Die Kritiker

«Tatort: Spargelzeit»

von

Story


Die Ehefrau des ortsansässigen „Spargelkönigs“ Martin Pütz wurde erstochen. Ausgerechnet der Vater von Kommissar Thiel steht jetzt unter Tatverdacht, weil er zur gleichen Zeit dabei erwischt wurde, als er wie einige Nächte zuvor auch schon Spargel vom Feld des Pütz-Gutshof zu stehlen. Als Chefermittler greift Thiel erst einmal durch: Seinen alten Herrn schickt er in U-Haft, auch weil dieser ihn vor den Kollegen blamiert. Rechtsmediziner Professor Boerne wagt zudem Alleingänge am Tatort, die sich Thiel verbittet. Erst dann kann der Münsteraner Kommissar in Ruhe mit seinen Ermittlungen beginnen. Schnell stellt sich heraus, dass es um das Verhältnis der Dorfbewohner zu den Saisonarbeitern des Spargelhofs, rumänische und polnische Arbeiter, nicht sonderlich gut bestellt ist. Vor zwei Jahren war die Tochter des Hauses Julia Pütz von einem Unbekannten vergewaltigt worden. Seitdem stehen die polnischen und rumänischen Saisonarbeiter bei den Einheimischen des Vororts von Münster unter Generalverdacht. Jetzt droht der Mord an Julias Mutter das Fass zum Überlaufen zu bringen. Erst recht, als dieselbe DNA von damals auch bei der Toten sichergestellt wird. Kommissar Thiel vermutet zwischen der Vergewaltigung und dem Mord einen Zusammenhang. Während Professor Boerne mit der Auswertung einer DNA-Reihenuntersuchung beschäftigt ist, schickt Thiel seine Assistentin Nadeshda vor. Sie soll als Undercover-Ermittlerin herauszufinden, wer auf dem Gutshof ein Mordmotiv haben könnte. Getarnt als Spargelstecherin macht sie sich auf die Spurensuche und sie wird tatsächlich fündig. Denn auch unter den Arbeitern scheint es Unstimmigkeiten zu geben.

Darsteller
Axel Prahl («Tatort», «Hier kommt Lola!») ist Frank Thiel
Jan-Josef Liefers («Die Spätzünder») ist Prof. Karl-Friedrich Boerne
Friederike Kempter («Ladykracher») ist Nadeshda Krusenstern
Christine Urspruch («Henri 4») ist Silke Haller "Alberich"
Mechthild Großmann («Tatort», «Biloba») ist Staatsanwältin Klemm

Kritik


Die «Tatort»-Folge aus Münster verspricht großen Unterhaltungswert. Das allein ist kein untypisches Merkmal der Krimi-Reihe, wenn in ihrem Rahmen ein Film aus Ostwestfalen kommt. Dafür sorgen die Geschichten zwischen Ermittler Thiel und seinem Professor Boerne, die an Boshaftigkeiten und Eitelkeiten nicht zu übertreffen sind, auf der einen Seite. Aber auch die spannenden Fälle auf der anderen Seite. Gute Dialoge sowie die einen oder anderen Szenen zum Schmunzeln wechseln sich also mit geballter Krimi-Spannung und etwas Action ab. Eine gute Rezeptur für einen gelungenen Filmabend. Das Ermittlungsteam besteht bei dem im Auftrag des WDR gedrehten Films aus dem eher kühlen, stets nur auf den Fall konzentrierten Hauptkommissar Frank Thiel, den Axel Prahl sehr überzeugend spielt. Der eher eitle, mit ironischer Wortwahl und sonderbarem Modestil auftretende Professor Karl-Friedrich Boerne, wunderbar verkörpert von Jan-Josef Liefers, ist das genaue Gegenteil zum emotionslosen „Schnüffler“ Thiel.

Dies ist gleichzeitig auch der Grund dafür, dass der Hauptermittler seinen Rechtsmediziner eigentlich nicht ausstehen kann und somit ein Einzelspieler ist. Da Professor Boerne ihm das Ermitteln als Einzelgänger aber schwer macht, kommt es an vielen Stellen zu amüsanten Szenen mit erfrischenden Dialogen, die der Haupthandlung – dem Mordfall – keinen Abbruch tun, sondern die trockene Kriminalgeschichte eher auflockern. Umso mehr Unterhaltungswert hat der «Tatort: Spargelzeit» als Professor Boerne sich auch noch mit dem Vater von Kommissar Thiel anfreundet und ihn zum Spargelessen einlädt, während Thiel selbst den Spargel aus der Dose verzehren muss. Ein gutes Beispiel für den immer wieder aufkeimenden Zwist zwischen den ungleichen Ermittlerpaar, das eigentlich das gleiche Ziel hat – die Aufklärung des Mords. Im Verlauf der Handlung kommt es schließlich soweit, dass beide verschiedenen Ermittlungsansätzen nachgehen, ehe dies von der aufbrausenden Staatsanwältin Klemm abrupt unterbunden wird. Jürgen Werner hat mit diesen Nebenhandlungen im Drehbuch vom «Tatort: Spargelzeit» für belebende Elemente der Krimi-Reihe gesorgt. Nicht zuletzt weil die Dialoge zwischen Thiel und Boerne sehr gut geschrieben sind, bedeutet der «Tatort»-Film aus Münster jede Menge Unterhaltung abseits des Kriminalfalls.

Denn den gibt es ja auch noch. Zwar behält man den Fall der ermordeten Frau des „Spargelkönigs“ stets im Auge und fokussiert ihn auch in den Nebengeschichte, in der das Oberthema Spargel (Boerne glänzt mit Fachwissen) sowieso eine große Rolle spielt. Doch bleibt letztlich auch der Eindruck, dass der Kriminalfall selbst mit dem Umstand der vor Jahren vergewaltigten Tochter auf dem Gutshof in den Ermittler-Geschichten etwas untergeht. Plötzliche Wendungen der Handlung bleiben aus. Es gibt immer wieder einen Hauptverdächtigen, ehe die Spuren am Ende doch zwei überraschende Täter hervor bringen. Letztlich erfolgt die Auflösung in dem vom Manfred Stelzer inszenierten Film aber zu offensichtlich, so dass im Schlussteil die Spannung etwas verschwindet.

Insgesamt ist der «Tatort: Spargelzeit» aber in jedem Fall empfehlenswert. Sowohl die Handlung rund um den Kriminalfall als auch die Nebengeschichten des Ermittlerteam bringen spannende und unterhaltende Aspekte hervor, die zu einem Fernsehabend, der Spaß macht, dazu gehören. Leider bleibt jedoch das Ende und die Aufklärung des Mordfalls etwas blass, während der «Tatort» aus Münster davor zur Höchstform aufläuft.

Die ARD zeigt den «Tatort: Spargelzeit» am Sonntag, 10. Oktober 2010 um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/45095
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