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«Pokémon» im Jahr 2020: Mewtu „strikes back“ – doch die „Pocket Monsters“ waren eigentlich nie weg

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1999 begann das «Pokémon»-Fieber in Deutschland und hält bis heute an. Auch weltweit ist die Begeisterung für die tierähnlichen Wesen ungebrochen. Wir haben uns auf die Suche nach möglichen Gründen begeben.

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Doch – machen wir uns nichts vor – wenig bestimmt derzeit so sehr die Unterhaltungsindustrie wie die Streamingdienste und daher ist es nur logisch, dass die Ankündigung, dass Mewtus filmisches Comeback international auf Netflix beheimatet sein würde, auf den unterschiedlichsten Social-Media-Kanälen ausführlichst besprochen werden würde. «Pokémon: Mewtu schlägt zurück – Evolution» ist ein über weite Strecken originalgetreues Remake des ersten «Pokémon-Films» – jedoch komplett am PC entstanden. Nun kann man argumentieren und die Meinung vertreten, das entspreche eben dem Zeitgeist – siehe die großen Pixar- und Disney-Animation-Studios-Hits (etwa 2019 «A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando» oder «Die Eiskönigin II»). Man kann aber auch den Finger in die Wunde legen.

Insgesamt gibt es (Stand: Anfang 2020) mittlerweile 22 «Pokémon-Movies», die hierzulande zumeist als Direct-to-DVD-Ware in den Handel gekommen sind – und von der hier vorgestellten Ausnahme einmal abgesehen auf den klassischen Animestil setzen. Nahezu alle eint, dass sie (mehr oder weniger stark) losgelöst vom Seriengeschehen eine Geschichte erzählen, in der meistens ein oder mehrere legendäre Pokémon im Fokus stehen, die ihrem Namen in jeder Franchise-Spielart eigentlich alle Ehre machen, da man sehr selten mit ihnen in Berührung kommt. Mewtu mit der Nummer 150, eines der bekanntesten Wesen der ersten Welle, wurden sogar mehrere Abendfüller gewidmet, da es schlicht und ergreifend ein Publikumsliebling war und ist. Sein erster Auftritt, dem in Japan noch ein Prolog vorausging, auf den Anhänger in zahlreichen Ländern zunächst verzichten mussten und ein kurzer Vorfilm, in dem Pikachu und seine Freunde urlauben, kam in Deutschland im Jahre 2000 in die Kinos und sorgte für beeindruckende Zahlen an den Lichtspielhauskassen: 3,22 Millionen Tickets wurden gelöst und auch international waren volle Säle die Regel. In Sachen Marketing agierten die Verantwortlichen – wie gewohnt – wieder beispielhaft und gaben exklusive Trading Cards an die Besucher aus.

Inhaltlich wusste der Streifen ebenfalls zu überzeugen – immerhin verhandelte er hochgradig philosophische Fragen zum Thema „Leben“ beziehungsweise „Was macht einen Menschen zum Menschen respektive ein Pokémon zum Pokémon?“ Nun könnte man davon ausgehen, dass eine – wie weiter oben beschrieben – (beinahe) 1:1-Umsetzung der Vorlage dazu in der Lage sein müsste, die Streamenden ebenfalls zu begeistern. Doch gerade der 3D-Stil, also das eigentliche Alleinstellungsmerkmal der Produktion, erschwert das Einfühlen in die Charaktere und das Mitfühlen in teils sehr emotionalen Szenen enorm. Man perlt quasi an den Gesichtern der Figuren ab und stört sich möglicherweise auch an den etwas zu sehr an nicht wirklich flüssigen Bewegungsabläufen, die man eher aus älteren Videospielen kennt. Die zur Weiterentwicklung fähigen, nicht-menschlichen Stars überzeugen da deutlich mehr.


Zu sehr soll in diesem Rahmen allerdings nicht auf das präsentierte Geschehen eingegangen werden, da es für diejenigen, die dieses gezeichnete Machwerk schon zigmal angeschaut haben, keinen Mehrwert darstellen würde (und das ist mutmaßlich die Mehrheit derer, die sich für diesen Beitrag interessieren) und diejenigen, die sich erstmals auf dieses Abenteuer einlassen wollen, sollten dies möglichst so unvorbelastet tun können wie die eben beschriebene Gruppe vor fast genau 20 Jahren. Zumal es dann reizvoll wäre, die Nachzügler den Urfilm, dessen Alternativtitel übrigens bereits ein echter Spoiler wäre, nachholen zu lassen und sich mit ihnen anschließend über ihre Eindrücke auszutauschen. Es gibt nämlich – wie gesagt – kleine, aber feine Veränderungen, die man durchaus kritisch sehen kann, jedoch nicht kritisch sehen muss.



Dafür konnten sich zumindest die deutschsprachigen Fans über die Rückkehr vieler Originalsprecher freuen (etwa Angela Wiederhut als Misty oder Marc Stachel als Rocko). Nur Ash wurde hier wie auch seit der (von den Anhängern weltweit aufgrund ihres stark veränderten Looks sehr zwiespältig aufgenommen) 21. Staffel wieder von Felix Mayer und nicht mehr von Caroline Combrinck, Ashs erster und dritter Stimme, gesprochen, die den Part nach dem Tod von Veronika Neugebauer wieder übernommen hatte, was für Kinder der 90er das Aufkommen echter Nostalgiegefühle nochmals erschweren dürfte – wofür der Synchronschauspieler allerdings natürlich nichts kann.

Für die The Pokémon Company, die längst ein Weltkonzern ist, dürften ohnehin andere Faktoren entscheidend sein. Wenn man alleine sieht, dass die deutschen „Trainer“ jeden Alters nach RTLZWEI, nickelodeon und ProSieben Maxx in Super RTL/Toggo nun schon die vierte Free-TV-Anlaufstelle (respektive deren Mediatheken) verlässlich ansteuern, Amazon Prime wie auch Netflix darüber hinaus mit einzelnen Staffeln und/oder Filmen aufwarten, die ersten vollwertigen, für eine Heimkonsole (für die Nintendo Switch, die aber bekanntlich auch unterwegs genutzt werden kann) entwickelten Editionen „Schwert" und „Schild" (wie so ziemlich jede davor) in den Gaming-Verkaufsstarts ganz vorne mitmischen, was bei Nintendo für leuchtende Augen sorgen dürfte, und der 23. Movie im Sommer in Japan Premiere feiern wird, steht eines außer Frage: Es werden voraussichtlich noch sehr lange Heranwachsende von diesem einzigartigen Universum und seinen faszinierenden Bewohnern in ihren Bann gezogen werden.

«Pokémon: Mewtu schlägt zurück – Evolution» ist auf Netflix verfügbar. Weitere ausgewählte Staffeln und/oder Filme ebenfalls dort, auf Amazon Prime oder im Toggo-Programm.

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