Serientäter

Verflixtes Finale: Wie sich «Dexter» um einen Platz im Serienolymp brachte

von   |  9 Kommentare

Die Showtime-Serie endete 2013 nach acht Staffeln viel zu spät und brachte ein Finale auf Sendung, dass dem Vermächtnis des Formats nachhaltig schadete. Wie konnte es dazu kommen?

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Wie sich «Dexter» seinen Weg in den Serienolymp verbaute


Ein großer Aufschrei ging nach dem Serienfinale am 22. September 2013 durch das Internet, sichtlich verärgert zeigten sich ausgewiesene Fans über das Ende ihrer Lieblingsserie. Dabei startete Staffel acht eigentlich vielversprechend, ehe sie sich inhaltlich völlig verlor. Im Rahmen der finalen Staffel legten die Autoren ihren Fokus vor allem auf das Verhältnis der Geschwister Debra und «Dexter» Morgan, das zwar bereits über die ganze Serie viel Raum einnahm, nun aber kulminieren sollte, schließlich erfuhr die sonst so rechtschaffene Vorbild-Polizistin Debra kürzlich vom dunklen Geheimnis ihres Bruders, das sie aufgrund von Dexters Kodex zwar duldete, sich dabei aber zunehmend unwohl fühlte. Eines war Fans schon früh in der Staffel klar: Debra oder «Dexter», mindestens einer der beiden würde sterben, vielleicht sogar durch die Hand des anderen. Nebenbei bereitet «Dexter» in der achten Staffel alles für seine Flucht mit Sohn Harrison und seiner ebenfalls serienmordenden Geliebten Hannah vor und sieht sich auch noch einem hochgefährlichen Psychopathen-Mörder mit dem Spitznamen „Der Gehirnchirurg“ ausgesetzt, den er zur Strecke bringen muss.

Man könnte meinen, das seien genug Themen für zwölf Episoden, aber nein: Die Autoren entschieden sich zudem dafür, belanglose Handlungsstränge von Nebencharakteren mit in die Staffel hineinzuschreiben, die völlig versandeten und letztlich schlicht fallengelassen wurden. Dexters Kollege Masuka machte urplötzlich Bekanntschaft mit seiner Tochter, von der er vorher nichts wusste, auch die Geschichte um eine mögliche Beförderung von Joey Quinn führte ins Nichts. Überhaupt, das gesamte Personal der Miami Metro-Polizei, die Zuschauer über acht Staffeln lang kennenlernten, wurde im Finale zu Statisten degradiert, deren Zukunft komplett offenblieb. Für viele ein Verrat an den Charakteren.

Schnarchnasiger Abschied statt Geschwister-Showdown


Aber gut, die Serie heißt schließlich «Dexter» und immerhin blieben ja noch die Fragen, ob und wie «Dexter» und Debra voneinander Abschied nehmen würden, wie «Dexter» den „Gehirnchirurg“ Oliver Saxon zur Strecke bringen und danach Miami für immer verlassen würde. Zum heißerwarteten Showdown zwischen «Dexter» und Debra, der sogar in Promo-Plakaten angedeutet wurde, kam es nicht, stattdessen ereilte Debra, die sich gegen Ende der Serie vielleicht zu so etwas wie einem zweiten Hauptcharakter entwickelte ein Off-Screen-Tod durch Hirnversagen, nachdem Saxon ihr mit einer Pistole in den Bauch schoss und es zu Komplikationen im Krankenhaus kam. Ein in seiner restlos unspektakulären Art und Weise fast schon ignorant anmutender Abschluss für die Figur, die als beinharte Polizistin in einer Männerwelt so viel durchmachte wie kein anderer Charakter in der Serie und zum Himmel schreiend, wenn man bedenkt, dass ein unbedarfter Polizist kurz davor die Zielperson einer nationalen Fahndung ohne besseres Wissen aus den Fesseln Dexters befreite.

