Die Kino-Kritiker

«The King‘s Man: The Beginning» - Agenten, Action und Ausnahmesituationen

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Der dritte Teil der Reihe ist ein Prequel – und soll zeigen, wie es wirklich zum Ersten Weltkrieg gekommen sei. Historische Fakten spielen in dem neuen Streifen eine große Rolle.

Nachdem «Kingsman» 2012 als Comic in Serie ging, dauerte es keine zwei Jahre, bis sich der britische Filmregisseur Matthew Vaughn dafür interessierte. Selbst ein begeisterter Comic-Fan, brachte der Ehemann von Claudia Schiffer zuvor schon «Kick-Ass» und «X-Men: Erste Entscheidung» auf die Leinwand. «Kingsman: The Secret Service» wurde ebenfalls ein voller Erfolg und zog 2017 die Fortsetzung «Kingsman: The Golden Circle» nach sich. Im Mittelpunkt steht jeweils der regierungsunabhängige Geheimbund, den englische Adlige während des Ersten Weltkriegs gründeten, getarnt als edler Herrenausstatter ‚Kingsman‘. Während die Organisation im ersten Teil noch unterwandert wurde, erlebte sie im zweiten Teil quasi ihre Auslöschung, womit das amerikanische Pendant von Whiskeybrennern das Zepter übernahmen. Die gut gekleideten britischen Agenten um die Hauptdarsteller Colin Firth («Der geheime Garten») und Taron Egerton («Rocketman») erlebten bisher also stets Ausnahmesituationen und konnten nie einen routinierten Job wie etwa ihr großes Vorbild Janes Bond ausüben. Im dritten Teil aber haben sie Pause, denn Vaughn interessiert sich diesmal für die Vergangenheit. «The King‘s Man: The Beginning» ist demnach ein Prequel und erzählt, wie es einst zur Gründung von ‚Kingsman‘ gekommen ist. Dabei werden mitunter ganz andere Töne angeschlagen als man sie von den beiden Vorgängern bisher gewohnt war.

Was wirklich zum Ersten Weltkrieg führte
Nach dem tragischen Tod seiner Frau Emily (Alexandra Maria Lara) behütet Arthur, der Duke von Oxford (Ralph Fiennes), seinen Sohn Conrad (Harris Dickinson) wie seinen Augapfel. Denn er hat Emily versprochen, dass ihr einziger Sprössling niemals einen Krieg erleben muss. Aber dieses Versprechen kann Arthur nicht einlösen, denn die politische Lage ist 1914 in Europa so brisant, dass ein Krieg nicht mehr abzuwenden ist. Natürlich will der inzwischen erwachsen gewordene Conrad seinem Land dienen und wird trotz Widerwillens seines Vaters Soldat. Aber wer hat den Weltkrieg wirklich zu verantworten, indem er die Unruhen in Österreich, Deutschland und Russland noch zusätzlich verschärft? Der mysteriöse Schattenmann (?) schmuggelt mit dem österreichischen Hellseher Hanussen (Daniel Brühl) und dem russischen Wunderheiler Rasputin (Rhys Ifans) zwei Saboteure in die europäischen Königshäuser. Denn King George V., Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. (alle drei von Tom Hollander gespielt) sollen keinen Frieden finden. Arthur kommt dahinter, doch da erreicht ihn eine traurige Nachricht von der Front.

Fantastischer Umgang mit historischen Fakten
Wer sich ein wenig mit historischen Figuren anfangs des 20. Jahrhunderts auskennt, hat sicherlich den meisten Spaß, wenn neben den bereits erwähnten Personen auch noch August Diehl («Plan A») als glatzköpfiger Lenin oder Charles Dance («The Imitation Game») als britischer General Kitchener auftauchen. Matthew Vaughn, der auch am Drehbuch mitgewirkt hat, nimmt sich ähnliche Freiheiten wie Quentin Tarantino mit «Inglourious Basterds», um die Geschichte des 20. Jahrhundert zu Unterhaltungszwecken umzuschreiben. Ein fantastischer Umgang mit historischen Fakten, der auf dem ersten Blick zum Schmunzeln anregt. Auf dem zweiten Blick bekommt man aber das Gefühl, dass hier das eine oder andere Mal mächtig überzogen wird, um möglichst viele historische Figuren in der Handlung unterzubringen. Masse statt Klasse - und das bei den ‚Kingsmen‘, die doch so sehr auf ein erstklassiges Äußeres setzen. Andererseits passt diese Art von Überdrehung auch wieder zur «Kingsman»-Kinoserie. Immer eins drüber sein, scheint dabei die Devise von Vaughn zu lauten. Egal ob es sich dabei um hochexplosive Actionszenen oder um kalauernde Einzeiler handelt. Man muss sich dabei immer wieder bewusst machen, dass man es hier mit einer Comicverfilmung zu tun hat, und in einem Comic ist eben alles erlaubt. Selbst der freie Umgang mit der Geschichtsschreibung, der sogar ein russisches Tänzchen mit einem leckenden und sabbernden Rasputin provoziert, das dann zum Martial-Arts- Kampf ausartet.



Mut zur Übertreibung
In dieser Szene lässt sich auch Darsteller Rhys Ifans («The Amazing Spider-Man») gut und gern zum Overacting animieren. Mut zur Übertreibung erwartet man von Ralph Fiennes hingegen nicht. Er muss ganz Gentleman bleiben und wirkt das eine oder andere Mal als Duke of Oxford steifer und disziplinierter als es die Handlung erfordert. Hielt sich Fiennes zuletzt noch als Chef von James Bond in «Keine Zeit zu sterben» eher im Hintergrund, darf er hier nun selbst den Actionhelden geben, der sich nicht nur mit Rasputin duelliert, sondern auch mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug springt oder an einer Klippe hängt. Aber Fiennes muss hier noch mehr können, nämlich Gefühle zeigen und am Boden zerstört sein. Das kann der Brite sogar viel besser als Actionszenen, auch wenn damit in der Mitte die Grundstimmung des Films völlig kippt. Plötzlich spiegelt sich auf der Leinwand der Grauen des Krieges wider.

Fazit: Verzweiflung, Tod und Leichenberge - eine launige Action-Komödie wird zum ernsthaften Kriegsdrama mit gängigen Durchhalteparolen und abgedroschenen Klischees. Das will nicht wirklich zusammenpassen. Damit wirkt «The King‘s Man: The Beginning» dann doch ziemlich unausgegoren, enttäuscht sogar ein bisschen im Vergleich zu den beiden Vorgängern. Und doch weist der überraschende Schluss nach dem Abspann (also bitte sitzen bleiben!) darauf hin, dass es eine Fortsetzung geben könnte, in der ausgerechnet David Kross («Die Bekenntnisse des Felix Krull») eine entscheidende Rolle spielen könnte - mehr wird nicht verraten!

«The King‘s Man: The Beginning» ist im Kino zu sehen.

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