Die Kritiker

Ein Titel allein macht noch keine «Revolution»

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Die anfangs groß gehypte, schlussendlich aber nach nur zwei Staffeln eingestellte Endzeit-Serie «Revolution» findet ihren Weg ins deutsche Free-TV.

«The Revolution»-Staff

  • Schöpfer: Eric Kripke («Supernatural»)
  • Supervising Producer: Paul Grellong
  • Executive Producer: Bryan Burk, Eric Kripke, J.J. Abrams
  • Darsteller: Billy Burke, Tracy Spiridakos, Giancarlo Esposito, Zak Orth, David Lyons u.a.
  • Produktion: Warner Bros. Television, Bad Robot, Kripke Enterprises
Stimmt, da war doch mal was: In den USA startete im September 2012 von einem großen Werberummel begleitet das postapokalyptische Abenteuerdrama «Revolution», welches in den ersten Wochen nach seiner Premiere bei NBC auch als verlässlicher Zuschauermagnet galt. Nachdem die erste Season jedoch eine Winterpause einlegte, ging es mit der Reichweite recht steil bergab. Staffel zwei letztlich war mit teilweise weniger als vier Millionen Zuschauern bloß noch ein Schatten des anfänglichen Erfolgs, so dass das US-Network bei der kostspielig produzierten Serie den Stecker zog.

Die RTL-Gruppe Deutschland hält dennoch große Stücke auf den von J. J. Abrams' Bad Robot Productions, Warner Bros. Television und Kripke Enterprises verwirklichten Zukunftswestern. Statt «Revolution» einfach nur bei RTL Nitro zu parken, zeigt die Sendergruppe den von «Iron Man»-Regisseur Jon Favreau inszenierten Piloten nämlich als Preview bei RTL. Und verdenken kann man den Programmverantwortlichen diese Idee nicht. Denn die erste «Revolution»-Folge gehört mit ihren Ausmaßen ins Hauptprogramm: Vor beeindruckenden Schauplätzen und auf imposanten Sets erzeugt Favreau eine atmosphärische, wenngleich etwas zu geordnet wirkende, Serienwelt, in der mit einem Schlag sämtliche Elektrizität verschwand und daraufhin auch geordnete, gesellschaftliche Strukturen.

Ingenieur Ben Matheson (Tim Guinee) hat den globalen Blackout vorgesehen, doch niemand wollte ihm glauben, dass die Menschheit bald ohne jeglichen Komfort auskommen muss, den die Elektrizität ihr beschert. Da niemand auf Bens Warnungen einging, zog er mit seiner Frau (Elizabeth Mitchell) und Kindern aufs Land, um sich vor den zu erwartenden Massenhysterien in den Ballungsgebieten in Sicherheit zu bringen. Zeitsprung um 15 Jahre: Die Bevölkerung hat sich erwartungsgemäß ausgedünnt und es gelten wieder die rauen Gesetze des Wilden Westens. Als der selbstgefällige Captain Neville (Giancarlo Esposito) mit seiner Miliz in das Farmersdorf einfällt, wo sich Ben mit der Ärztin Maggie (Anna Lise Phillips) niederließ, nehmen sie ihn ins Verhör. Es kommt zu einer Auseinandersetzung, die Ben das Leben kostet. Danach entführt Neville Bens Sohn Danny (Graham Rogers), woraufhin sich dessen bester Freund Aaron (Zak Orth), Maggie sowie Bens Tochter Charlie (Tracy Spiridakos) auf den Weg nach Chicago machen. Denn dort soll Dannys und Charlies unberechenbarer Onkel Miles (Billy Burke) leben, von dem sie sich Hilfe versprechen ...

