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Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,

von
Sie sind wohl nicht umsonst Mitglied der SPD. Schon Altkanzler Schröder ging als der Medienkanzler in die deutsche Politgeschichte ein und auch Sie schlagen sich nun in dieser Branche schon zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit auf größerem Terrain herum.

Erst nahmen Sie als Kandidatin mit Ihrem Ehemann bei Jörg Pilawas «Rette die Million!» teil und konnten leider nichts gewinnen. Spötter würden sagen, dass das symptomatisch für Ihre aktuelle Landespolitik in NRW sei. Dann traten Sie sympathisch und möglichst volkstümlich bei Erwin Pelzig auf. Zwei Show-Teilnahmen im Zweiten. Und nun fordern Sie öffentlich, dass die öffentlich-rechtlichen Sender komplett auf Werbung verzichten. An diesem Montag plädierten Sie beim Medienforum NRW in Köln dafür, dass von 2017 an keine Werbung im Vorabendprogramm von ARD und ZDF mehr laufen soll. Schon zwei Jahre vorher könne damit begonnen werden, die Werbung in den beiden Anstalten herunterzufahren, da das neue GEZ-Gebührenmodell von 2013 an eine schnelle Prüfung vorsieht.

Der normale Zuschauer könnte nun meinen, dass Sie dies nicht nur zu seinem Vorteil fordern würden, sondern auch, um vor allem dem ZDF für Ihr unschönes, geldloses Ausscheiden bei Pilawa eins auszuwischen. Doch in Wahrheit stecken gar nicht Sie selbst dahinter, sondern es ist Ihr Medienstaatssekretär Eumann. Weil der Gebührenzahler durch die angestrebte Reform besser erkennen könne, was er nun finanziere und dafür bekomme, stehen Sie aber selbst gerne Patin für die Idee.

Fraglich bleibt aber wie schon seit langem, ob denn so ein Werbeverzicht wirklich durchzusetzen ist und ob er eigentlich einen Sinn hat. Stört es den Zuschauer wirklich, wenn zwischen 18 und 20 Uhr bei ARD und ZDF in deutlich kürzeren Spots als bei den Privaten geworben wird? Kann die Werbeindustrie nicht bei den „Öffis“ ganz andere Käufergruppen ansprechen und würden die Privaten nicht eventuell nach einem Reklameverbot noch mehr vom Werbekuchen abbekommen? Und wieso wollen Sie denn die Werbung in den ARD-Radiokanälen weiterhin erlauben? Wenn schon, denn schon! Bei einer Beibehaltung – vielleicht sogar einem Ausbau - des Werbeprogramms könnten die Rundfunkgebühren für den Zuschauer gesenkt werden, bei einem Wegfall würden diese vielleicht drohen, noch höher zu werden. Außerdem verjüngt das Werbeprogramm die Außenansicht von ARD und ZDF doch. Zwischen sechs und acht darf man sich dort auch mal fühlen wie bei den Privaten. Und die Zukunftsaussichten fordern eigentlich auch einen Verbleib des Werbefensters, denn: Die Mainzelmännchen im ZDF würden ohne selbiges nach Jahrzehnten arbeitslos werden, die Champions League hätte dort gar keine Chance mehr auf prestigeträchtige Werbung und würde nach kurzer Zeit wohl wieder zur privaten Konkurrenz wechseln und Gottschalk könnte im Vorabendprogramm der ARD gar nicht bezahlt werden, wenn er denn käme…
Mit Werbung ein besseres Programm, dieses dann aber auch vehementer von Ihrer politischen Seite einfordern und begleiten, sowie dafür nach Möglichkeit niedrigere GEZ-Beiträge. Das wäre wohl besser als Ihr Modell, Frau Kraft. Lassen Sie doch Ihre Rache für Pilawa. Oder versuchen Sie den CDU-dominierten ZDF-Verwaltungsrat aufzumischen? Beides hätten Sie doch gar nicht nötig und es schadet einem Unbeteiligten: der ARD. Wollen Sie etwa Schröder beerben oder eine deutsche Berlusconi werden? Nein, das glaube ich nicht. Ihr netter Talk mit Pelzig hat da doch so einiges wieder wett gemacht.

Ob Sie Ihrem Namen alle Ehre machen werden und mit Kraft das Werbeverbot durchsetzen können? Naja, Sie wären nicht die Erste, die es nicht schafft und außerdem heißen Sie ja auch in Wahrheit gar nicht Kraft.

Also: Volle Kraft voraus, lieber „Öffi“-Werbung und erfolgreiches Gestalten für Sie in der Politik, meine liebe Landesmutter! Da müssen Sie Ihre Kraft mehr denn je einsetzen. Nicht im und um das Fernsehen.

Herzlichst,
Gregor Elsbeck

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