First Look

«Teen Wolf»: Tiefer Griff in die Klischeekiste

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Wir wagen wieder den genauen Blick in die USA - dorthin, wo sich entscheidet, was ein großer Hit werden kann, oder was nicht. Wie steht es um die neue MTV-Eigenproduktion «Teen Wolf»?. Unser US-Korrespondent Christian Wischofsky präsentiert den deutschen Fernseh-Fans den "First Look".

Immerhin: Lob gibt es für die Mythologie – mehr als solide Sommerunterhaltung ist das MTV-Format aber nicht.

Das Unterhaltungsgeschäft in den USA befindet sich in einem Reboot- und Remakewahn. «The Amazing Spider-Man» liefert in einem Jahr in den Kinos eine Neuerzählung des Superhelden; der John-Grisham-Thriller «Die Firma» erfährt demnächst eine TV-Auswertung auf NBC; und selbst die Welt der Comics ist für einen Reboot nicht mehr zu schade, nachdem DC Comics Ende vergangenen Monats verkündete, alle seine Serien neu zu beginnen. Der US-Sender MTV fährt schon seit einiger Zeit auf diesem Zug mit, versuchten sie doch im Januar den Zuschauern das britische Erfolgsformat «Skins» schmackhaft zu machen. Nun versuchen sie es mit dem Remake eines Kinoklassikers aus dem Jahr 1985: «Teen Wolf». Damals war Scott Howard der Held der Highschool, nachdem er erkennt, dass sein neues Dasein als Werwolf auch seine positiven Seiten haben kann. 26 Jahre später versucht das Autorenteam rund um Serienentwickler Jeff Davis («Criminal Minds») sich an einer Neuauflage der Kinokomödie. Nur mit dem Unterschied, dass die Serienversion düster, wenig humorvoll und weitaus bedrohlicher als der Film wirken soll. Nach der einstündigen Pilotfolge ist die Mission durchaus geglückt, allerdings nicht ohne tief in die Klischeekiste zu greifen.

Die Zuschauer können sich entscheiden, ob sie die MTV-Version mit dem Film vergleichen wollen, oder den dutzenden TV-Serien auf dem Fernsehmarkt, welche genau das Selbe zu bieten haben wie «Teen Wolf»: Highschool-Drama, Herzschmerzgeschichten zwischen Junge und Mädchen, der Aufstieg eines Studenten vom Außenseiterstatus zum Star der Schule. Schon die Pilotfolge bietet allerhand Klischees und aufgewärmte Geschichten, welche «Teen Wolf» wie ein «Dawson's Creek» mit Werwölfen oder «The Vampire Diaries» ohne Vampire und Hexen aussehen lässt. Im Fall von MTV ist das allerdings positiv zu betrachten: Verglichen mit anderen Formaten kommt «Teen Wolf» als untypische Serie des Senders hervor, und könnte sich sogar problemlos im Programm von ABC Family oder The CW wiederfinden. Damit ist «Teen Wolf» zwar direkt auf die junge Zielgruppe der 12- bis 17-jährigen Zuschauer zugeschnitten, kann allerdings nicht vorweisen, warum das Remake besser als seine Genrekonkurrenten sein soll.

Es beginnt schon mit den genretypischen Charakterkonstellationen: Scott McCall (Tyler Posey) ist ein Außenseiter, trifft auf die neue Schülerin Allison (Crystal Reed), woraufhin beide eine Zuneigung zueinander entwickeln, und wenn der Status als Außenseiter schon nicht genug ist, entwickelt Scott auch noch seine Werwolfkräfte, nachdem er während der Exposition von einem Tier angegriffen wurde. Überraschend ist allerdings, dass der Pilot seine Geschichte rasend schnell erzählt. Noch bevor die erste Stunde vorüber ist, hat Scott nicht nur einen Platz im Lacrosse-Team sicher (richtig, Basketball wurde durch das Highschool-Teenmovie-Klischee Lacrosse ersetzt), sondern auch einen Platz in Allisons Herz, und eine Position im Leben des mysteriösen Derek Hale (Tyler Hoechlin, der nicht nur äußerlich als Kreuzung zwischen Dean Winchester und Stefan Salvatore wirkt), der sich entschieden hat Scott unter seine Fittiche zu nehmen. Auch von einem Autorenstandpunkt aus bietet die Pilotfolge mehr als es den Anschein hat: Eine Mythologie, wenn auch nur minimal, wird schnell aufgebaut, und Scott und den Zuschauern wird klar, dass die Werwölfe in diesem Serienuniversum womöglich zu den Guten gehören und eine andere Gruppe stattdessen als Feinde betrachtet werden können.

Die Mythologie ist auch der einzige Grund, warum «Teen Wolf» nicht vorzeitig als klischeebeladenes und ideenloses Remake abgestempelt werden sollte. Solange es die Autoren schaffen die Geschichten mit Twists und Spannung während der ersten Staffel am Leben zu erhalten, könnte «Teen Wolf» am Ende eine solide Sommerunterhaltung sein, die für Genrefans als Ersatz für «Kyle XY» oder als Pausenfüller für «The Vampire Diaries» dienen kann. Da kann es einem auch egal sein, dass der Pilot zum Großteil vorhersehbar wirkte, wenn der Erzählstil weiterhin auf Geschwindigkeit setzt. Auf außerordentliche Spezialeffekte oder ähnlichem müssen die Zuschauer jedoch verzichten. Die Effektarbeit kann die aus den ersten «Buffy»-Staffeln zwar übertreffen (was nach ersten Vermutungen als unwahrscheinlich galt) und sogar einen Retroeffekt aus dem Film aufbauen, doch kommt man nicht über den Gedanken hinweg, dass «Teen Wolf» eine moderne Variante von Michael Jacksons „Thriller“ ist. Und auch wenn «Teen Wolf» auf einem ehemaligen Musiksender ausgestrahlt wird, reitet der Soundtrack auf der üblichen Indiewelle, ohne die Szenen durch ihre Musik besonders hervorzuheben.

«Teen Wolf» braucht gar nicht mit dem Originalfilm verglichen zu werden. Da trifft es schon eher, dass die neue Serie eine Mischung aus allen Teenieserien mit Mysteryeinschlag der vergangenen zehn Jahre ist. Ob die Serie jedoch etwas Eigenständiges sein will, wird sich im Verlaufe der 12-teiligen ersten Staffel zeigen, doch nach einer Stunde lässt sich sagen, dass MTV seine bisher beste fiktionale Serie im Programm hat (was in dem Umstand sicherlich nicht schwer ist). Jetzt stellt man sich als Zuschauer allerdings die Frage, ob die Produzenten und Autoren mutig genug sind, um mehr als nur Teensoap im Werwolfgewand anzubieten, oder ob die Stereotypen der Geschichten und Charaktere die Serie letztendlich von eigener Hand töten. Wie wir uns erinnern können, hat uns «The Vampire Diaries» im zurückliegenden Jahr etwas gelehrt, wenn es um die volle Ausnutzung seiner Mythologie geht, anstelle von einer Übersättigung jegliches Romanzenklischees. Jetzt bleibt nur zu wünschen, dass die «Teen Wolf»-Macher auf eben diesen Erfolg geschielt haben, und kein Werwolf-«Twilight» in Serie abgeliefert haben.

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