Auch der Abschied der Figuren von Debra geriet unwürdig. Im Dialog mit «Dexter» spulte Debra lediglich die Greatest Hits der Sätze ab, die sie Dexter ohnehin schon eine gefühlte Million Mal im Laufe der Serie gesagt hatte. Kollege Joey Quinn fand darüber hinaus urplötzlich zur Besinnung und gestand Debra an ihrem Totenbett seine Liebe, nachdem er zu Beginn der Staffel noch in eine Affäre mit der Schwester seines Chefs verstrickt war. So schaffte es diese erzwungen dramatische Szene auch nicht, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Haarsträubende Inkompetenz und viele Frage- statt Ausrufezeichen


Dass sich «Dexter» am Mörder seiner Schwester rächen musste, ehe er Miami verlässt, stand von dort an fest. Wie es letztlich dazu kam (ohne, dass man die Laufzeit der Finalepisode sprengen musste), glich aber fast einer Farce. Bösewicht Oliver Saxon wurde von der Lt. Angel Batista und der Miami Metro Police nur gefasst, weil er den dummen Fehler machte, in das Krankenhaus zu spazieren, in dem die Polizistin liegt, die er kurz davor angeschossen hatte und dass daher unter hoher Polizeiüberwachung stand. Als «Dexter» Saxon in Polizeigewahrsam dann vor laufenden Kameras mit einem Stift die Halsschlagader durchstößt, wird er von Batista und Quinn, die Zeuge dessen wurden, aufgrund von Notwehr freigelassen, was die Überwachungskameraaufnahmen klar widerlegten. Sowohl der Staffel acht-Mörder als auch die Polizei selbst müssen sich also haarsträubende Inkompetenz vorwerfen lassen.

Anstatt seiner Geliebten Hannah und Sohn Harrison zu folgen, steuert «Dexter» danach mit der Leiche seiner Schwester im Schlepptau geradewegs auf den lang angekündigten, schlimmen Sturm vor dem Hafen Miamis zu – natürlich ein wenig subtiles Sinnbild seines aufgewühlten Seelenlebens – und versenkt seine Schwester im Meer wie so viele seiner Opfer davor, ehe die Zuschauer die Trümmer von Dexters Boot zu sehen bekommen, die zusammen mit einer entsprechenden Zeitungsnachricht den sicheren Tod Dexters verheißen. Mindestens beunruhigend wirkt das vermeintliche Ende, als Dexters Freundin Hannah mit dem kleinen Harrison in ein neues Leben aufbricht: Eine Serienmörderin, die das Kind ihres Serienmörder-Freundes großzieht, welches kurz davor die gleiche traumatische Erfahrung gemacht hat, die «Dexter» zum Psychopathen werden ließ.

Doch Halt! Anstatt die Serie tatsächlich mit Dexters (verdientem) Tod und wenigstens einer konsequent abgeschlossenen Geschichte der Titelfigur enden zu lassen, gibt es für Zuschauer in der letzten Szene doch noch ein Wiedersehen mit «Dexter». Tadaa! Gar nicht tot, dafür rauschebärtig im Flanell-Hemd gekleidet, hackt sich «Dexter» in selbstauferlegter Einsamkeit durch ein paar Holzscheite. Er trennte sich von der Liebe seines Lebens und seinem Sohn und trägt die Schuld am Tod seiner Schwester, weil er Saxon nicht tötete, als er die Chance hatte. Was hält ihn am Leben? Verspürt er außerdem nicht immer noch den Drang, der ihn zum Morden zwang, seinen „dunklen Passagier“? Fragen über Fragen, statt Antworten. Der Untergang mit seinem Boot hätte dem Finale zumindest etwas halbwegs Poetisches verliehen. Nein, «Dexter» zögert auch sein persönliches Ende heraus, so wie es Showtime mit der Serie tat und sich so um das Erbe eines der einstmals hoffnungsvollsten Serienformate aller Zeiten brachte.

