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«Hundeprofi» Martin Rütter: „Keinerlei Ähnlichkeiten mit Cesar Millan“

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Beide arbeiten mit Hunden, beide sind TV-Stars; und dennoch will der deutsche «Hundeprofi» nichts mit seinem US-Pendant gemein haben. Warum, erklärt der VOX-Quotenstar im Interview. Außerdem: Wie er mit seinem „Helden“-Status umgeht und wie gut erzogen seine eigenen Hunde sind…

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Sie werden oft mit Cesar Millan, dem «Hundeflüsterer» verglichen, der eine relativ ähnliche Sendung macht. Wie sehen Sie seine Arbeit? Ist das vergleichbar?
Cesar Millan betreibt Symptombekämpfung – egal mit welchen Mitteln. Wenn bei ihm ein Topf auf dem Herd steht und er droht überzukochen, dann legt er den Deckel drauf. Ich hingegen will die Ursachen für das vorliegende Problem erforschen.
«Hundeprofi» Martin Rütter über «Hundeflüsterer» Cesar Millan
Es gibt in unserer Arbeit keine Ähnlichkeiten. Man kann nur sagen, dass beide etwas mit Hunden machen und beide dabei im Fernsehen zu sehen sind. Die Ansätze aber sind grundlegend anders. Cesar Milan betreibt Symptombekämpfung – egal mit welchen Mitteln. Wenn bei ihm ein Topf auf dem Herd steht und er droht überzukochen, dann legt er den Deckel drauf. Ich hingegen will die Ursachen für das vorliegende Problem erforschen. Um in unserem Bild zu bleiben: Ich stelle die Flamme auf dem Herd etwas niedriger.

Wann immer im Fernsehen mit Tieren gearbeitet wird, sind Kritiker hellwach. Wie gehen Sie mit Mahnungen (von Tierschützern) um?
Zuerst einmal: Ich finde es richtig gut, dass es Leute gibt, die da genau aufpassen. Es wäre doch schlecht, wenn jeder einfach alles blind nachmachen würde. Wir arbeiten bei unserer Produktion auch eng mit dem Tierschutzbund zusammen und ich bekomme gerade von dort immer wieder Zusendungen, wie froh man ist, dass es meine Sendungen gibt. Ich vermittele den Grundsatz, dass man keinen Hund einfach aufgeben sollte.

Ich finde es richtig gut, dass es Leute gibt, die da genau aufpassen. Es wäre doch schlecht, wenn jeder einfach alles blind nachmachen würde. Wir arbeiten bei unserer Produktion auch eng mit dem Tierschutzbund zusammen und ich bekomme gerade von dort immer wieder Zusendungen, wie froh man ist, dass es meine Sendungen gibt. Ich vermittele den Grundsatz, dass man keinen Hund einfach aufgeben sollte. Trotzdem muss es auch an meiner Arbeit Kritik geben. Es gibt immer Leute, die sich denken: Wer weiß, was da mit den armen Tieren passiert… Mit solchen Menschen gehe ich immer aufrichtig um. Wenn mir jemand schreibt, mein Training sei falsch gewesen, weil er da und dort gelesen habe, dass es so besser ist, bin ich der Erste, der ganz ausführlich antwortet.
Martin Rütter über Umgang mit Kritik
Trotzdem muss es auch an meiner Arbeit Kritik geben. Es gibt immer Leute, die sich denken: Wer weiß, was da mit den armen Tieren passiert… Mit solchen Menschen gehe ich immer aufrichtig um. Wenn mir jemand schreibt, mein Training sei falsch gewesen, weil er da und dort gelesen habe, dass es so besser ist, bin ich der Erste, der ganz ausführlich antwortet. Ich selbst bin ja neugierig auf diesen Austausch und will mich weiterentwickeln. Schauen Sie mal auf Facebook – wir löschen da nichts, aber auch gar nichts. Es gibt kaum negatives Feedback. In den 14 Jahren, die ich nun Fernsehen mache, hatte ich vielleicht eine Handvoll Briefe oder Mails, die wirklich boshaft waren. Solchen Leuten brauche ich dann natürlich nicht mehr antworten. Ich ziehe aber generell die Erkenntnis daraus, dass meine Sendungen auch deshalb so gut laufen, weil ich authentisch bin und es mir ehrlich gesagt auch egal ist, ob ich im Fernsehen mal strubbelige Haare habe.