Schon die Pilotfolge offenbart die Stärken und Schwächen, die auch in späteren «Revolution»-Episoden spürbar sind. Zak Orth hat als humorvoller Aaron schnell die Sympathien auf seiner Seite, auch wenn er auffällig nah an «Lost»-Publikumsliebling Hurley orientiert ist. Der «Breaking Bad»-Fiesling Giancarlo Esposito zieht als ebenso freundlich lächelnder, wie eiskalt dreinblickender Milizenführer jegliche Aufmerksamkeit auf sich und auch Billy Burke weiß als wechsellauniger Onkel Miles zu überzeugen. Die eigentlichen Hauptrollen dagegen sind gänzlich blutarm: Weder Graham Rogers noch Tracy Spiridakos können als Bens Sprösslinge wirklich Empathie erzeugen, so dass die Episoden wegen ihnen immer wieder deutliche Durchhänger aufweisen. Dies wiederum erlaubt es dem Zuschauer, sein Augenmerk stärker auf die visuell interessante Serienwelt zu lenken. Denn wenn die zentralen Figuren nur mäßig spannend sind, dann muss halt das fesselnde Konzept einiges auffangen.

Damit geht aber auch ein weiteres Problem einher: Auch wenn die zentralen Mysterien in «Revolution» den Spannungsbogen noch halbwegs zu stützen vermögen, enttäuscht, dass die Autoren kaum Wege finden, die Grundidee ihrer Serie plausibel zu untermauern. Während das große Vorbild «Lost» (man leiht sich sogar den narrativen Kniff, in Flashbacks die Vergangenheit wichtiger Figuren zu beleuchten) eine rätselhafte, fesselnde Welt erschaffen hat, bröckelt es bei «Revolution» bereits in den ersten Episoden. In der visuell wie tonal zwischen postapokalyptischem Chaos, Wildwest und Distrikt 12 aus «Die Tribute von Panem» angesiedelten Zukunftswelt der Eric-Kripke-Serie gibt es kaum von Wasser- oder Dampfkraft angetriebene Maschinen, obwohl solche Gerätschaften den Menschen das Leben lange vor der Entdeckung des Stroms erleichtert haben. Die Erklärungen, weshalb die Serie dies und verwandte Punkte an den Rand schiebt, sind zumeist halbseiden, was sie zu schwer übersehbaren Schwachstellen der Serie macht.

Sehenswert sind hingegen die komplex choreographierten Actionszenen, wie etwa der finale Schwertkampf in der Pilotfolge, sowie sämtliche Szenen, in denen der Fokus auf den sehr energisch gespielten Milizen liegt. Diese Momente reichen, um zumindest Endzeit-Genrefans über die Startschwierigkeiten des Formats hinwegzutrösten. Spätere Episoden sind dann letztlich das ideale Material für eine Serien-Hassliebe: Die Hauptfiguren wollen partout nicht an Kontur gewinnen und werden teils gar anstrengend öde, dafür rücken die anfangs kaum angerissenen, reizvollen Themen über das Funktionieren einer verwöhnten Gesellschaft, die ihren Komfort mit einem Schlag verloren hat, stärker ins Rampenlicht.

An «The Leftovers» reicht das in «Revolution» gebotene Material zwar auch in helleren Momenten nicht heran, Serienfreunde, die sich im deutschen Free-TV aber unbedingt mit einem ähnlichen Genrevertreter die Wartezeit vertreiben wollen, dürfen dennoch einen Blick riskieren. Trotzdem: «Revolution» ist primär eine Art postapokalpytischer Western, dem es hauptsächlich um den konventionellen Kampf Gut gegen Böse geht. Die eigene Mythologie der Serie ist hingegen eher dünn – ebenso wie die Persönlichkeit ihrer zentralen Protagonisten.

Die «Revolution»-Pilotfolge ist am 27. November 2014 ab 22.15 Uhr bei RTL zu sehen sowie am 28. November um 20.15 Uhr bei RTL Nitro, gefolgt von drei weiteren Episoden. Weitere Folgen: Immer freitags ab 20.15 Uhr bei RTL Nitro.

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
26.11.2014 17:44 Uhr 1
Nachdem Leftovers gestartet war und ich mir vor einigen Tagen nochmals die Serienbeschreibung durch gelesen hatte, dachte ich nur, wow, das erinnert mich doch an eine andere Serie irgendwie sehr stark! :roll: :wink:

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