Hingeschaut

'Mit Fortpflanzung und alles…'

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Provozieren um jeden Preis? Die neue Tele 5-Show «Who Wants To Fuck My girlfriend?» mit Kunstfigur Uwe Wöllner sorgte schon im Vorfeld für Schlagzeilen. Wir haben uns getraut, hinzuschauen – ein Augenzeugenbericht…

Wenn so mancher Kritiker eine langfristige Skandalisierung des Fernsehprogramms erkennt, dann wird er sich in diesen Tagen bestätigt fühlen. Allein der Titel dieser neuen Tele 5-Sendung provoziert, macht neugierig, schreckt ab. «Who Wants To Fuck My Girlfriend?» fragt Uwe Wöllner jetzt jede Woche am späten Donnerstagabend und spielt das Spiel der Medien ganz bewusst mit: Hier ein Interview, da eine Schlagzeile, dort die Empörung – all dies mit der Gewissheit, dass man Aufmerksamkeit erregt. Und damit letztlich auch Erfolg, denn so funktioniert die Fernseh-Formel immer mehr in den vergangenen Jahren. Will, muss man sich das als Zuschauer antun?

Bewusst geht die Show in den Anfangsminuten auf ihre Rolle als Provokationsobjekt ein, bezeichnet den ausgelösten Shitstorm ehrlich als „Marketing“, das eigentlich nur der Sendung selbst hilft. Auch dem Argument der Frauenverachtung wird entgegnet, professionell und entwaffnend: Die erste Ausgabe wird nämlich kurzerhand umgetauft in «Who Wants To Fuck My Lesbian Girlfriend?» und stellt – getreu dem Showkonzept – junge Frauen vor, die ihre Freundinnen als Sexualpartnerinnen anbieten. Welche sich in diversen Spielen am erfolgreichsten an andere Frauen ranmacht, darf sich am Ende als begehrenswertestes Sexobjekt fühlen. Oder, um es mit den Worten des Moderators zu sagen: als goilste Schnecke.

Allzu ernst nehmen darf der Zuschauer dieses vermeintlich provokative Spiel nicht. Zwar scheinen die Kandidatinnen und das gesamte Sex-Duell echt, aber Moderator dieses nicht ganz so spektakulären Spektakels ist: Uwe Wöllner. Ja, jener Wöllner, der in der – damals ebenfalls aufsehenerregenden – ProSieben-Show «Mein neuer Freund» berühmt wurde und später im Web mit neuen Comedy-Clips sein Unwesen trieb. Wöllner verkörpert den typischen Jeansjacke tragenden „White trash“ am Rande der Gesellschaft; das echte Leben kenne Uwe nur aus Scripted Realitys, heißt es zu Beginn der Show. Und: Uwe Wöllner ist selbstverständlich eine Kunstfigur. In ihr steckt Christian Ulmen, früherer MTV-Star, Grimme-Preisträger, heutiger Medienunternehmer. Er spielt nicht nur Uwe Wöller, sondern produziert seine eigene Idee auch.

Wer Ulmen in seiner Wöllner-Rolle kennt, weiß um die schonungslose satirische Genialität dieser Figur. Und wird eher enttäuscht sein, sie in der Rolle eines Gameshow-Moderators zu erleben. In dem knapp halbstündigen Format kann Wöllner sich zur Premiere nicht recht profilieren, wie man es von ihm gewohnt ist, trotz einiger starker Sprüche. Er bleibt für «Girlfriend» aber der simple Aufhänger, der das ganze Spiel zur Realsatire macht und selbst die wohl ahnungslosesten Zuschauer erkennen lässt: Hier geht es um Skandalisierung mit dem Vorschlaghammer. Insbesondere geht es aber um die bewusste Provokation um ihrer selbst willen – oder anders ausgedrückt: um den berüchtigten Spiegel, den man der moralinsauren Unterhaltungsmaschinerie vorhält.

Allein deshalb wäre «Who Wants To Fuck My Girlfriend?» ein Erfolg zu wünschen, auch wenn die eigentliche Show zu kurz ist, um sie mit Substanz zu füllen, und irgendwie doch zu harmlos und einfallslos, um wirklich unterhaltsam zu sein. Aber durch die – gewollte – Empörung im Vorfeld und damit die Entlarvung des medialen Skandal-Systems hat sich Ulmens neue Idee bereits ausgezahlt. Tele 5 ist dazu zu beglückwünschen: Man hat gezeigt, wie einfach es heute ist, mit Provokation in die Schlagzeilen zu kommen. Ein Quotenerfolg wäre nun die logische Folge – unabhängig davon, ob dieser durch neugierige Trittbrettfahrer-Zuschauer oder durch echte Ulmen-Fans zustande kommt.

Und überhaupt, der Zuschauer? Dieser kann angesichts des vermeintlichen Moralverfalls über manch andere Wertevorstellungen lachen. Zwar nicht in der Show, aber vielleicht in der Werbung dazwischen: Selten fallen Spots für Online-Partnerbörsen so ins Auge wie bei Uwe Wöllner.

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