über Kalauer-Niveau oder substanzlose One-Liner hinausgeht. Die eigentliche Arbeit machen letztlich ihre männliche Kollegen: Sie interagieren mit den Puppen und Personen hinter ihnen, partizipieren mitunter auch an den Auftritten, bewerten technische Aspekte des Puppenspiels und kritisieren auch schon einmal einzelne Aspekte der Performances, selbst wenn sie ihnen im Gesamtbild gut gefallen haben. Dabei sind sie unterm Strich vielleicht noch eine Idee zu freundlich und zuvorkommend, machen alles in allem aber einen guten Job.

Wie gefiel Ihnen der Auftakt von «Die Puppenstars»?
Sehr gut, ich freue mich schon auf die weiteren Folgen.
29,7%
War in Ordnung, da kann man zumindest mal reinschauen.
29,7%
Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
28,9%
Habe es (noch) nicht gesehen.
11,7%


Unterm Strich hat die Premiere von «Die Puppenstars» noch nicht die ganz großen Akzente setzen können, die einem berechtigte Hoffnungen auf einen großen und vor allem nachhaltigen Show-Erfolg machen. Die Prämisse, dem Puppenspiel eine große Bühne zu geben, ist ein durchaus neuartiger Ansatz, wird aber dadurch doch ein wenig ins Schema F gezwängt, dass man es wieder in Form einer Casting-Show tut, die konzeptionell an einigen Stellen arg an «Das Supertalent» erinnert und generell wenig Neues zu bieten hat. Für kurzweilige Unterhaltung ist dennoch gesorgt, für eine gewisse Seriosität und Ernsthaftigkeit sorgen darüber hinaus Martin Reinl und Max Giermann, während man die Szenen hinter den Kulissen gerne noch weiter reduzieren könnte. Ein Quoten-Erfolg für die Auftaktfolge dürfte aufgrund des großen öffentlichen Interesses im Vorfeld und dem Dschungelcamp im Anschluss sicher sein, spannend wird es dann dann aber an den ersten beiden Freitagabenden im Februar, wo die beiden weiteren Folgen laufen werden - die nach Möglichkeit nicht allzu viele Zuschauer verlieren sollten.

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