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Es gibt 9 Kommentare zum Artikel
Serienfreak
26.07.2017 16:34 Uhr 1
Tolle Serie, klasse 7. und 8. Staffel, solides Finale, nichts auszusetzen.
Columbo
26.07.2017 16:56 Uhr 2
Ich fand die letzten beiden Staffeln auch okay, lediglich die 6. war wirklich schlecht. Aber auf dem Niveau der ersten 4 Staffeln war es hintenraus nicht mehr, das stimmt schon.
CaptainCharisma
26.07.2017 18:48 Uhr 3
Ich fand das Finale auch recht enttäuschend. Dexter selber war für mich einer der interessantesten TV Charaktere und Staffel 4, mit das Beste was jemals im TV lief. Zum Schluss war aber die Luft raus.
freetake
26.07.2017 19:02 Uhr 4
Das Finale fand ich jetzt auch gut, aber die 8. Staffel als solches war wirklich leider ne riesen Grütze!
tommy.sträubchen
27.07.2017 09:13 Uhr 5
Volle Zustimmung...ich fand das ab Staffel 6 es Berg ab ging. Leider betrifft das einige Serien aus der Vergangenheit..(bitte nicht über mein Seriengeschmack lachen)... True Blood Staffel 7(2014) schwach inklusive Finale...CSI Original ab Staffel 9 nach und nach schwächer...Melrose Place Staffel 7 deutlich schwächer als die anderen inklusive ödes Finale... Hach ich könnt immer weiter machen. Den richtigen Zeitpunkt finden für den Abschluss ist anscheinend nicht so einfach....
kauai
27.07.2017 15:14 Uhr 6
Also ich möchte Staffel 6 und 7 keinesfalls missen, weshalb ich mich deutlich dagegen ausspreche, daß ein Ende nach Staffel 5 das Beste gewesen wäre! Mit Staffel 8 bin ich jedoch auch nicht 100%ig warm geworden und mag vor allem den Schluß nicht. Nach meinem Geschmack hätte Dexter am Serienende das Zeitliche segnen müssen :!:
Florence
27.07.2017 15:55 Uhr 7
Die Finalstaffel war wirklich nichts tolles, gerade was die Entwicklung von Dexter anbelangt und hier ganz besonders die Schlussszene. Die Staffel übergreifende Story war auch lediglich ziemlich Standard und kaum fesselnd, das hat die Serie schon deutlich besser hinbekommen. Aber unterm Strich ging es qualitativ schon weit vorher bergab, weswegen das Finale jetzt nicht unbedingt allein dafür zu verantworten ist, dass man die Serie nicht im vollem Umfang im guten Gedächtnis behalten hat. Entweder hätte man die Serie nach Staffel 5 zu Ende bringen, oder einen kreativen Wechsel vornehmen sollen, um der Serie neuen Schwung zu geben.



Nichtsdetotrotz bin ich gespannt, ob AMC irgendwann die Serie wiederbelben wird, Spekulationen in der Hinsicht gab es schon häufiger.
mike.däppen
27.07.2017 23:40 Uhr 8
Nur weil Staffel 4 absolut grandios war, heisst das noch lange nid das man mit der 5ten Staffel hätte abschliessen müssen. Es gab immernoch genug Stoff für acht Staffeln. Man hat es nur leider mit dem Serienende verhunzt. Für mich gehört aber Dexter dennoch zum Serienolymp weil die Serie insgesamt super war.
LittleQ
31.07.2019 01:51 Uhr 9
War später leider wirklich nicht mehr sehr schön anzusehen. Durch die letzten 2 bis 3 Staffeln haben meine Freundin und ich uns eher gequält. Besonders der Schluss war dann wirklich kein schönes Erlebnis mehr.



Ab Staffel 4 oder 5, die ich persönlich zumindest noch halbwegs gut fand, hätte man die Serie beenden sollen.

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