Das Zusammenleben mit einem schwierigen Hund löst in der Regel einen hohen Leidensdruck aus. Wie gehen Sie damit um, dass Sie für viele Hundebesitzer dann eine Art „Hero“ sind?
Man muss vielleicht dazu sagen, dass ich die Familien, zu denen ich in meiner Sendung komme, alle nicht kenne. Pro Sendung erhalten wir etwa 2500 Bewerbungen, die dann meine Redaktion durchforstet. In meiner Redaktion haben wir Redakteure, keine Hundetrainer. Sie haben also, was Hundeerziehung angeht, begrenzte Erfahrung. Die Redaktion bereitet die Fälle dann vor und will natürlich einen Querschnitt über die möglichen Probleme mit Hunden abbilden. Ich sage der Redaktion, wann wir drehen können und zu diesen Terminen fahren wir dann da hin. Dort sehe ich die Familien und Hunde zum ersten Mal. Da kommt es vor, dass ich auf Probleme stoße, bei denen ich direkt weiß: Das lässt sich in zehn Minuten lösen. Es gibt aber auch Fälle, wo deutlich wird, dass wir ein Jahr brauchen, bis Fortschritte sichtbar sind. Gemein haben viele, dass ein großer Leidensdruck vorherrscht, das stimmt. Viele haben auch schon zwei oder drei Hundeschulen durchlaufen, und meist sogar ziemlich gute.

Es gibt in Deutschland viele tolle Hundetrainer. Aber wenn ich komme, dann ist das meist nochmal etwas anderes. Die Menschen wissen dann, wenn es jetzt nicht klappt, dann klappt es gar nicht mehr. Ich versuche immer in meinen Ansagen sehr direkt und klar zu sein, ohne aber jemanden bloß zu stellen. Die Leute können also danach noch zum Bäcker gehen ohne sich zu schämen. Das schätzen übrigens auch die Promis, die bei mir mitmachen. Ich mache da keine Show. Klar ist aber auch: Wenn ich komme, nehme ich die Kandidaten in die Pflicht: Ich kann ihnen helfen, aber arbeiten mit dem Hund müssen sie selbst. Ich werde manchmal auch gefragt: Wie lange muss ich das denn dann machen? Da ist die Antwort: Immer. Denn die Beziehung bestimmt die Erziehung.

Was ist der häufigste Fehler von Hundebesitzern? Ist es wirklich die fehlende Konsequenz in der Erziehung?
Das spielt eine Rolle. Die Basis muss halt stehen. Wenn ich jetzt bei meinen Hunden mal eine Woche lang nicht konsequent bin, dann würde das nicht viel ausmachen. Ich glaube, dass viele ihre Hunde einfach zu sehr vermenschlichen. Sie behandeln Hunde wie eine Art Kind – und das ist eine Katastrophe. Zweitens sind viele Hunde einfach nicht ausgelastet.

Die Menschen glauben, dass es einem Hund reicht, wenn sie zwei Stunden mit ihm spazieren gehen. Sie verwechseln oft Bewegung mit Beschäftigung.

Nach zwei Stunden Gassi gehen ist er Hund vielleicht erschöpft. Sie sind nach einem Marathon auch erschöpft, aber auf andere Art und Weise als wenn Sie zwei Stunden japanische Vokabeln lernen. Und Drittens: Oftmals sucht man sich schon falsche Hunde aus. Ich hatte neulich ein Paar mit drei kleinen Kindern, die einen Jack-Russel-Welpen geholt haben. Da kann ich nur sagen: Entweder Hund oder drei Kinder. Wenn ein so dynamischer, quirliger Hund auch noch auf drei quirlige Kinder trifft, dann kann das kaum gut gehen.

Wenn wir über Ihre Bühnenshows sprechen: Wie viele Besucher von Ihnen können da wirklich nützliche Tipps mitnehmen?
Ich glaube: Von 10.000 Besuchern meiner Shows gehen 9990 glücklich nach Hause. Sie wissen aber auch, dass sie bei mir vermutlich nicht den einen Ratschlag bekommen, der all ihre Probleme mit ihrem Hund löst.
Martin Rütter
Ich glaube: Von 10.000 Besuchern meiner Shows gehen 9990 glücklich nach Hause. Sie wissen aber auch, dass sie bei mir vermutlich nicht den einen Ratschlag bekommen, der all ihre Probleme mit ihrem Hund löst. Die Leute sind nicht blöd und erkennen, dass das so einfach nicht geht. Aber ich vermittele meine Geschichten so bildhaft, dass ich bei mir im Publikum immer wieder Paare sehe, die sich in die Rippen stoßen, weil sie sich wieder erkennen. Das nehmen sie dann mit – und reden in den Wochen danach sicherlich auf der Couch nochmal drüber.

Herzlichen Dank für das Interview.


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